Martial Arts Companion
Der Leser erhält zuerst eine Einleitung in das Buch¸ in der im beschrieben wird¸ was die Zielsetzung ist¸ wofür das Buch gedacht ist und was für Quellen genutzt wurden und zur weiteren Lektüre empfohlen werden. Schon hier zeigt sich¸ dass der Autor sich Gedanken über sein Werk gemacht hat. Bei den Quellen handelt es sich um Fachbücher wie The History and Philosophy of Kung Fu und Zen and Confucius in the Art of Swordmanship¸ also einen ernsthaften Ansatz¸ den man dem Buch auch deutlich anmerken kann. Nach einer spannenden Einführung in die Geschichte der Kampfkünste der verschiedenen asiatischen und auch europäischen Regionen¸ den damit verbundenen Philosophien¸ den Grundideen und -lagen und Riten wird dem Leser erklärt¸ wie er Kampfkünste in seine Kampagne einfügen kann. Was er bedenken sollte¸ wie er den Einfluss der Fertigkeiten auf die Balance des Systems einschätzen kann und welche Arten von Kampagnen er wie verwenden könnte.
Im nächsten Teil folgen dann die Regeln. Es gibt einige Veränderungen in den bestehenden Berufen Rolemasters¸ zwei vollkommen neue Berufe (den Taoisten und den Zen Mönch)¸ eine leichte Veränderungen bei den Fertigkeiten und auch hier einige neue¸ wie Vital Points Lore¸ das das asiatische Wissen um die Nervenknoten ins Spiel bringt. Auch werden zwei neue Angriffsfertigkeiten eingeführt: Nervenstiche (Nerve Strikes) und Haltegriffe (Locking Holds)¸ die den waffenlosen Kämpfer eine ganze Ecke gefährlicher machen können. Aber das ist alles noch nicht so wirklich spektakulär¸ obwohl die Spruchlisten für die beiden Berufe interessante Zauber beinhalten und eine sehr atmosphärische Komponente ins Spiel bringen.
Aber im nächsten Teil kommt eigentlich erst das¸ was das Buch so toll macht: die Stile! Das Martial Arts Companion führt eine neue Art der Verwendung der Kampfkünste ein. Bisher erlernte man die beiden Arten (harte und weiche) als jeweils vier Fertigkeiten¸ die die unterschiedliche tiefe des Wissens um die Tödlichkeit ausdrückten. Mit dem MAC wird dieses System abgeschafft und die Kampfstile werden als neues Konzept eingeführt. Es gibt sowohl Waffen- als auch Kampfstile¸ die ein Charakter erlernen kann. Spieler möchte also nun zum Beispiel¸ dass sein asiatisch-orientierter Mönch Kung Fu beherrscht. Bisher ging das auch¸ hatte aber keinen nennenswerten Einfluß auf das Spiel¸ denn im Endeffekt waren nur die erlernten Fertigkeiten wichtig und die waren gleich¸ egal ob es sich um Kung Fu oder Karate handelte. Jetzt¸ durch die Stile¸ kann dieser Mönch nicht nur zwischen Kung Fu oder Karate wählen¸ sondern innerhalb des Kung Fu auch einen Stil¸ wie der Tigerstil oder den Kranich. Diese Stile mach die ganze Angelegenheit nicht nur wesentlich interessanter was die Spielatmosphäre angeht¸ denn wie viel cooler ist es denn wohl¸ wenn man sich als Bruder Qwan¸ Meister des Drachenstils anstatt als Qwan der Kampfmönch vorstellt! Die Stile beinhalten jetzt die Unterscheidung zwischen wirklich tödlichen und nur halbwegs gefährlichen Kampfkünsten. Außerdem bieten die Stile häufig besondere Attacken und eine Reihe von besonderen Fähigkeiten¸ die mit dem Erlernen einhergehen. Viele bieten auch Zugang zu den Chi Kräften. Diese dürften Spielern¸ die das Oriental Companion aus der zweiten Rolemasteredition kennen¸ bekannt sein. Hierbei handelt es sich um jene Kräfte¸ die den Kämpfern die Fähigkeit geben für kurze Momente übernatürliche Fähigkeiten¸ Zaubern ähnlich¸ anzuwenden. Aber zurück zu den Stilen. Es werden eine Reihe von Stilen vorgegeben¸ so finden sich alle gängigen Kung Fu Stile¸ die üblichen Kampfsportarten wie Karate¸ Taekwondo¸ Ninjutsu und Sumo und auch die bekannten und weniger bekannten japanischen Waffenstile wie Ken-jutsu. Interessant ist auch¸ dass der Autor sich nicht darauf beschränkt hat¸ die asiatischen Kampfeskünste zu erläutern und für das System nutzbar zu machen¸ sondern auch die europäischen berücksichtigte. So finden sich das italienische und das spanische Fechten hier¸ ebenso wie das französische Savate¸ das sich als bemerkenswert effektiv herausgestellt hat. Jeder Stil wird mit einer kurzen Erläuterung präsentiert¸ die zumeist erklärt¸ wie und wo er entstanden ist¸ was die typischen Merkmale und aufallendsten Techniken sind. So bekommt man sofort eine gute Vorstellung darüber¸ wie es aussehen würde¸ wenn der Charakter den Stil erlernen und anwenden würde¸ was für einen Hintergrund er haben sollte und ob man sich mit dem Stil überhaupt anfreunden könnte. Rolemaster wäre nicht Rolemaster¸ wenn diese Sektion nicht auch die Regeln für das Gestalten eigener Stile beinhalten würde. Mit kurzen und hilfreichen Worten¸ leitet der Autor den Leser durch die Gestaltung eigener Stile¸ den Dingen die man dabei bedenken sollte¸ den Einschränkungen denen man dabei unterliegt und was nicht getan werden sollte.
