Wüste der Verdammnis (VR4)
Beim ersten Blick mußte ich erst einmal direkt an eine andere Box denken¸ die es einst für Midgard gab. Aber der Vergleich ist rein Oberflächlich zu sehen¸ denn beide Kampagnen-Boxen behandeln die gleiche arabisch-ägyptische Kultur.
Der erste Eindruck nach dem Öffnen ist eine gut gefüllte Box. Wie sich im weiteren Verlauf herausstellte¸ macht die Aufteilung in Einzelbände im Fall einer Kampagnen-Box viel Sinn¸ denn sie erleichtert die Vorbereitung und auch die Handhabung im späteren Prozeß des Spielleitens.
Neben fünf Heften¸ die insgesamt etwa 260 Seiten ausmachen¸ findet man noch 6 DIN-A4-Farbtafeln¸ von denen zumindest fünf wasserabweisend beschichtet sind (klasse!).
Diese Handouts dienen als Ergänzung zum Kartenband. Dieser Kartenband ist ebenfalls eine geniale Idee¸ denn hier findet man konzentriert alle Karten (meist mit Hexmuster)¸ Handouts aber auch Beschreibungen der Monster¸ die im Abenteuer vorkommen (und auf die an entsprechender Stelle hingewiesen wird). Kopiervorlagen wurden nochmal extra als solche gekennzeichnet und wer seinen Spielern gerne ein Portrait eines NSC zeigen möchte findet neun davon auf einer Seite zusammengefaßt. In dieser Form (Idee und Umsetzung) das Beste¸ was ich je gesehen habe - vor allem weil auch auf den Karten und Handouts Rückverweise auf die Seiten in den Heften zu finden sind !
Neben den drei eigentlichen Abenteuerbänden findet man den Hintergrundband Ruinen im Sand¸ der auch als Erstes gelesen werden sollte. Neben einer Zusammenfassung der Ereignisse¸ findet man Hinweise zum Leiten des Abenteuers¸ die dem Spielleiter erst einmal die Tücken des Wüstenlebens verdeutlichen.
Die Kampagne Wüste der Verdammnis liefert hier auch einen Einstieg mit dem eine Abenteuergruppe von jedem beliebigen Punkt der Vergessenen Reiche (oder sonstwoher) in das Abenteuer eingebunden werden kann (Teleportation)¸ denn in der Regel werden sich diese nicht gerade 'in der Nähe' aufhalten.
Haben die Abenteurer diesen ersten Schritt erst einmal getan¸ kann der Spielleiter die Szenario-Beschreibungen des Hintergrundbandes nutzen¸ um die Spieler in die faszinierende Wüsten/Oasen-Welt eintauchen zu lassen. Allerlei interessante NSC und mehr oder weniger gefährliche (Zufalls-) Begegnungen säumen den (oft staubtrockenen) Weg der Abenteurer.
Doch worum geht es bei dem Abenteuer eigentlich ?
Es war einmal ... vor knapp 1000 Jahren verwüstete ein mächtiger Geist (ein mächtiger Großwesir des Feuersultans¸ ein Ifrit) der Feuerebenen¸ namens Khalitharius¸ die Gegend der Raurin.
Man darf sich jetzt nicht nur so ein flirrendes denkendes Lagerfeuerchen vorstellen - ein Ifrit ist ein 18m (!) hohes humanoid aussehendes Wesen mit unglaublichen Fähigkeiten¸ die natürlich im wesentlichen auf der Kraft des Feuers basieren.
Was dieser hitzköpfige Ifrit auf Vergnügungstour wohl nicht wußte war¸ daß dort derzeit ein mächtiger Magier weilte¸ der sich für die Gegend verantwortlich fühlte und ihn auch prompt in einer gewaltigen magischen Schlacht besiegte und in ein magisches Gefängnis sperrte - das immerhin 1000 Jahre überdauern würde.
Für den Moment war die Gefahr gebannt (aber leider nicht vernichtet) und die Menschen vergaßen den Ifrit wieder. Nicht jedoch der verantwortungsvolle Magier¸ der die Nachwelt nicht ins Unglück stürzen wollte. So ersann er einen Ausweg und verbreitete Prophezeiungen¸ die in ferner Zukunft einige Helden in die Gegend führen würden.
Tja und so sollte es denn auch geschehen¸ daß sich die Abenteurer (mehr oder weniger freiwillig) in der Wüste wiederfinden und zum Teil der Prophezeiungen des längst verstorbenen Magiers werden. Es gilt eine weitreichende Katastrophe zu verhindern¸ denn die 1000 Jahre sind bald vorbei.
Für die Spieler ist die Wüste der Verdammnis ein wunderschöner Trip durch eine orientalische Kultur¸ die allerdings auch vom Spielleiter ein anständiges Maß an Vorbereitung und Talent verlangt¸ denn es gilt die Mentalität der Menschen und die Vorzüge und (mehr) Tücken des heißen Landes gut zu vermitteln.
Vor allem längere Reisen durch wirklich wasserlose Landesteile erfordern von den Charakteren eine Menge Verständnis für das Klima - dies zu vermitteln liegt beim Spielleiter.
Die einzelnen Kampagnenteile sind weder unabhängig¸ noch wird man allzu große Fremdabenteuer einschieben können¸ ohne den Plot zu versauen. Man sollte sich also auf eine längere Reihe von Spiele-Sessions einstellen.
Der Spielleiter findet sowohl bei der Vorbereitung¸ wie auch im Rollenspiel sehr gute Unterstützung durch das enthaltene Material. Wie schon eingangs erwähnt¸ erleichtern Kartenmaterial und Kartenband wesentlich die Übersicht und das Kopieren.
Das Abenteuer besteht im wesentlichen aus Überlandreise¸ sozialen Kontakten zu Einheimischen und der Erforschung von sagenhaften Gebäuden (Pyramiden¸ Tempel¸ Grabmäler und Geisterstädte)¸ mit allerlei mechanischem¸ organischem und magischem Innenleben¸ das die Abenteurer (und Spieler) mit einiger Denkarbeit konfrontiert. Für meinen Geschmack erscheint mir allerdings der Anteil an "Übersetzungen" etwas zu hoch geworden¸ bei denen man Anhand einer Tabelle Texte in arabischen Zeichen entschlüsseln soll - allein damit kann man ja einen Spieler stundenlang beschäftigen. Als Spielleiter sollte man hier seine "Übersetzer" ganz genau beobachten und ggf. helfend (und nervenschonend) eingreifen.
Die Texte sind ordentlich strukturiert und durch die Auslagerung der Karten und Bildrätsel wurde einiges an Übersicht hinzugewonnen. Auch wenn man beim Vorbereiten immer mindestens zwei Bände aufgeschlagen haben wird¸ ist das immer noch besser als ständiges Seitenblättern.
Der Text ermöglicht den Aufbau einer guten Atmosphäre und unterstützt den Spielleiter durch vorlesbare Textpassagen und leicht auffindbare NSC-Daten. Die Verknüpfungen zu weiterhelfendem Kartenmaterial¸ zusätzlichen Beschreibungen¸ etc. ist vorbildlich geregelt (meist sogar in beide Richtungen!).
Zwar handelt es sich bei der Kampagne um ein AD&D/Vergessene Welten-Modul¸ jedoch wurde durch entsprechende Textpassagen und Anmerkungen dafür gesorgt¸ daß sich das Abenteuer auch angenehm auf andere Welten oder Systeme anpassen läßt.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de