Diablo II: Abenteuerspiel
Mann-oh-mann! Was ist da alles drin¸ das ist ja schwer !?" war mein erster Gedanke¸ als ich das Paket in die Hand nahm. Die dünne Folie ist schnell zerrissen und der stabile Deckel rasch gelüftet. Die Verpackung¸ die von den Ausmaßen her ungefähr einem PC-Spiel entspricht (nur doppelt so hoch)¸ wurde randvoll mit Tableaus¸ Heften und Würfeln gefüllt.
Soso¸ das ist also das neue Brettspielchen... nach einem ersten Blick (auf dem FeenCon) war ich eigentlich eher enttäuscht gewesen¸ weil ich mir statt eines Brettspiels ein Diablo-Rollenspiel auf D&D-Basis erhofft hatte. Die Vorstellung erinnerte mich dann aber doch eher an das gute alte HeroQuest-Brettspiel¸ daß zwar auch viel Spaß gemacht hat¸ aber nur am Rande Rollenspiel-Elemente beinhaltete.
Die Raumelemente
Jetzt wo ich den ganzen Inhalt der Box vor mir liegen habe... alle Achtung! Da sind ein Haufen Raumböden-Elemente und Spielsteine¸ die man leicht aus den sehr stabilen Papp-Tableaus herausstanzen kann. Nachdem man die Elemente losgeöst hat¸ verringert sich das Gewicht der Box schon erheblich¸ entspricht aber immer noch viel Material. Ich habe mal zum Spaß alle Raum-Elemente zu einer Fläche zusammengelegt und kam auf 70 x 65 cm! Angesichts der Tatsache¸ daß die Elemente in der Regel keine geschlossen Fläche bilden¸ kann man sich leicht vorstellen¸ welche Riesenlabyrinthe sich mit einem Set basteln lassen.
Es gibt einige wenige große Hallen¸ viele Gänge und auch viele mittlere und kleine Räume. Jedes Element ist beidseitig unterschiedlich bedruckt¸ d.h. man hat dadurch die Auswahl mal eben verdoppelt. Die Räume sind sehr detailliert gestaltet¸ wirklich schön gemacht.
Jedes Element hat mindestens einen Zugang¸ meist jedoch mehrere. Einer dieser Zugänge ist hell erleuchtet. Dies ist (sofern der Spielleiter nichts anderes entscheidet) der Zugang durch den die Charaktere diesen Raum betreten. Im Spiel wird bei erreichen einer Tür der neue Raum entsprechend angelegt.
Die Spielsteine
Im Gegensatz zu den Raumelementen¸ hat man bei den Spielsteinen wenig Wert auf Details gelegt. Statt schöner Monster¸ wie z.B. bei Diskwars¸ bekommt man nur schnöde Schattenrisse. Selbst die Plättchen¸ die inkl. Aufsteller als Spielfiguren herhalten müssen¸ wurden ziemlich grausig umgesetzt... Warum? Die Farben waren da - an den Kosten kann es kaum gelegen haben. Da hat schlicht der Designer gepennt.
Ausführliche Informationen zu den Monstern findet man auf den beiliegenden 12 Seiten mit Monster-Beschreibungen. Wer schon mal ein (A)D&D-Monster-Handbuch gesehen hat¸ hat in etwa eine Vorstellung zum Aufbau der Informationen.
Wie die Raumelemente¸ haben auch die Spielsteine zwei Seiten¸ wobei die Rückseite die Figur durchgestrichen zeigt. Besiegte Monster werden damit einfach umgedreht¸ und nach dem Kampf gewertet.
So¸ und nu? - Die Regeln!
Bis jetzt mutet das ganze wie ein stinknormales Fantasy-Brettspiel an. Widmet man sich der 'Anleitung' die hier mit "Die Regeln" betitelt wurde¸ so geht einem schnell ein Licht auf¸ daß die Chance zur Werbung neuer Rollenspieler nicht vergeudet wurde. Das Regelheft mutet wir eine Einsteiger-Version der D&D-Regeln an¸ inkl. aller Erklärungen die man von so einer Publikation erwartet.
Durch die Regeln entpuppen sich die ganzen Raumelemente und Spielsteine recht schnell als reine Visualisierung dessen¸ was bei einem erfahrenen Rollenspieler bereits nach kurzer Beschreibung im Kopf entsteht: ein Bild der Umgebung. Bei der Einweisung wurde wirklich gute Arbeit geleistet. Zwar wird jemand der eine simple Brettspielanleitung erwartet hat¸ große Augen machen¸ aber mit ein wenig Mühe sollte auch ein absoluter Neuling den Zugang finden - zumal er ja bereits von der Computerversion etwas vorbereitet ins rennen geht.
Auf den hinteren Reihen findet man dann auch allerlei Tabellen. Sowohl Zufallstabellen¸ als auch Preislisten und Tabellen zur Gegenstände-Generierung a la Diablo II. Zwar zeigt die Liste vorwiegend Waffen und Magische Nettigkeiten - der Spielleiter wird aber ausdrücklich dazu motiviert den Spielern auch anderes Material zugänglich zu machen¸ sofern es eine sinnvolle Ergänzung der Ausrüstung darstellt (Beispiel Farbe) und zum mittelalterlichen Flair paßt.
