Earthdawn Core Rules (2e)
Earthdawn¸ die Welt
Earthdawn spielt in Barsaive¸ einem Kontinent¸ der 400 Jahre lang von Dämonen verwüstet wurde¸ die alles Leben vernichten wollten. Die Namensgeber (Elfen¸ Trolle¸ Zwerge¸ Orks¸ T'Skrang¸ Menschen¸ Obsidianer¸ Windlinge) hatten sich in magisch geschützten unterirdischen Bauten¸ sog. Kaers¸ verschanzt und das Ende der Plage abgewartet.... und nun ist die Plage vorbei. Langsam kommen alle Rassen aus ihren unterirdischen Fluchtburgen und beginnen¸ das Land neu zu besiedeln.... knapp 100 Jahre später setzt dann das Spiel ein. Das Land ist auf gutem Weg¸ sich von der Verwüstung durch die Dämonen zu erholen. Die Charaktere haben als Ziel¸ zu einer Legende zu werden. Sie entscheiden sich für eine von 15 Disziplinen. Diese kann man grob mit Berufen oder Klassen vergleichen¸ doch sind sie mehr¸ sie definieren¸ wie der Charakter die Welt sieht. Ein Schütze nimmt sie völlig anders wahr als ein Dieb. Die Charaktere durchstreifen nun das Land und können viele verschiedene Abenteuer erleben. Sei es¸ daß sie den letzten Dämonen nachspüren und sie vernichten wollen¸ sie können alte¸ von Dämonen verwüstete Städte nach Schätzen aus längst vergangenen Zeiten durchsuchen¸ in die Politik hineingezogen werden und Aufträge für einer der konkurrierenden Mächte Barsaives' ausführen¸ theranische Sklavenjäger verfolgen¸ Informationen über einen magischen Gegenstand sammeln¸ damit sie diesen an sich binden und seine Magie benutzen können¸ an Bord eine Luftschiffes Piraten jagen und so weiter und so fort..... Earthdawn bietet eine Fülle von verschiedenen Abenteuerideen. Und jeder Spieler strebt danach¸ daß seine Charakter irgendwann eine Legende ist¸ deren Namen mit Ehrfurcht in der Stimme ausgesprochen wird¸ der bewundert wird ob seiner Heldentaten und um den sich tausend Geschichten ranken.
Earthdawn ist also sehr episch¸ je mächtiger die Charaktere werden¸ desto fantastischer werden die Dinge¸ die sie mit Hilfe ihrer Talente ausführen können. Jede Disziplin hat ihre eigenen¸ einzigartigen Talente. Dies sind Fähigkeiten¸ die ein Charakter mit Hilfe der Magie ausübt und die ihm z.B. erlauben¸ durch die Luft zu gleiten oder seinen Körper buchstäblich zu einer Waffe zu machen. Jeder Angehöriger einer Disziplin benutzt automatisch Magie¸ wenn er ein Talent einsetzt. Die ganze Welt ist auf einem sehr hohen Magieniveau¸ selbst in vielen Alltagsgegenständen sind winzige Mengen Magie enthalten.
Earthdawn¸ das System
Das System von Earthdawn scheint auf den ersten Blick sehr komplex zu sein. So berechnet sich z.B. die Stufe eines Talentes aus der dem Talent zugeordneten Attributsstufe plus den Rang¸ den man in dem Talent hat. Das ergibt die effektive Stufe¸ der wiederum eine bestimme Würfelkombination (z.B. W20+W4) zugeordnet ist. Das mag sich verwirrend anhören¸ ist aber schon nach wenigen Malen kein Problem mehr.
Die Charaktererschaffung ist ein wenig umfangreicher¸ da man nicht nur eine Rasse und eine Klasse aussucht¸ sondern eben ein Disziplin¸ die das Weltbild des Charakters bestimmt. Man sollte sich also schon gut überlegen¸ was man spielen will. Ein in der Stadt aufgewachsener orkischer Schwertmeister sieht die Welt sicher anders als ein in einem kleinen Dorf großgewordener elfischer Elementarist.
Dazu kommt noch die Hintergrundgeschichte¸ die Hobbies¸ Vorlieben¸ Abneigungen¸ halt alles¸ was einen guten Charakter ausmacht.
Die Werte der Attribute kann man entweder mittels eines Punktesystems kaufen oder auswürfeln. Von diesen Attributen hängen dann¸ wie oben bereits beschrieben¸ die Stufen der Talente ab. Dann kann man noch einige nichtmagische Fertigkeiten (z.B. Reiten¸ Töpfern¸ Häkeln....) lernen und Ausrüstung kaufen und dann geht's ab nach Barsaive.....
Der Inhalt
Nach langem Hickhack ist es nun endlich erschienen¸ das neue Earthdawn-Grundbuch. Auf den ersten Blick scheint es neben Illustrationen und der Tatsache¸ daß es als Softcover erscheint¸ nicht viel Neues zu bieten. Doch bei genauerem Lesen lassen sich viele Dinge entdecken¸ die im Vergleich zur FASA-Auflage verändert wurden.
