In Labyrinthen - Dunkle Pfade im Osten
Endlich liefert Pegasus Press der Cthulhu-Gemeinde neue Abenteuer: "In Labyrinthen" enthält vier kritische Übersetzungen alter Klassiker¸ plus einem Neuling. Der Preis für den Band ist mit rund dreißig DM mehr als konkurrenzfähig. Lohnt sich der Kauf also? Überzeugt das Ganze auch inhaltlich? Um es kurz zu machen: Ja.
Natürlich gehe ich trotzdem genauer auf den Inhalt ein. Der Band fasst insgesamt 112 Seiten.
In der Einführung werden die Abenteuer mit knappen Klappentexten vorgestellt. Alle Abenteuer spielen im Nordosten Amerikas¸ in den Zwanzigern. Man bezieht sich also auf die vorhergegangene Veröffentlichung: "Amerika - In Städten und Wäldern". Aber auch¸ wenn die beiden gutzusammenpassen und zusammen viel Atmosphäre und Tiefe ins Rollenspiel bringen können¸ sind die Szenarien nicht direkt mit "Amerika" verknüpft.
Auf die Einführung folgt ein sechsseitiger Aufsatz über Schamanismus bei nordamerikanischen Indianern. Ich finde ihn interessant¸ aber auf den ersten Blick wirkt er unpassend wie ein lustiger Hut. Hätte sowas nicht in "Amerika" gehört? Oder auf die Website? Die Schilderungen wirken¸ wie versprochen¸ unglaublich. Schamanen und heilige Männer lösen Tornados aus¸ verteiben Geister und machen Seelenreisen. Das liest sich sehr unterhaltsam¸ zumal der Bezug zum Cthulhu-Rollenspiel nahe liegt. Und auf den zweiten Blick lässt sich zumindest zu dem neuen Szenario in diesem Buch (s.u.) ein klarer Bezug herstellen. Das geht in Ordnung.
Warum die vier folgenden Seiten offiziell zum selben Kapitel gehören¸ weiß man wohl nur bei Pegasus. Hier gibt es nämlich Ratschläge für Spielleiter¸ wie man eine Geschichte zusammen mit den Spielern erzählt¸ und dabei Atmosphäre aufbaut. Grundsätzlich bin ich von dem Artikel sehr angetan¸ besonders für (Cthulhu-)Neulinge ist er sehr gut geeignet. Klugerweise gibt es Beispiele¸ die sich gleich aufs erste Szenario beziehen. Aber Wolfgang Schiemichen trägt für meinen Geschmack etwas zu dick auf. Angeblich sagt man als guter Cthulhu-Spielleiter Sätze wie: "Einzig einige hell erleuchtete Fenster im oberen Stock strahlen gleich vereinzelten einsamen Sternen in die Nacht hinaus und tauchen den Weg und die sich am Rand entlangziehenden wuchernden Büsche in blaß-gelbliches Licht¸ welches nichts erhellt und die Schatten nur um so tiefer werden läßt." Das liest sich toll¸ aber als Neuling wird man von sowas doch nur verunsichert. Warum nicht etwas näher an wörtlicher Rede?
Zu den Szenarien (ein Klick auf 'mehr' öffnet ein Javascript-Fenster):
"Das Nest" (im Original "The Warren") ist ein Klassiker¸ aber im Original soll es schlecht ausgeführt sein. Wie schon erwähnt hat sich (vor allem) Wolfgang Schiemichen allerdings die Mühe gemacht¸ die Abenteuer kritisch zu übersetzen¸ also nachzubearbeiten¸ was ihm nicht gefallen hat. Für den Spielleiter ist "Das Nest" immer noch eine Herausforderung¸ aber eine¸ die sich in Kombination mit den Kommentaren und Tipps prima bewältigen lässt.
[ich bin SL!]
"Der Fall" (im Original "The Case") verwurstet die berühmte Geschichte... [ich bin SL!]
"Das entsetzlich einsam gelegene Haus im Wald" ist der programmatische Titel des neuen Abenteuers. Es geht um... [ich bin SL!]
"Autonarren" ("Furious Driving") ist ein schnelles Abenteuer¸ im wahrsten Sinne des Wortes. [ich bin SL!]
"Der Gott im Labyrinth" ("The Pale God") bezieht sich direkt auf ... [ich bin SL!]
Die Handouts finden sich gesammelt auf dreißig Seiten am Ende des Bandes und sind ein Highlight für sich: Die hier zu findenden Mythostexte schaffen Verbindungen zwischen den Abenteuern und geben damit dem Spielleiter die Möglichkeit¸ eine Art Kampagne für die Gruppe zu schaffen. Inhaltlich sind die Texte von eben der Qualität¸ die auch bei der Ausgabe von Laurin so oft gerühmt wurde. Das liegt daran¸ das derselbe Autor dahintersteckt. Alles sieht auch schön aus¸ mich stört nur¸ dass sich keiner die Mühe gemacht hat¸ handschriftlich gedachte Handouts mit der Hand zu schreiben. Statt dessen gibt es irgendwelche Computertypen.
Fazit:
Solang man nicht schon einen Großteil der Abenteuer aus früheren Zeiten kennt¸ kann man hier unbedarft zugreifen. Das Preis-Leistungsverhältnis ist besser als das von Chaosium¸ und die Abenteuer sind besser als ihre Originale (soweit ich das beurteilen kann¸ ich kenne nicht alle). Alle Abenteuer spielen zwar irgendwie "In Labyrinthen"¸ unterscheiden sich aber noch genug voneinander¸ um in Reihenfolge nicht gleich langweilig zu werden. Und prägt Euch das Cover genau ein: Sonst findet ihr's im Laden nicht wieder¸ weil ihr den Titel nicht lesen könnt. Auch wenn es schön aussieht.
Eine Rezension von: Jan Bojaryn