Donnerwacht Kampagnenband (VA49) (5e)
Rezension: Die Donnerwacht-Kampagne - Einmal Elfenmysterium zum Mitnehmen
2019-08-04
Wer regelmäßig Das Schwarze Auge (DSA) spielt, kennt das Problem: Irgendwann sind die eigenen Ideen für Abenteuer mal aufgebraucht, oder die Frage kommt auf, was eigentlich im offiziellen Aventurien mit seiner lebendigen Geschichte passiert. Da sind Kaufabenteuer eine Möglichkeit, eine oder gar beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Wer dabei nicht von einem Einsatz zum anderen teils über den halben Kontinent reisen will, kann auch auf zusammenhängende Abenteuer - Kampagnen genannt - zurückgreifen.
Für die fünfte Edition ist die Theaterritter-Kampagne sicher vielen Spielen ein Begriff. Die umfasst allerdings sechs Bände, die Gruppen leicht mehrere Monate in Beschlag nehmen können. Deutlich kürzer fällt da die Donnerwacht-Reihe mit zwei Bänden aus. Ob sich ein Kauf lohnt, lest ihr jetzt.
Donnerwacht Kampagne
Bände: Zeichen der Macht und Bündnis der Macht
Umfang: jeweils 66 Seiten
Preis: gedruckt je 14,95 Euro, als eBooks 7,99 Euro
Cover und Illus
Das erste Buch ziert eine Harpyie, die auf einem Felsen sitzt. Im Hintergrund sind weitere Harpyien undeutlich zu erkennen. Vorne befinden sich zwei der ikonischen Charaktere für DSA. Harpyien spielen in der Kampagne eine wichtige Rolle, daher passt das Bild gut zum Inhalt. Warum die zentrale Harpyie allerdings lila Haut besitzt, erschließt sich mir nicht so ganz. Zumal die Wesen sonst in der Kampagne mit einer weißen Hautfarbe auftreten.
Der zweite Band zeigt wiederum eine menschliche Magierin - bekannt aus dem ersten Teil der Kampagne -, die eine große Gestalt herbeiruft. Da dieses Cover direkt den Inhalt spoilert, sollte es den Spielern erst nach Eintritt des Ereignisses gezeigt werden.
Innen sind wie gewohnt zahlreiche Bilder in Vollfarben zu finden. Die sind auf dem hohen Niveau der fünften Edition. Neben Stimmungsmachern sind Porträts aller wichtigen Figuren, eine etwas zu viele unwichtige Gebiete umfassende Karte und Übersichtspläne zumindest fast aller wichtigen Orte enthalten. Während ich das Fehlen eines Plans des Lagers des Drahtziehers verschmerzen kann - der Aufbau ist nicht so komplex -, finde ich das Fehlen eines Stadtplans von Lowangen schade. Immerhin spielt dort ein guter Teil des ersten Buchs.
Wegen eines fehlenden Stadtplans gibt es 4 Sterne.
Aufbau
Die Inhaltsverzeichnisse fallen mit je einem kurzen Absatz sehr knapp aus und umfassen nur die Kapitel-Überschriften. Neben Einleitung und Anhang sind das je drei einzelne Kapitel. Die Lesezeichen im eBook verweisen auch auf einzelne Abschnitte innerhalb der Kapitel. Aber nicht deren Unterteilungen. Und die Abschnitte können teils lang sein. So umfasst der Teil, der in Lowangen spielt, etwa zwölfeinhalb Seiten.
Was ebenfalls etwas der Übersichtlichkeit gegenübersteht, ist die Verteilung einiger Informationen. Während Lösungen für Rätsel dort stehen, wo sie erwartet werden, sind die Nichtspielercharaktere in beiden Bändern jeweils verstreut im Innenteil. Das ist, gerade wegen der begrenzten Übersicht, beim Nachschlagen etwas ärgerlich.