Fast schon 'putzig' ist die bereits häufig diskutierte 'Abspeichern'-Funktion. Der Spielleiter malt dabei den aktuelle Raumplan auf ein Blatt kariertes Papier¸ damit man am nächsten Spielabend die Runde fortsetzen kann.
Die wichtigsten Informationen findet man noch einmal in konzentrierter Form als SL-Schirm (doppelseitig A4).
Auf ins Abenteuer!
Man kann schon ein wenig neidvoll auf die farbige Gestaltung der Hefte blicken - vor allem beim Abenteuerheft ist dies ein gewaltiger Vorteil¸ denn die Raumpläne lassen sich dadurch sehr gut erkennen.
Die Abenteurer starten in dem oberirdischen Dorf Warstruck¸ das auch in den Regeln kurz angesprochen wird. Dort können sie sich mit Ausrüstung eindecken oder Fundstücke verkaufen. Insgesamt 7 Abenteuer warten in den Dungeons in der Umgebung des Dorfes und begleiten die Charaktere mit leichten Aufgaben von der ersten Stufe¸ bis zu recht heftigen Gemetzeln auf höheren Graden. Analog dazu ist auch das Abenteuer-Heft aufgebaut: anfangs wird noch einmal vieles zu den Regeln und dem Handling des Spiels erklärt¸ später reduzieren sich diese Hilfen dann stetig. Das letzte Abenteuer besteht dann auch nur noch aus Raumbeschreibungen und elementaren Hinweisen.
Du bist nicht allein!
Wie in einem richtigen Rollenspiel - oder meinetwegen auch in einer Netzwerkrunde - muß der Held bei Diablo II nicht alleine gegen die Monsterhorden ins Felde ziehen.
Zur Auswahl stehen (wie im Computer-Spiel) der Barbar¸ der Paladin¸ die Amazone¸ die Magierin und der Totenbeschwörer. Alle finden sich als farbige Illustration auf den Tabellenschirm wieder ABER auch auf den relativ umfangreichen farbigen Charakterblättern.
Es wäre allerdings eine kurzfristige Angelegenheit¸ wenn man die Original-Bögen zum Spielen verwenden würde. Selbst wenn man das gerne tun will¸ rate ich dennoch dazu¸ vorher Kopien anzufertigen.
Die Charakterblätter haben eine Vielzahl fester Werte¸ aber auch eine Reihe Slots (engl. Schächte) in die man gesteigerte Werte eintragen kann. Das PC-Spiel D2 brachte eine ganze Menge Fertigkeiten¸ und eine Auswahl davon wurde auch für das Abenteuerspiel übernommen.
Technisches
Wie schon oft erwähnt ist fast der komplette Inhalt der Box farbig! Das macht vor allem bei den Raumelementen¸ aber auch bei den Heften (Regeln+Abenteuer) und Charakterblättern einen sehr guten Eindruck. Leider konnte ich mich aufgrund der einfachen Gestaltung der Spielsteine nicht dazu überwinden die volle Wertung bei der Aufmachung zu geben¸ die der Rest des Materials locker verdient hätte.
Die Texte sind der Zielgruppe (PC-Begeisterte) entsprechend geschrieben und sehr vorbildlich¸ meine Hochachtung. Auch hier wurde die durchgehend verfügbare Druckfarbe häufig zur besseren Trennung der Texte verwendet¸ was die Lesequalität steigert. Das I-Tüpfelchen ist der kleine Waschzettel mit der Anleitung zum richtigen Vorgehen¸ den man bei Konkurrenzprodukten oft vermißt. Kleine Geste¸ große Wirkung.
Wem¸ Was ¸ Wieviel ?
Der Nutzen dieser Box variiert je nach Käufer. Diablo-Fans die vom PC neugierig geworden¸ übergewandert sind¸ werden mit dem Inhalt schnell zurechtkommen und vielleicht an dieser visuellen Art des Rollenspiels viel Spaß finden. Eingesessene Rollenspieler¸ bekommen zumindest mit den Raumelementen ein Werkzeug¸ Leute vorsichtig an die Thematik Rollenspiel heranzuführen¸ die bislang an der Phantasie-Hürde scheiterten. Zu guter letzt wird es eine Menge Leute geben¸ die einfach schon immer gerne Brettspiele mit Fantasy-Einschlag gespielt haben und sich auch bei diesem Paket wohl fühlen werden.
Fazit:
Bis auf das Design der Spielsteine eine durchaus gelungene Kompilation¸ die eine Menge fürs Geld liefert. Insgesamt wurde eine günstige Gelegenheit sehr gut genutzt¸ PC-Begeisterte auf unser Hobby aufmerksam zu machen. Bleibt zu hoffen¸ daß dies vielfach gelingt und den lange herbeigesehnten "Nachwuchs" motiviert.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de