The Enemy Within 3: Death on the Reik (Director's Cut)
Umfang
lang (40-50 Stunden Spielzeit)
Warum habe ich das AB gelesen?
Zweiter Teil einer legendären Kampagne, die ich tatsächlich nie gelesen habe. Nuff said.
Plot
Die Helden reisen mit einer erbeuteten Flussbarke den Reik rauf und runter und legen sich mit immer größer werdenden Bedrohungen an.
Eindruck
Nennen wir mal das Positive zuerst: Das Abenteuer hat Atmosphäre. Die Alte Welt ist ein spezieller Ort, und das Abenteuer mitsamt seiner Ausarbeitung (Karten, Handouts, Bilder) transportiert dieses Gefühl sehr schön. Und auch die NSC sind (genau wie im ersten Teil) gut beschrieben und mit Portraitzeichnungen versehen.
Aber sonst? Ich muss zugeben, ich fand es schlimm. Und ich bin im Nachhinein froh, dass ich seinerzeit als Spieler zu Beginn dieses Abenteuers aus der Kampagne ausgestiegen bin. Ich hätte die Krise gekriegt.
Da ist zunächst mal die permanente Gängelung. Ich behaupte ja immer, dass mich Railroading-Abenteuer erst einmal gar nicht stören, weil ein Spielleiter das ja immer noch anpassen kann. Aber das hier ist schon wirklich starker Tobak. Das ganze Abenteuer ist eine einzige Aneinanderreihung von "Und jetzt darf aber das nicht passieren, und hier dürfen die SC erst hinkommen, wenn sie vorher da waren". Dazu kommt der Kaster-Lieberung-Plot, bei dem die SC auch nach geschätzten knapp 100 Stunden (!) Spielzeit immer noch keinen Clue haben, was das soll - und jedesmal, wenn ihnen die Kultisten wieder auf den Sack gehen, heißt es: "Nein, aber die wissen gar nichts" oder "Nein, die begehen gerade noch rechtzeitig Selbstmord, bevor ihr sie befragen könnt". Ein bisschen Schiene ist ja okay, aber das hier ist eindeutig too much. By far.
Ein großes Problem hatte ich auch mit der inneren Logik des "Castle Wittgenstein"-Teils. Hier haben wir ein Frankenstein-Schloss der ganz üblen Sorte, das gut in einen Film wie "Van Helsing" passen würde. Aber (und so etwas stört mich) vieles daran war einfach nur schwachsinnig. Da haben wir zunächst das Dorf am Fuße der Burg, in dem 30 Bettler, ein Dutzend Kannibalen und lediglich 30 "Normale" Menschen leben. Wovon dort irgendjemand lebt bzw. wer wen womit ernähren soll, bleibt ein völliges Rätsel. Noch viel mehr, wenn klar wird, dass auf dem Schloss auch noch rund 40 Menschen leben (die meisten davon müssen die SC übrigens erschlagen, sehr unterhaltsam das). Zumal die bösen Schlossherren auch noch jeden Tag ein paar der verbliebenen Normalos verstümmeln, verschleppen oder massakrieren. Keine Ahnung, wie das funktionieren soll. Und überhaupt das Schloss - Grundriss und Aufbau sind ja wirklich super, aber alles andere ist einfach hanebüchen unlogisch. Wer da neben wem lebt, wer da von was lebt, wer da nicht mal nachschaut, wenn nebenan der große Kampf ausbricht, das alles atmet bei allem Flair schon sehr den Geist der ganz frühen 80er Jahre. Hier hat man versucht, alles reinzustopfen, was irgendwie atmosphärisch passt (oder auch nicht passt - die Slaneesh-Kultisten passen eindeutig nicht), aber ein stimmiges Gesamtbild ergibt sich so nicht. Und als i-Tüpfelchen wird auch hier wieder gerailroadet und Spielerbeiträge entwertet, was das Zeug hält: Die SC schnetzeln sich durch 15-20 Kampfencounter (in Warhammer 4! Keine Ahnung, wie man das überleben soll...), nur damit es dann am Ende heißt: "Ach, den Warpstone, den ihr gesucht habt... den haben sich gerade die Skaven geholt. Während ihr oben gekämpft habt, haben die unten einen Tunnel gegraben. Der ist übrigens gerade eingestürzt - einholen könnt ihr die nicht. Und die Burg stürzt übrigens auch gerade zusammen. Ihr hättet euch das also eigentlich auch alles schenken können, wenn ihr einfach noch einen Tag auf dem nächsten Hügel gewartet und Hartwurst gegessen hättet."
Nein, ich muss zugeben, dass ich sehr enttäuscht bin und beim Lesen einen zunehmenden Unwillen verspürt habe. Ich hatte wirklich erwartet, dass man versucht, die legendäre alte Kampagne ins 21. Jahrhundert zu holen, indem man die schlimmsten Gängelungen eliminiert (was möglich gewesen wäre, siehe die Box auf S. 138). Stattdessen gibt es Grognard-Boxen, in denen Vorschläge zu finden sind, wie man auch Spieler, die die Kampagne schon mal gespielt haben (und sich vielleicht nicht mehr gängeln lassen wollen) jetzt doch wieder gängeln kann, indem man ein paar Details verändert, so dass am Ende doch wieder das Gleiche herauskommt.
Ich hoffe wirklich, dass die nächsten Bände wieder besser (im Sinne von: logischer und mit mehr Handlungsfreiheit) werden. Denn dieser Band hier ist zwar toll aufgehübscht, aber nur für ausgewiesene Masochisten unter den Spielern erträglich.
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Eine Rezension von: Weltengeist https://www.tanelorn.net/index.php/topic,116559.0.html