Horror im Orient Express 4: Balkan/Konstantinopel
HORROR ON THE ORIENT EXPRESS
BOOK IV: CONSTANTINOPLE & CONSEQUENCES (KAMPAGNE)
AUTOR
Richard Watts - Repossession, 12 Seiten Geoff Gillian - By the Skin of the Teeth, 23 Seiten Geoff Gillian - Blue Train, Black Night, 20 Seiten Geoff Gillian - The Fog Lifts, 5 Seiten
VERÖFFENTLICHUNG
1st Edition (Box Set) Band 4: Constantinople & Consequences, 62 Seiten Chaosium, 1991 Horror im Orient-Express Band 4: Über den Balkan nach Konstantinopel, 162 Seiten, dt. Verlag, 2004/2005 2nd Edition (Box Set) Book 4: Constantinople And Consequences, 192 SeitenChaosium, 2014
ZUSATZSZENARIEN 2nd EditionThe Simulacrum Unbound (Band 4, Istanbul - Modern)
ÄNDERUNGSVORSCHLÄGE
Ein Problem dieser Kampagne ist ihr irreführender Titel. Es gibt eigentlich keinen Horror, der sich im Orient Express abspielen würde. Man hätte den Titel der Kampagne vielleicht besser dem Kleinen Hobbit entlehnen und das Ganze 'There And Back Again.' nennen sollen. Die vier dt. Bände bestehen zur Hälfte aus Zusatzmaterialen (auch viele zeitgenössische Fotos von Städten, Landschaften und Personen). Diese Regionalien werden sehr atmosphärisch dargestellt und geben dem SL viele Möglichkeiten an die Hand, um schöne Nebenhandlungen zu gestalten. Das ist ein echter Zugewinn, da die Zusatzinformationen nicht im Original enthalten sind. Viele Inhalte wirken sehr konstruiert und künstlich. Auch die Reihung der Szenarien und der extrem Kampf-betonte Plot wirken verkrampft und gezwungen; abmildern. Bsp.; "Forty Brothers wait in the darkness beyond [...] spring from hiding and seize the trespassers. They rise from behind stones on all sides; [...] it seems as if the dead have risen everywhere." Obwohl die Kampagne bislang bereits schon Kampf-betont war, schafft der 4. Band es dennoch sich in diesem Bereich absurd steigern zu können. Ähnlich wie in einem D&D Dungeon Brawl entsteht die Spannung in diesen Szenarien fast ausschliesslich über eine Konfrontationen mit teils ungewissem, teils vorgegebenem Ausgang. Jedes Mal, wenn man glaubt, dass dies jetzt der Endgegner war, wird noch eins drauf gesetzt; weniger wäre mehr. Verstümmelungen der Chars bringen nur Frust und schlechte Stimmung. Das heraus gerissene Auge ist nur ein Mechanismus, um den Plot voranzutreiben, indem dem Char Infos 'wie zufällig' zugespielt werden; weglassen. Die Auseinandersetzung mit dem rastlosen und getriebenen Grafen / Vampir hat ein Potential epischen Ausmasses. Allerdings wird ein Kampf 'with a +2d6 damage bonus and a STR of 32' sehr schnell zu vielen Ausfällen auf Seiten der Chars führen. In dieser Hinsicht ist es besser, auf die subtilen Fähigkeiten des Vampirs zu setzen. Haben die Chars das Paris-Szenario richtig interpretiert und sich vorbereitet, haben sie eine Chance zu bestehen. Der Kultist, der sich wieder und wieder und dann abermals und erneut eine fremde Haut überstreift, um die Chars zu täuschen oder sie in eine Falle zu locken, nervt; ändern.â" Der Plot ist ein Katz-und-Maus-Spiel mit den Chars, die nie auch nur den Ansatz einer Chance haben werden, die Katze sein zu können; wenn möglich, ändern. Der neue Anführer der Bruderschaft verfolgt einen Plan. Er tritt als Schaffner der ersten Klasse auf und beabsichtigt im Laufe der Fahrt weitere Mitglieder der Bruderschaft an Bord zu nehmen, die als weiteres Personal fungieren werden. Sinnvoller wäre es, den Kultisten unterschiedliche Persönlichkeiten annehmen zu lassen, in welche er von Mal zu Mal schlüpft; beispielsweise drei NSCs, die nie gleichzeitig am selben Ort anzutreffen sind, z.B. Speise- oder Salonwagen. Dies ist zwar etwas anstrengender für den SL, aber absolut lohnenswert. Die Chars haben schlussendlich die Wahl zw. Pest und Cholera. Behalten Sie das Artefakt, dann werden sie immer geschwächt sein, geben sie es aus der Hand, dann müssen sie ab sofort alle vier Tage das Ritual der Reinigung vollziehen. Die Ankunft des Avatars von Nyarlathotep wird den Chars vermutlich den Rest geben. Allein sein Erscheinen kostet sie 1W10/1W100. Die einzige Möglichkeit das Artefakt zu vernichten, besteht darin, die einzelnen Stücke gegen den Hautlosen zu verwenden und den Gott damit zu bewerfen. Die Kampagne bricht mit zwei absoluten NO GOs des Rollenspiels - FREMDBESTIMMUNG und WILLKÜR. Lediglich der Plot (nicht die Spieler) bestimmt was geschieht - d.h. es kommt zu Gefangennahme, Verstümmelung oder Tötung der Chars. Die Chars werden entmündigt und zum Spielball des Plots (zumeist sind sie die Opfer, mal auch blosse Statisten) und sie haben keinerlei Möglichkeiten (weder auf der Meta-Ebene noch auf der Charakter-Ebene) ihr Schicksal abzuwenden. Gegen diese ungeschriebenen Regeln verstösst der Plot wiederholt und überschreitet damit eine dicke, rote Linie. So etwas bringt nur böses Blut in die Gruppe.
