Die Rote Hand des Unheils (3e)
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Das universelle Rollenspiel-Fanzine Greifenklaue wurde bereits 1997 von Mitgliedern der Pfadfindergruppe Mantikore als gedrucktes A4-Heft ins Leben gerufen und eroberte ab 2005 auch das Internet. Neben dem gedruckten Fanzine betrieb Ingo aka "Greifenklaue" vor allem einen Blog, einen Podcast und ein eigenes Forum. Zur großen Bestürzung der Rollenspiel-Szene verstarb Ingo Schulze am Freitag den 26.11.2021. |
Die rote Hand des Unheils ist eine Abenteuerkampagne für DnD in der Version 3.5 aus der Feder von Richard Baker und James Jacobs, welche eine Handvoll Recken von der 5. Stufe in die 10. führen soll. Das 144-seitige Hardcover ist zum Preis von knapp unter 30 Euro bei Feder & Schwert erschienen und ist das letzte Produkt für DnD 3.5 aus diesem Hause – mit Version 4 geht es bekanntlich weiter. Als Beilage gibt es eine doppelseitige Battlemap im Format etwas kleiner als A1. Grundintention der Kampagne ist es, eine mächtige Kriegshorde, die auf die Stadt Brindol zieht und das Elsirtal beherrschen will, aufzuhalten. Allerdings nicht, indem man sich ihr entgegenstellt - was vermutlich auch kein Held der 20. Stufe überleben würde - sondern indem man ihr immer wieder nadelstichartig Verletzungen an entscheidenen Stellen zufügt und Kommandoaktionen durchführt, um den menschlichen Verteidigern zum Schluss den kleinen Vorteil zu verschaffen, um die gegnerische Armee schlagen zu können.
Das Abenteuer beginnt mit einem Überfall von Plünderern nahe dem Örtchen Drellins Fähre. Doch während die Hobgoblins unter den Schwertern der Recken fallen, erfahren die Spielercharaktere dort, dass es in letzter Zeit immer wieder Probleme mit den Kreaturen des nahen Hexenwaldes gibt. Schnell ist man sich im Dorf einig, die Helden dorthin auszuschicken, um das Problem einzudämmen. Doch die Helden stoßen in den Ruinen der Feste Vrath auf Pläne für einen viel größeren Kriegszug: In den Wyrmrauchbergen sammeln sich Truppen allerlei Rassen, um gegen das Elsirtal zu ziehen und Brindol niederzureißen. Allerdings wäre es möglich, die Schädelschluchtbrücke zu zerstören. Damit würde man die Truppen zumindest lange genug aufhalten können, um die Bewohner von Drellins Fähre zu warnen und zu evakuieren.
Dies ist jedoch erst der erste Nadelstich, welchen die Helden der Armee um Wyrmfürst Azarr Kul, dem Sohn des Drachen, zufügen können. Insgesamt umfasst das Abenteuer fünf Kapitel. Während sich das erste um die Rettung der Bürger von Drellins Fähre dreht und das kurzzeitige Aufhalten der Armee im Mittelpunkt steht, gilt es im zweiten Teil ein mögliches Bündnis mit den Elfen, die in den Schwarzmarschen leben, zu schmieden. In der Feste gibt es nämlich Hinweise, dass dort gräuselige Geschöpfe gezüchtet werden, die den Kriegszug stärken sollen. Beim dritten Kapitel geht es dann darum, der feindlichen Armee einen unfreiwillig Verbündeten abspenstig zu machen, während das vierte Kapitel die Schlacht um Brindol beschreibt. Als Finale gilt es dann, die Gefahr eines weiteren Kriegszuges längerfristig zu bannen, indem man den Hintermännern einen entscheidenen Schlag zufügt.
Der Aufbau des Abenteuers innerhalb der Kapitel ist dabei eher wie eine Werkzeugbox angelegt. Einige Kampfbegegnungen können wiederholt eingesetzt werden, andere fallen weg, weil die notwendigen Bedingungen nicht eintreten. Dabei geht das Abenteuer grundsätzlich auch weiter, sollte man mal einen Kampf verlieren, aber überleben. Erst im vierten Kapitel, bei der Schlacht um Brindol, zeigt sich, ob die Helden genug bewirken konnten. Regeltechnisch wird das durch Siegpunkte geregelt, welche die Helden sammeln können. Beispielsweise bringt das Zerstören einer Straßensperre einen Siegpunkt, einen der Anführer zu töten zwischen zwei und acht Siegpunkten oder das Schmieden eines Bündnissen mit den Elfen fünf Siegpunkte. Sollten die Helden mehr als 40 solcher Punkte im Verlaufe des Abenteuers sammeln können, dann haben die Charaktere der Armee genug entscheidene Nadelstiche versetzt, damit die Verteidiger von Brindol erfolgreich sein können.
Am Ende eines jeden Kapitels gibt es immer eine Schlüsselinformation zu entdecken, die zum nächsten Kapitel führt – natürlich können sich die Charaktere auch anders entscheiden. Dazu gibt es auch einige Tipps, wie es überhaupt an einigen Stellen hervorgehobene Anmerkungen beider Autoren gibt, wie eine Begegnung gedacht ist oder wie man etwas handhaben könnte. Naturgemäß bietet das Abenteuer viele Kampfbegegnungen, aber auch einiges an anderweitiger Interaktion: Verbündete wollen gefunden, potentielle Auftraggeber von der Kompetenz der Helden überzeugt und im Rat Pläne geschmiedet werden. Das Örtchen Drellins Fähre ist liebevoll und recht detailliert beschrieben, damit die Helden auch die lieb gewinnen können, die sie bald retten müssen. Das Tal allgemein ist auch grob beschrieben, um zumindest eine generelle Idee davon zu geben, wie man die Gegend ausgestalten könnte, wenn die Charaktere an einen Ort wollen, der in den Kapiteln nicht beschrieben ist.
Die Kampfbegegnungen sind üblicherweise immer mit den Taktiken der Gegner ausgestattet, erwähnen besondere geografische Merkmale und sind oft ganz abwechslungsreich gestaltet. An magischen Gegenständen gibt es einiges und ungewöhnlich viel zu finden, dafür sind viele Begegnungen auch bewusst hart geworden.
Die Battlemap zeigt ganzseitig eine Dorf- oder Stadtstraße mit Häusern zu beiden Seiten, die Rückseite jeweils halbseitig das Innere eines Tempel sowie einen Waldweg mit angrenzender Hütte. Zumindest Waldweg und Dorfstraße sind recht generisch gehalten und können so auch anderweitig Verwendung finden.
Optisch zeigt das gelungene Cover von David Hudnut ein Grüppchen Helden, welches von der Horde umringt wird, während sich im Rücken ein Drache nähert. Innen sind die Bilder recht bunt und poppig, nur die Kapitelanfänge in Braunockertönen wissen zu überzeugen.
Fazit: Wer eine Kriegskampagne spielen will, bekommt hier ein gelungenes Abenteuer an die Hand, welches nicht nur gute Kampfbegegnung bietet, sondern auch einige gute Ideen zu anderen Interaktionen hat.
Eine Rezension von: Ingo 'Greifenklaue' Schulze https://greifenklaue.wordpress.com/