Stolperfalle
Traveller: Stolperfalle
Autor: Simon Beal System: Traveller Erschienen: 2014 Umfang: Mini-Kampagne (ca. 40 Stunden Spielzeit)
Warum habe ich das AB gelesen?
Weil ich mal was anderes lesen wollte. Weil ich immer mal wieder davon träume, mal wieder Space Opera Sci-Fi zu spielen. Weil etliche der älteren Traveller-Abenteuer so einen guten Ruf haben. Und weil der Klappentext mit dem ganzen Agenten-/Diplomatie-/Intrigenkram ziemlich cool klang.
Plot
Die SC nehmen einen Reisenden auf ihrem Raumschiff mit, der einem ziemlich dicken Geheimnis auf die Spur gekommen ist. Natürlich bleibt es früher oder später an den SC hängen, dieses Geheimnis restlich aufzuklären - und sich diverser ziemlich mächtiger Gegenspieler zu erwehren.
Eindruck
Vorsicht, ab hier sind massive Spoiler enthalten - potentielle Spieler bitte nicht weiterlesen!
Zunächst einmal eines vorweg: Diese Rezension basiert auf einem unvollständigen Eindruck. Ich habe das Buch nämlich ab Seite 34 nicht mehr länger ertragen und weggelegt. Womit dann zum allgemeinen Eindruck schon einiges gesagt wäre, denn das ist im ganzen letzten Jahr keinem anderen Abenteuer gelungen: Mir so auf den Geist zu gehen, dass ich es nicht mehr ausgehalten habe.
Ein bisschen genauer will ich das natürlich schon erklären. Dazu muss ich aber vielleicht etwas über mich als Leser vorwegschicken. Ich kann nämlich im Namen des Settings viele Dinge hinnehmen und meinen "Suspension of Disbelief" trotzdem aufrecht erhalten. Aber deswegen muss die elementare Logik trotzdem noch erhalten bleiben. Kleines Beispiel: Am letzten Wochenende habe ich mit meinem Sohn "Pets" gesehen, in dem alle Tiere in New York sprechen, Türen aufmachen und mit diversen Gegenständen umgehen können. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Aber wenn im gleichen Film jemand das Fenster eines Tiertransporters einschlägt und das zersplittert wie ein Marmeladenglas, dann werde ich stinkig, weil ich weiß, dass Autofensterscheiben das nicht tun würden. Inmitten eines völlig fiktiven Settings bestehe ich also trotzdem darauf, dass die Grundregeln des gesunden Menschenverstandes erhalten bleiben.
Nun also zum Abenteuer. Das verletzt nämlich diese Grundregeln permanent. Was ich ihm ganz besonders übel nehme, weil es ja ein Agentenabenteuer sein soll, also aus einem Genre stammt, in dem die Protagonisten (wenn wir nicht gerade in einem Guy Ritchie-Film sind) besonders intelligent sein sollten. Es sind aber alles Idioten, NSCs wie SCs. Und zwar Idioten, die immer genau das tun, was sich der Autor da ausgedacht hat, weil sonst die Story jeweils nicht weitergehen kann. Ich liste mal auf bis zu dem Punkt, an dem ich es nicht mehr ertragen habe: Der Agent an Bord des SC-Raumschiffs (von dem sie auch wissen, dass er ein Agent ist), wird vor dem Schiff von Attentätern niedergeschossen. Die SC zerren ihn zurück ins Schiff. Bevor er das Bewusstsein verliert, verrät er ihnen noch den Namen eines Safehouses, wo sie ihn hinbringen sollen. Die SC tun das natürlich ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen und führen die feindlichen Agenten damit direkt zum Unterschlupf der imperialen Agenten vor Ort. Dort angekommen überlassen die SC den Agenten natürlich dem Personal dort und gehen an der Bar einen trinken. Der Agent wird in ihrer Abwesenheit ermordet. Die SC sind nun im Besitz eines Datenwafers, auf dem vermutlich die topgeheimen Infos sind, die den Agenten das Leben gekostet haben. Diesen übergeben sie natürlich nicht dem imperialen Geheimdienst, sondern machen sich lieber auf die Suche nach der scheinbar einzigen Spezialistin, die den Code entschlüsseln kann. Die arbeitet übrigens auf einer Bohrplattform und macht das nur als Hobby. Außerdem wohnt sie natürlich mehrere Sternensysteme entfernt. Feindliche Verfolger kann man übrigens abschütteln, indem man ein paar zusätzliche Teile an sein Raumschiff schweißt und den Schiffsnamen ändert. Registrierung von Schiffen oder gar deren Besitzern gibt es bei Traveller offenbar nicht; wusste ich gar nicht. Die Entschlüsselungsausrüstung (ich bin selbst Kryptologe und wusste gar nicht, dass es sowas gibt) muss natürlich erst mehrere Sternensysteme entfernt aus einem Bürgerkriegsgebiet aus der Hand einer Straßengang geborgen werden. Komplett mit dem Anheuern von Söldnern. Was sicherlich mehr Sinn macht, als einfach die Ausrüstung neu zu kaufen. Um in das Bürgerkriegsgebiet einzudringen, kontaktiert man übrigens gleich den Baron, zu dem man natürlich auch gleich vorgelassen wird. Wenn die SC überzeugend sind, kämpft der Baron auch gleich mit an ihrer Seite. Klar doch. Sicher. Endlich finden die SC die Spur zu einem neuen Agenten. Weil sie ihm kompetent vorkommten (!) und schließlich dabei waren, als sein Vorgesetzter ermordet wurde (!), verrät dieser ihnen auch gleich den kompletten Stand der Ermittlungen. An der Stelle habe ich es einfach nicht mehr ausgehalten. Wie die Geschichte weitergeht, will ich gar nicht mehr wissen. Meine Hoffnung, hier vielleicht eine intelligente Story zum Ausschlachten vorzufinden, hat sich komplett zerschlagen.
Braucht jemand ein fast neues Traveller-Abenteuerbuch? >:(
P.S.: Die Illustrationen kann ich jetzt auch nicht besonders loben, aber das ist für mich bei Traveller nichts Neues. Ständig wechselnde Illustrationsstile, die oft nichts Erkennbares mit der Handlung zu tun haben, sondern vermutlich aus anderen Publikationen zusammengesucht sind. Dazu Grundrisse von Gebäuden oder Gegenden, die zwar im Text erwähnt sind, taktisch aber überhaupt keine Rolle spielen.
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Eine Rezension von: Weltengeist https://www.tanelorn.net/index.php/topic,116559.0.html