Aus den Archiven des Imperators
In mehreren Kapiteln werden diejenigen Themen von W:dR¸ die im eigentlichen Regelwerk nur angeschnitten wurden¸ vertieft: besonders hat mir gefallen¸ daß hier auf die Psychologie der Nichtmenschen und das System der Schicksalspunkte eingegangen wurde¸ denn gerade über diese beiden wichtigen Bereiche schweigt sich das Regelwerk weitestgehend aus.
Anregungen für besonders anspruchsvolles Rollenspiel findet man in drei inhaltlich zusammenhängenden Kapiteln¸ in welchen die Bedeutung von Adel und Hochadel¸ dem Innehaben der Fertigkeiten und Berufe und dem daraus resultierenden gesellschaftlichen Status herausgestellt wird. Die Autoren nennen Möglichkeiten¸ wie auch adelige Charaktere in einer Spielergruppe geführt werden können¸ ohne daß sich die großen Vorteile einer Adelszugehörigkeit negativ auf die Kampagne auswirken; so bringt ein Adelstitel nämlich zwar viele Rechte¸ aber auch mindestens ebenso viele Pflichten mit sich.
Weiterhin wird ein neues Kampfsystem vorgestellt: dieses ist komplizierter und aufwendiger zu handhaben als das bisherige¸ aber auch realistischer; wenn sich die Spieler oft zu leichtfertig auf gewaltsame Auseinandersetzungen einlassen¸ kann der Meister mit der Einführung des neuen Systems wohl Abhilfe schaffen¸ allein schon weil es langwieriger ist. Die seltenen Kämpfe sind dann aber um so realistischer. Noch mehr Ideen zur Ausgestaltung von Kämpfen¸ Scharmützeln und ganzen Gefechten bietet das Kapitel über Feuerwaffen.
Außerdem haben mir auch die beiden enthaltenen Schauplätze gefallen¸ die mit Karten¸ passenden Nichtspielercharakteren und Abenteueranregungen versehen wurden: es handelt sich einmal um die Praxis eines nicht mehr zugelassen Arztes und um ein Hospiz des Ordens Shallyas¸ das auf wahnsinnige Patienten spezialisiert ist (mit vielen Beschreibungen neuer Geisteskrankheiten und Störungen!).
Doch diesen allesamt interessanten Beiträgen steht eine in etwa gleich große Anzahl meiner Meinung nach unsinniger Kapitel gegenüber: so sind zum Beispiel die Beschreibungen der Zwergischen Wissensbewahrer und der Gnome als Spielercharaktere viel zu kurz ausgefallen¸ um ohne eigene Ausarbeitung noch verwertbar zu sein.
Diesem Quellenbuch merkt man an¸ daß es mit viel Spaß geschrieben wurde - schade nur¸ daß es so lieblos präsentiert wurde: das Cover ist aus schon bekannten Titelbildern der bereits erschienenen Produkte zusammengesetzt¸ die Rahmen sind immer gleich¸ und Blocksatz gibt es auch diesmal nicht.
Aus den Archiven des Imperators ist also eine recht durchwachsene Veröffentlichung; jede Gruppe wird sich wohl die Ideen herausnehmen¸ die sich in ihrer Kampagne verwenden lassen¸ und den Rest ignorieren; so ist es ja auch beabsichtigt. Aber wer kreativ ist (kommt bei Rollenspielern nicht allzu selten vor) oder Rollenspielzeitschriften (egal ob Fanzines oder Profimagazine) liest¸ hat vielleicht so schon genügend Material¸ das Anregungen bietet.
Eine Rezension von: Anton Kratz http://www.fantasy-rollenspiel.de/Sphinx.html