KREATUREN
Vampir, Skin Beast, Flesh Creeper, Apparition, The Skinless One
HANDOUTS
Sofia: 0 - Konstantinopel: 2 - Quer durch Europa: 0 - London: 0
STIMMIGKEIT
Bedauerlich ist, dass der Ausgang vieler Szenarien im Vorhinein bereits festgeschrieben wurde. Die Chars geraten, zumeist schuldlos, in Situationen, die sie weder beeinflussen, noch deren Ausgang sie (mit)bestimmen können. Entweder ist diese Situation schier verloren und ausweglos oder die Chars tappen im Dunklen und wissen nicht, wie es weiter gehen könnte. Aber es geht weiter, denn... 'Immer wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.' So ein Deus ex Machina (lat. der Gott aus der Maschine) nervt, denn er präsentiert, völlig unmotiviert, die plötzliche Lösung eines Problems oder eines Konflikts, der gar nicht erst hätte entstehen müssen. Dieser Ausweg kann ein zufälliges Ereignis, ein bislang unsichtbarer Fluchtweg oder hilfreiche Personen sein. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Die Handlungsmöglichkeiten der Chars sind dünn, verdammt dünn. Oft wirkt der Ausgang der Szenarien monoton und fantasielos, da keinerlei alternative Enden aufgezeigt werden. Selbst Erfolge fühlen sich wie Niederlagen an. Das ist langweilig und immer wieder gleich. Häufig sind die Chars entweder Opfer oder Statisten. Das lässt beim SL und den Spielern einen recht schalen Beigeschmack zurück. Hier hätten ein paar Ideen wirklich gut getan. Die Bruderschaft der Haut besitzt eine mächtige wie abstossende Form der Magie zur Hautformung und Organverpflanzung, sowie zur Erschaffung von Hautkreaturen. Dies trägt eine gehörige Portion von Abscheu und Ekel in die Kampagne, besonders dann, wenn es bildhaft durch den SL beschrieben wird. Jedes Teilstück des Artefakts hat einen negativen Einfluss auf seinen Besitzer - es senkt die Werte Luck, Idea und Know um jeweils 5%. Die Bruderschaft hat Konstantinopel unter Kontrolle. Sie haben viele Handlanger, Mittelsmänner, Helfer und ein Netzwerk an Spionen. Sie bedrohen jene, die sich gegen sie stellen, oder räumen diese aus dem Weg und ersetzen sie. Wozu brauchen sie die Chars? Sollten die Chars beim Erwerb der einzelnen Stücke des Artefakts scheitern, so hat die Kampagne ein todsicheres Backup in der Hinterhand. Der Graf hat, auf den Spuren der Chars wandelnd, die übrigen Stücke eingesammelt, welche den Chars in die Hände fallen werden, wenn sie ihn im Kampf besiegen konnten. Nur um kurz darauf, durch die Bruderschaft, wieder um die Früchte ihrer Anstrengungen gebracht zu werden. Die Chars/Spieler werden in dieser Kampagne an der Nase herum geführt, aufs Kreuz geleg und hinters Licht geführt. Wer so etwas mag, wird hier aber mal sowas von gut bedient. Die Dauer der Kampagne wird bei YSDC mit etwa 100 Stunden beziffert.