Immerhin finden sich die meisten Zauber oder Liturgien, die noch nicht im Grundregelwerk vorkommen und eine Rolle spielen, in den jeweiligen Anhängen. Aber auch hier gibt es vereinzelt Ausnahmen. Handouts enthalten dafür die wichtigen Quellen und ähnliches, um für die Spieler kopiert zu werden.
Trotz der verbesserungswürdigen Übersicht reicht es noch für 4 Sterne.
Donnerwacht I: Zeichen der Macht
Im ersten Buch reisen die Helden in die Donnermark. Das ist ein fast winzig kleiner Landstrich, den Ritter vor wenigen Jahren von den Orks erobert haben. Es gibt verschiedene Ansätze, warum die Helden in diese abgelegene Gegend südlich von Lowangen kommen. Vom Schutz eines Händlers über die Begleitung von Pilgern in ein örtliches Kloster bis zu warnenden Träumen reicht die Palette. Vor Ort wird die Gruppe gebeten, nach verschwundenen Siedlern zu suchen.
Dabei geraten die Helden in einen Streit zwischen Harpyien - Mischwesen aus Vögeln und Frauen - und den Orks. Beide Seiten haben es auf ein uraltes Mysterium aus der Zeit der Hochelfen abgesehen, wobei die Harpyien eine alte Verbindung dazu besitzen. Die Gruppe reist nach Lowangen, um dort in den Bibliotheken der Stadt Informationen zu sammeln. Sobald sie genug davon haben, geht es zum Ort des Bündnisses. Dort wird das Bündnis aktiviert und die Schwarzpelze in einem Kampf zurückgeschlagen.
Der Plot an sich ist grundsolide und spielt in einer Gegend, die mit Abenteuern nach meinem Wissen nicht ganz so oft versorgt wird: das Svelltland. Allerdings gibt es ein paar Stolpersteine. Da ist zum einen die Tatsache, dass viele Entscheidungen der Spieler vorausgesetzt werden. Dazu zählt die Zusammenarbeit mit den Harpyien. Zwar gibt es ein paar Tipps, wie die Helden dazu bewegt werden können, eine vorgesehene Entscheidung zu treffen. Für den Fall, dass die Gruppe aber einen anderen Ansatz verfolgt, geben die Autoren dem Meister leider keine Ideen mit. So besteht nicht wirklich eine Wahl, ob die Helden für eine Seite arbeiten wollen. Dafür können Situationen mit Vorschlägen leichter oder schwerer gestaltet werden.
Auch der Ausgang der Abenteuers kann von den Helden nur zu einem kleinen Teil beeinflusst werden. Schaffen sie es schneller ans Ziel, haben sie es im letzten Gefecht mit weniger Gegnern zu tun.
Einige wichtige Proben wirken für ein Einsteiger-Abenteuer - als Erfahrungsgrad wird erfahren oder kompetent empfohlen - etwas zu schwer. Schlösser knacken -3 um eine wichtige Tür zu öffnen ist so ein Beispiel. Zumal das Talent sonst auch keine große Rolle spielt. Zwar werden auch andere Lösungsansätze erwähnt, aber nicht viele. Und die besitzt vermutlich nicht jede Gruppe. Solche Stellen können im schlimmsten Fall zum vorzeitigen Abbruch führen.
Besonders in Lowangen fällt auf, dass die Schauplätze fast nur zur Informationsbeschaffung abgeklappert werden. So gibt es keinen Stadtplan und nur die nötigste Beschreibung der Stadt. Zwar existieren auch ein paar optionale Szenen zum Einbauen, doch die sind recht beliebig. Sie könnten genau so fast in jeder anderen Stadt Aventuriens spielen.
Der geradlinige Aufbau ohne Platz für eigene Entscheidungen lässt noch 3 Sterne übrig.
Donnerwacht II: Bündnis der Wacht
Nach dem ersten Teil ist, wenn wie vorgeschrieben gespielt wird, etwa ein Jahr vergangen. Eine Vision bringt die Mitglieder des Bündnisses dazu, zusammen zu kommen. Dabei erfahren sie, dass eins davon von den Orks entführt wurde. Und nun das Bündnis manipulieren soll, damit der Drahtzieher im Hintergrund seine fiesen Pläne umsetzen kann. Die Helden machen sich daher auf, das Vorhaben zu vereiteln. Und werden im Endkampf mit einer wahrhaft großen Bedrohung konfrontiert.