Eine der wichtigsten Änderungen betrifft die Fertigkeiten. Bisher wurden sie recht stiefmütterlich behandelt¸ da sie sehr teuer und langwierig zu lernen waren. Daher wurden sie von vielen Spielern ignoriert¸ deren Helden nicht die Zeit hatten¸ sich vier Wochen lang nur mit Alchimie zu beschäftigen. Das führte dazu¸ daß sich viele Adepten einer Disziplin ähnelten¸ sie hatten alle die gleichen Talente und nur wenige Fertigkeiten. In der 2nd Edition bekommt jeder Held am Anfang bereits mehr Fertigkeiten¸ als so mancher altgedienter FASA-Adept in seinem ganzen Leben haben wird und diese Fertigkeiten sind wesentlich zeitfreundlicher zu erlernen und steigern.
Bei fast allen Disziplinen wurden einige Talente getauscht¸ sei es in der Frage¸ in welchem Kreis man sie bekommt oder durch andere ersetzt. Der Luftpirat bekommt beispielsweise Waffenloser Kampf bereits im zweiten Kreis¸ nicht wie bisher erst im achten. So macht es auch Sinn¸ daß er Hammerschlag bekommt¸ mit dem den Schaden eines Waffenlosen Angriffs steigern kann. Die Änderungen bei den Talenten sind meiner Meinung nach sehr gut und fallen kaum auf. Buchwissen Erneuern¸ Lippenlesen¸ Maske¸ Schlossgespür und Waffengeschichte sind Talente¸ die in der 2nd Edition wegfallen und von keiner Disziplin mehr beherrscht werden. LRG hat dafür einige neue Talente und Fertigkeiten eingeführt¸ z.B. Gassenwissen oder Parieren.
Die Unsitte¸ daß es ab dem 5. Kreis relativ billig wurde¸ eine zweite oder gar eine dritte Disziplin zu lernen¸ wurde ebenfalls abgeschafft. Ab sofort kann jeder Adept nur noch eine Disziplin zusätzlich lernen und die Kosten dafür sind um einiges gestiegen. Zusätzlich muß man in seiner zweiten Disziplin den 5. Kreis erreichen¸ bevor man in seiner anfänglichen Disziplin weiter aufsteigen kann. Das dürfte viele Adepten davon abhalten¸ sich für diesen Weg zu entscheiden. Und das¸ liebe Adeptinnen und Adepten¸ ist auch gut so (Um mal einen Politiker zu zitieren...)!
Wessen Adept bisher ein Freund der Blutamulette waren¸ mit denen man sehr viele Dinge boosten konnte¸ muß sich nun eher überlegen¸ welche und wieviele Amulette er einsetzt¸ da nun die Depattern-Regel aus dem Thera-Quellenbuch übernommen wurde: jeder Adept hat einen Punkt¸ an dem er keine Amulette mehr benutzen kann¸ ohne daß seine magische Struktur zerfällt. Dieser Punkt läßt sich berechnen und jedes Amulett fügt einige Punkte dazu. Übersteigt der addierte Wert aller Amulette diesen Depattern-Wert¸ zerstört sich die magische Struktur des Betreffenden und er stirbt¸ langsam¸ qualvoll und unaufhaltsam.
Die Aufmachung
Tja¸ wie soll man das nennen? Gewohnter LRG-Standard? Das Cover ist von ähnlichem Kaliber wie das von "Barsaive At War" und dürfte Neueinsteiger eher abschrecken als ansprechen. Na gut¸ BaW ist um einiges schlechter¸ aber das alte Grundbuchcover fing den Flair von Earthdawn mehr ein als diese Sammlung komischer Figuren¸ die nun das Cover zieren.
Im Innenteil haben alle Disziplinen neue Zeichnungen bekommen¸ die von recht gut (der Dieb) bis zu grausam (Sky Raider) reichen. Ansonsten wurden die meisten Zeichnungen aus FASA-Zeiten übernommen und mit einigen neuen angereichert. Leider ist es bei Living Room Games wohl Usus¸ auch schlechten Zeichnern eine Plattform zu geben¸ anders kann ich mir manche wirklich schlechte Zeichnungen nicht erklären. Andere sind dagegen ausgesprochen gut¸ so daß es das schon gewohnte LRG-Gefälle in der Qualität gibt.
Aufgebaut ist das Buch ähnlich wie die erste Edition¸ nur die Spielleiter-Sektion ist nun weiter hinten im Buch zu finden. Gab ja auch keinen Grund¸ da großartige Neugestaltungen zu machen.
Fazit:
Das Grundbuch ist für Neueinsteiger in die Earthdawn-Welt -logischerweise- ein Must-Buy. Sie bekommen hier alles¸ um gleich in die Welt eintauchen zu können.
Alte Hasen bekommen ebenfalls durch die vielen kleinen¸ aber feinen Regeländerungen und die Disziplinänderungen genügend Gründe¸ um sich das Buch anzuschaffen. Auch wenn ihnen sehr vieles bereits bekannt sein dürfte¸ sind die Änderungen doch Grund genug¸ sich dieses Buch zu kaufen.
Eine Rezension von: Lars Heitmann