NSCs
Sofia: 2 (+1 7er Team) - Konstantinopel: 8 (+1 12er & 3er Team) - Quer durch Europa: 14 (+1 12er Team) - London: 1
BEWERTUNG IM NETZ HORROR ON THE ORIENT EXPRESS wird im Netz zumeist als sehr gelungen angesehen. In diesem Zusammenhang wird auch das Adjektiv 'unvergesslich' bemüht, was sich allerdings sehr unterschiedlich auslegen lässt... Es gibt Betrachtungen, welche die Kampagne als hoch investigativ einstufen, da die Chars primär den ausgelegten Spuren folgen. Nun ja. Wenn die Spieler nur einen einzigen Ansatz für den Fortgang der Geschichte haben, dann können die Chars schlicht nicht anders, als dieser einen Spur zu folgen. MASKS OF NYARLATHOTEP wird im Gegensatz dazu als Kampf-betont eingestuft und BEYOND THE MOUNTAINS OF MADNESS als primär auf Erforschung ausgelegt.
ABFOLGE Repossession (dt. Enteignung) - Sofia / Kopf By the Skin of the Teeth (dt. Die auf der faulen Haut liegen) - Konstantinopel Blue Train, Black Night (dt. Blauer Zug in schwarzer Nacht) - Quer durch Europa / 3x Schriftrolle The Fog Lifts (dt. Der Nebel lichtet sich) - London / Schriftrolle
FILME ZUM THEMA
- Eine Dame verschwindet, 1938
- Der Fremde im Zug, 1951
- Liebesgrüsse aus Moskau, 1963
- Vier Frauen und ein Mord, 1964
- Horror-Express, 1972
- Wenn die Gondeln Trauer tragen, 1973
- Mord im Orient-Express, 1974
- Nevada Pass, 1975
- Casanova, 1976
- Das Ding aus einer anderen Welt, 1982
- Das Phantom der Oper, 1989
- Sherlock Holmes: Spiel im Schatten, 2011
ACHTUNG SPOILER
In Sofia (Zarentum Bulgarien) steigt ein Kultist in den Zug. Er soll der Bruderschaft seinen Wert bewiesen - er hat Zeit, ein Ziel - und er versucht sich als Kopfjäger. Sollte der Mordversuch scheitern, so gibt er sich auch mit einem Augapfel eines Chars zufrieden. Der Verstümmelte bleibt mit schrecklichen, blutrünstigen Visionen zurück. Da der Kultist sein eigenes Auge durch das des Chars ersetzt hat, hat der Char ab sofort über sein verlorenes Auge 'Einblicke' in den Kult der Bruderschaft, ihre Aktionen und ihren Unterschlupf. Auch der Graf wird immer unruhiger. Er spürt die Nähe des Kopfes und fühlt, dass das Artefakt bald wieder eins sein wird. In der Tageszeitung ist ein Foto zu sehen, auf dem ein Bauer mit dem Kopf des Artefakts abgebildet ist. Das Stück soll der Universität übergeben werden. Aber dort angekommen sind die Chars zu spät - die Bruderschaft war schneller. Obwohl sie Waffen-mässig bestens ausgestattet ist, wird sie blutig niedergemacht. Fortan pflastern Leichen den Weg der Chars und sie müssen feststellen, dass noch eine dritte Partei hinter dem Artefakt her ist. Die Chars entdecken einen Haufen Schädel und Dutzende Leichen, die aussehen, als seien sie von einem wilden Tier zerfetzt worden. Der Graf wurde ungeduldig und nahm die Dinge selbst in die Hand. Da sich schlussendlich alle Teile des Artefakts an Bord des Zugs befinden, will sich der Graf 'seiner Handlanger' entledigen und eine tödliche Konfrontation entbrennt. Die Chars müssen sich an die Klischee-üblichen Schwächen des Gegners erinnern, um eine Chance zu haben - besonders wichtig ist, den Sarg des Vampirs zu finden.