Danach werden die Chi Powers vorgestellt¸ die man verwenden kann¸ aber nicht muss. Außerdem wird dem Leser hier noch einmal ein Einblick in die Tiefen der Kampfkünste gegeben. Es werden Übungsmethoden beschrieben¸ die den Schüler zu enormen Dingen befähigen werden¸ sofern er es schafft¸ sie zu meistern. Wer hätte gedacht¸ dass die Methoden des alten Miyagi noch zu steigern wären und man selbst aus dem Fegen des Fußbodens etwas lernen kann¸ was einen zum mächtigsten Kämpfer aller Zeiten aufsteigen lassen könnte.
Es werden dann Charakterkonzepte vorgestellt¸ die typisch sind für die und Filme des Ostens. Typische Ideen über Kämpfer der asiatischen Techniken. Es gibt neue Talente und Fehler aus denen man wählen und seinen Charakter mehr auf seinen orientalischen Hintergrund einstimmen kann.
Der Autor führt außerdem eine Reihe asiatischer Waffen ein¸ die unabdingbar mit den Stilen verbunden sind und einfach in eine asiatische Welt gehören. Wir finden die Katana¸ den Wakizashi¸ die Tonfa¸ den Tetsubo¸ den Yari¸ den Dai-Kyu und vieles mehr. Und selbst der Fächer wird hier zur gefährlichen Waffe. Manche dieser Waffen haben eigene Angriffstabellen im Buch.
Das Buch enthält des weiteren Regeln über die Verwendung der neuen Fertigkeiten und Änderung in Rolemaster¸ ebenso wie die Einführung eines Wettkampfsystems¸ dass es den Kämpfern ermöglicht¸ sich mit anderen zu messen¸ ohne gleich auf den Tod des anderen aus sein zu müssen. (Hier fühlt man sich ein wenig an Street Fighter erinnert¸ aber dennoch ist die Idee sehr gut und hilft dabei¸ den Ruf eines Kämpfers zu untermauert bzw. auszudrücken. Der Ruf ist wichtig in diesem Zusammenhang.) Besonders schön sind hier auch die cineastischen Kampfregeln¸ die es einem waffenlosen Kämpfer ermöglichen bei einem guten Meister von Zeit zu Zeit mal wie Jackie Chan zu agieren und wahrhaft geniale Schlägereien zu erleben¸ in denen er es mit Dutzenden von Gegnern aufnehmen kann. Einfach klasse!
Weiterhin gibt es neben dem Anhang mit den Spruchlisten für den Taoisten und den Zen Mönch und den Waffentabellen noch eine Reihe neuer Training Packages im MAC¸ die der östlich orientierten Idee des Buches eher entsprechen als die der Grundbücher. Hier finden sich der Tempelmönch¸ der Wandermönch¸ der Ninja und auch der (Peking-) Opernschauspieler.
Fazit:
Alles in Allem findet man in diesem Buch genau das¸ was man als Fan von Martial Arts (Kampfeskünste) sucht. Das Martial Arts Companion ist mit seinen Regeln und den schönen Illustrationen¸ die einen von Begegnungen seines Charakters mit dummen Gegnern und dem Wissen über geheime Techniken und Kräfte träumen lassen¸ ein Buch¸ das sich für jeden lohnt¸ der diesen Bereich des Spiels mit mehr Atmosphäre und Leben versehen will. Durch die Stile gewinnen Kämpfer an Lebendigkeit und auch an Kraft. Doch das Buch ist nicht nur für waffenlose Kämpfer interessant¸ sondern auch für Krieger¸ die sich mit einem Waffenstil eine Spezialisierung geben möchten und sich auf eine andere¸ höhere Ebene der Waffenbeherrschung begeben möchten.
Besonders gelungen finde ich die guten Hintergrundinformationen¸ die keine erdachten¸ sondern wissenschaftlich belegte sind oder im Falle der Chi Kräfte zumindest auf althergebrachter Folklore basieren. Auch die kleinen Anekdoten bzw. Einleitungsgeschichtchen für die Kapitel sind spannend und helfen sehr gut bei der bildlichen Vorstellung der Kampfeskünste.
Wenn ihr also vorhabt eine Kampagne im Osten spielen zu lassen oder einfach nur einen Kämpfer haben wollt¸ der mit Leben gefüllt ist¸ dann ist das Martial Arts Companion genau das richtige Buch für Euch!
Get Real! Get Rolemaster!
Eine Rezension von: munchy