Während der erste Band noch sehr geradlinig funktioniert, gibt es im zweiten Teil freiere Ansätze. Für den Verlauf kann der Meister verschiedene Szenen einsetzen, je nachdem, was die Helden tun. Dabei haben deren Erfolge und Misserfolge Auswirkungen auf das Finale. Das fällt leichter oder schwerer aus. Allerdings ist nur ein mögliches Finale vorgesehen. Alternative Enden liegen nicht vor.
Der Schwierigkeitsgrad des Abenteuers ist ein gutes Stück gegenüber dem ersten Band angestiegen. Absolventen des ersten Buchs sollten daher vorher erst einige weitere Abenteuer absolvieren. Besonders im Bereich Natur und Kampf werden Kompetenzen benötigt. Immerhin verfolgen zwei besonders gefährliche Jagdtrupps der Orks die Bündnisträger, darunter vermutlich auch Helden. Zudem muss erst ein unzugängliches Gebirge überwunden werden, bevor es im Orkland zu den entscheidenden Szenen kommen kann.
Der freiere Aufbau tut dem Abenteuer gut. Eine richtige Sandbox wird aber nicht daraus. Dazu gibt es nichts abseits der Haupthandlung zu entdecken oder zu tun. Außerdem haben die Autoren zwar verschiedene Vorgehensweisen der Helden berücksichtigt. Meine Spieler haben beim Spielen aber gleich eine angewandt, die nicht beschrieben wird. Das kann unerfahrene Meister vor Probleme stellen.
Gleichzeitig fällt auf, dass die Entscheidungen der Helden und ihre Erfolge zwar wichtig sind. Sie modifizieren aber nur das Finale und Details des Wegs dahin etwas. Einige Szenen sind am Ende unabhängig von den vorherigen Heldenerfolgen vorgegeben. Zudem gibt es widersprüchliche Angaben, wie viele Diener der Drahtzieher je nach Heldenerfolg tatsächlich zusätzlich ins Feld führen kann. Dafür besitzt die Geschichte eine schöne Epik.
Wieder gebe ich 3 Sterne.
Fazit
Wer die Donnerwacht-Kampagne spielt, um mehr über hochelfische Mysterien herauszufinden, dürfte leicht enttäuscht werden. Denn dafür, dass hier mit einem alten Elfenbündnis das zentrale Abenteuermotiv gegeben ist, spielen Elfen und ihre Vorfahren nur eine begrenzte Rolle.
Gerade im ersten Teil dienen die Schauplätze nur dazu, etwas zu erledigen und dann weiter zu ziehen. Besonders im Fall von Lowangen ist das schade. Hier muss ein Meister, der gern Lokalflair unterbringt, noch einige Arbeit investieren. Vereinzelte Probenerschwernisse können zudem, wenn auch nur unter bestimmten Umständen, zu einem vorzeitigen Abbruch des Abenteuers führen.
Der offenere Aufbau tut der Kampagne im zweiten Teil gut. Allerdings ist der Schwierigkeitsgrad gerade angesichts der Kämpfe stellenweise ordentlich. Helden sollten mindestens den oberen, empfohlenen Erfahrungsgrad kompetent aufweisen, wenn sie eine Chance haben wollen. Zudem werden Wildniskundige und gute Kämpfer hier besonders wichtig. Die teils epische Geschichte kann einige Schwächen wie automatisch vorgesehene Szenen im Finale negieren.
Für Freunde eher gradliniger Abenteuer, die mal in einer seltener genutzten Region unterwegs sein wollen, ist die Kampagne einen Blick wert.
Die Wertung steht bei 14 von 20 Sternen.
Fantasy-Kritik beim Sternenwanderer
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