Mit Konstantinopel (Republik Türkei) haben die Chars die Endstation erreicht und müssen aufpassen, dass ihnen keine Gepäckstücke abhanden kommen. Dann schreiten sie zur Tat. In den Zeitungen sind beunruhigende Berichte über Kinder zu lesen, die vermisst werden. Nachdem die Chars das vollständige Artefakt zusammen haben, sind sie ihrem Ziel sehr nahe. Sie benötigen jetzt nur noch die restlichen Schriftrollen und müssen den Standort der gemiedenen Moschee herausfinden, um das Ritual vollführen zu können, welches das Artefakt ein für allemal vernichten wird. But they were all of them deceived. Es gibt keine Rettung. Das Ritual zur Zerstörung des Artefakts war schlicht eine Lüge. Nach Besuchen im Topkapi Palast und dem Museum, sowie dem Basar haben die Chars vage Informatiomen. Im Hamam treffen die Chars einen Informanten, der von der Bruderschaft auf groteske Art und Weise durch ihre Fleisch-Magie getötet wird, nur um einem wahrhaft ekeligen Gegner gegenüber stehen zu müssen. Ein erneuter Hinweis erweist sich als Hinterhalt - auf dem grössten Friedhof des Landes fallen vierzig Kultisten aus allen Richtungen über die Chars her, um sie gefangen zu nehmen. Dann wirft man sie den vermissten Kinder vor, die zu einer einzigen bizarr-grotesken, fleischigen Kreatur zusammen geschmolzen wurden. Nach gelungener Flucht werden sie vom Kultisten in fremder Haut in die gemiedene Moschee geführt. Gerade als sein Vater das Ritual vollziehen will, greift der Sohn ein, beendet das Ritual für sich selbst und lässt seinen Vater von den anderen Kultisten in Stücke reissen. Erneut werden die Chars gefangen gesetzt, gedemütigt und verhöhnt; ihnen wird (in typischer Bösewicht Manier) der finale Plan enthüllt. Nachdem sich die Chars aus der Gefangenschaft in Konstantinopel befreien konnten, sind sie nun in eine Art Wettrennen, mit dem neuen Oberhaupt der Bruderschaft, verstrickt. Erneut besteigen sie, zusammen mit dem Kultisten, den Orient Express, nur dieses Mal in entgegengesetzter Richtung.
Die Rückreise quer durch Europa beginnt. Es ist eine drei-tägige Reise zurück nach London. Die Chars müssen das Schicksal, das ihnen bevor steht, abwenden - und dafür bleiben ihnen nur gut vier Tage Zeit. Ihre gesundheitliche Verschlechterung schreitet unaufhaltsam voran und sollten sie nichts unternehmen, dann werden die hässlichen Nebenwirkungen des Artefakts die Chars nach hundert Stunden zu einen Haufen Schleim reduziert haben.Die Chars müssen den Kultisten demaskieren, der jedwede Gestalt angenommen haben könnte. Den falschen Verdächtigen in eine Konfrontation zu zwingen oder gar zu erledigen, könnte weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen, sollte die Polizei die Chars festsetzen und die Zeit inzwischen verstreichen.Baba Yaga und der Puzzle Prinz haben einen erneuten Auftritt im Zug. Unter dem Einfluss des Artefakts verwandelt sich die Lokomotive in eine Bestie und ein Waggon wird durch den Puzzle Prinz zu einer rollenden, steinernen Kathedrale. Der Puzzle Prinz macht den Chars einen Vorschlag, den sie nicht ablehnen können - er besitzt ein Ritual, welches den Sohn vernichtet und dessen Vater rächt. So lautete die Abmachung zw. dem alten Oberhaupt der Bruderschaft und dem Herrscher über die Traumlande von Lausanne. Das Ganze hat seinen Preis. Der Prinz will NUR das Artefakt für sich selbst.Zurück in London unternimmt der Kultist alle Anstrengungen, um das Ritual der Reinigung zu vollziehen und sich das Artefakt nutzbar zu machen. Der Kreis hat sich geschlossen.Der Kultist kann mit Hilfe des Artefakts jedwede Gestalt annehmen und er hat vor, die königliche Familie zu infiltrieren und König zu werden.Im Geschäft des Kultisten müssen sich die Chars einer erneuten Bedrohung stellen, um an die Schriftrolle der Reinigung zu gelangen und den körperlichen Verfall aufzuhalten. Wieder einmal ist dies jedoch eine Falle. Die Schriftrolle dient nicht der Reinigung sondern der Wiedererweckung des Kultisten, sollte er denn zuvor ums Leben gekommen sein. Durch das Ritual wird sein Geist in den Körper eines der Chars einfahren und diesen übernehmen, wobei der Körper des Chars hautlos werden wird. Er wird die anderen Chars mit seinen langen Krallen angreifen, um sich die Haut der anderen zuzuführen. Dann wird er den Hautlosen, den Avatar von Nyarlathotep, rufen.
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Eine Rezension von: Der Läuterer https://www.tanelorn.net/index.php/topic,99353.0.html