Innere Feind 1: Unter falschen Namen / Schatten über Bögenhafen
Den Abenteuern vorangestellt ist eine Einleitung¸ welche die im Regelwerk enthaltene Weltenbeschreibung vertieft und ergänzt: Schauplatz der Kampagne ist das Imperium¸ und der Spielleiter erhält hier einen Überblick über Geographie¸ Geschichte¸ politische Struktur¸ Gesetze¸ Religionen und Alltag dieser größten Nation der Alten Welt.
Dermaßen vorbereitet¸ kann man seine Spieler das erste Abenteuer erleben lassen: die Charaktere reisen mit einer Kutsche nach Altdorf. Unterwegs finden sie die Leiche von Kastor Lieberg¸ der - und das wissen die Spieler nicht - ein hochrangiges Mitglied des Chaoskultes Die Violette Hand war. Lieberg wollte in Bögenhafen eine Erbschaft antreten und wurde unterwegs ermordet. Einer der Charaktere beschließt¸ Liebergs Identität anzunehmen und sich so die Erbschaft anzueignen.
Doch bald muß er feststellen¸ daß er damit nicht nur Liebergs Aussicht auf ein stattliches Vermögen¸ sondern auch dessen Probleme geerbt hat: denn Kastor Lieberg steht auf der Todesliste eines mit allen Wasser gewaschenen Kopfgeldjägers...
Der grobe Handlungsverlauf von Unter falschem Namen steht also schon fest¸ und dies ist von den Autoren durchaus gewollt: dadurch soll der Spielleiter entlastet und den Spielern die Möglichkeit gegeben werden¸ sich in die Welt von Warhammer einzuleben - das Abenteuer richtet sich ja eher an Gruppen¸ die noch nicht so viele Erfahrungen mit W:dR gesammelt haben. Ich glaube aber¸ daß es nicht allen Leitern leicht fallen wird¸ den Spielern das Gefühl zu nehmen¸ einfach nur eine vorbereitete Geschichte nachzuspielen.
Trotz des düsteren Hintergrundes enthält dieses Kampagnen-Präludium viel Situationskomik¸ und gerade dies macht das besondere Flair von Warhammer aus.
Viel freieres Spiel und einen nichtlinearen Handlungsstrang bietet das anschließende Abenteuer Schatten über Bögenhafen: Johannes Teugen¸ Stadtrat des Marktflecken Bögenhafen¸ hatte einst mit dem Dämon Gideon einen Pakt geschlossen - im Austausch gegen magisches Wissen sollte der Dämon nach sieben Jahren Teugens Seele erhalten; diese Frist läuft bald ab¸ doch noch sieht Teugen eine Möglichkeit seinem grausamen Schicksal zu entkommen: für sieben Seelen¸ die in einem besonderen Ritual dem Chaosgott Tzeentch geopfert werden sollen¸ will Gideon den Pakt für ungültig erklären.
Teugen weiß nicht¸ daß ihn der Dämon nur täuscht¸ denn in Wirklichkeit soll durch das bevorstehende Ritual ein Chaostor geöffnet und ganz Bögenhafen zerstört werden.
Während der irregeleitete Stadtrat den Untergang seines Marktflecken vorbereitet¸ treffen die Charaktere in Bögenhafen ein. Dort erleben sie einige kleine Abenteuer¸ unter anderem auf dem gerade stattfindenden Jahrmarkt¸ dem Schaffest. Als sie einen aus der Kuriositätenschau entflohenen Goblin in die Kanalisation verfolgen¸ entdecken sie einen unterirdischen Tempel und kommen so dem unheilvollen Treiben von Johannes Teugen langsam auf die Spur.
Positiv fiel mir an diesem Abenteuer auf¸ daß die Kampagne auch weitergeht¸ wenn die Charaktere es nicht schaffen die Zeremonie zu verhindern und so Bögenhafen dem Chaos zum Opfer fällt; der Jahrmarkt wurde sehr detailliert ausgestaltet und hält eine Menge spannende und lustige Ereignisse bereit; und wenn die Spieler Bögenhafen retten wollen¸ müssen sie vor allem ihre grauen Zellen bemühen - auf einige handfeste Auseinandersetzungen muß man trotzdem nicht verzichten.
Zu beiden Abenteuern läßt sich sagen¸ daß sie sehr gewissenhaft ausgearbeitet wurden; der Spielleiter kommt ganz mit dem vorliegenden Material aus und hat (von gründlichem Lesen abgesehen) keine großartigen Vorbereitungen zu treffen.
Am Layout habe ich allerdings auszusetzen¸ daß der gesamte Text linksbündig gesetzt wurde: Blocksatz wäre hier viel lesefreundlicher gewesen.
Beigelegt sind eine A3-Farbkarte von Boegenhafen und zahlreiche¸ schwarzweiße Karten und Hand-Outs.
Dieser erste Band von Der innere Feind hat mir ganz exzellent gefallen; für Freunde von W:dR ein Muß!
Eine Rezension von: Anton Kratz http://www.fantasy-rollenspiel.de/Sphinx.html