Clanbuch: Assamiten (Revised)
Es ist für mich keine Übertreibung¸ wenn ich sage¸ daß das Clanbuch Assamiten zu den interessantesten gehört - wenn es nicht sogar das interessanteste Clanbuch ist.
Die Gründe dafür sind zweierlei. Zum einen gehören die Interna des Clans wirklich nicht zum Allgemeinwissen der Camarilla und finden daher auch in den Standardpublikationen auch kaum Beachtung. Zum anderen ist die im Clanbuch vorgestellte Herkunft¸ Geschichte und gegenwärtige Situation des Assamiten-Clans sehr interessant¸ weil sie sie sich stark von der anderer unterscheidet.
Wer den Quellenband Unter dem Schleier der Nacht für Vampire aus der alten Welt bereits besitzt und gelesen hat¸ wird schon grundlegende Informationen über viele "Geheimnisse" der Assamiten kennen. Doch ebenso¸ wie das Clanbuch¸ daß die Historie erklärt¸ aber sich doch mehr auf die gegenwärtige Situation des Clans und seiner Umwelt (V:dM) konzentriert - liegt das Schwergewicht von Unter dem Schleier der Nacht in der mittelalterlichen Vergangenheit und den Begebenheiten dort. Die beiden Quellenbände ersetzten sich nicht¸ aber sie ergänzen sich prächtig.
Die Wurzeln des Clans Assamiten liegen im nahen Osten¸ genauer gesagt bei Haqim ihrem Erzeuger. Dieser mythische Nachfahre Kains übte sich bei den Streitigkeiten anderer stets in Neutralität - und genau diese Eigenschaft bürdete ihm und seinen Kindern eine schwere Last auf: sie sollten in Zukunft über Fehltritte anderer Kainskinder richten und ihnen ggf. das Unleben nehmen.
Was ursprünglich von den anderen Clans erbeten wurde¸ wurde später zum Hauptgrund für die Ächtung des Assamiten-Clans. Die Jagd auf die Richter begann und endete in einem Ritual der Tremere¸ daß es Assamiten nahezu unmöglich machte¸ das Blut anderer Vampire zu trinken.
Der Band erzählt¸ neben einer wirklich interessanten Geschichte des Clans¸ vor allem auch über den Erzeuger Haqim und seine sehr clanprägende Einstellung. Weitere Themen sind die dreigeteilte Struktur des Clans¸ die vermutlich aus einem Mangel an konkurrierenden Clans erwachsen ist: die Wesire übernehmen den Bereich von Gesellschaft¸ Diplomatie und Intrige; die Hexer kümmern sich um die Perfektion der Blutmagie und dienen zuweilen als Verstärkung der dritten Gruppe; die Krieger sind vermutlich der bekannteste und daher gefürchteste Teil des Assamiten-Clans: vampirische Assassinen¸ die sich der gezielten Jagd auf andere Vampire widmen.
Man stelle sich einen Clan von Jägern vor¸ der sich viele Jahrhunderte relativ frei von Einflüssen anderer Clans entfalten konnte. Man stelle sich einen dreigeteilten Clan vor¸ der aber bei jeder Bedrohung von außen zusammensteht. Man stelle sich einen Clan vor¸ der über hunderte von Jahren dazu verflucht war¸ jeder Form von Diablerie zu entsagen obwohl die Blutlust in seinen Kriegern tobt und sie gezwungen sind aus den dunklen Flecken der Schatten heraus zu kämpfen.
Und nun denke man an die Zukunft¸ denn dieser Clan wurde von seinem Fluch befreit.
Wer die Zukunft erahnen will¸ muß die Vergangenheit verstehen. Wer die Assamiten verstehen will¸ muß ihren Ursprung und ihren gegangenen Weg kennen. Bei Beidem hilft dieser Band.
Technisches
Das Lektorat dieses Bandes ist gut¸ zumindest sind mir vereinzelte Rechtschreibfehler nicht negativ aufgefallen. Die Illustrationen sind ein Mix aus durchschnittlichen bis sehr guten Grafiken. Für jeden Geschmack etwas. Das Layout ist gewohnt ordentlich.
Fazit:
Wer einen Vampir vom Clan Assamiten richtig spielen will¸ kommt um diesen Band nicht herum. Hatten die Assamiten bislang das Stigma¸ ihnen sei der Stachel gezogen worden¸ so sind nun die Karten wieder neu gemischt. Das macht diesen Clan um einiges spielbarer.
Die Rechnung¸ daß Assamiten mit Assassinen gleichzusetzen sind¸ kann der Band ebenfalls widerlegen. Der Clan stellt eine Mini-Vampire-Gesellschaft dar - und es wäre für mich durchaus denkbar¸ eine ganze - abwechslungsreiche - Chronik nur in den Grenzen dieses Clans ablaufen zu lassen. Ein modernes 1001 Nacht.
Ich befürchte¸ daß dieser Band für die meisten einfach zu interessant ist¸ als das man ihn im Ladenregal stehen lassen könnte.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de