Froschkönig Fragmente
FROSCHKÖNIG-FRAGMENTE, die
... ist ein dt. Klassiker, greift die Grimm'schen Märchen auf und setzt diese erfrischend anders, etwas lovecraftesk, um. Mit seinem Fliesstext ist das Ganze mehr Roman denn Szenario, verdient sich jedoch das Prädikat WERTVOLL.
GRUNDSOLIDE / ???
AUTOR
Steffen Schütte
VERÖFFENTLICHUNG
Laurin, 1993
LÄNGE
80 Seiten
SETTING
KLASSISCH 1920er Jahre - Deutschland, Berlin, Universitätsstadt Göttingen, eine Kleinstadt & die Traumlande - 1926 Das Szenario hat Anklänge an Lovecraft's THE SHADOW OVER INNSMOUTH.
PLOT EINSTIEG
Eine Ermittlung um das Verschwinden eines Akademikers.
UNERKLÄRLICHES
Märchen mit wahrem Hintergrund.
ANPASSBARKEIT
UNNÖTIG
ATMOSPHÄRE
Das Ganze beginnt langsam, ruhig und beschaulich. Und besonders im zweiten Teil wird die Atmosphäre sehr dicht - finster und traurig, befremdlich und unheimlich, aber auch leicht ulkig und spinnert. Das typische Cthulhu Gefühl will deshalb nicht aufkommen - und das ist auch gut so.
AUSRICHTUNG
ERMITTLUNG
KREATUREN
Wesen von Ib
ORIGINALITÄT
EINZIGARTIG
Das Szenario ist aussergewöhnlich. Es weist einen hohen Detailreichtum auf und verbindet den Mythos mit den Grimm'schen Märchen auf wundervolle Art und Weise. Das Ganze hat eines der authentischsten und schönsten Settings. Inhaltlich gehört der Plot zum Besten was Cthulhu zu bieten hat.
SANDBOX
Etwas Railroad im kurzen ersten Teil und eine schöne Sandbox in den langen Teilen zwei und drei. Der Plot gibt jede Menge Spuren vor, bei denen es sich lohnt, diesen zu folgen und die kaum ins Leere laufen. Die Ergebnisse summieren sich und ergeben ein immer klareres Bild.
FLIESSTEXT
Die Aufmachung des Werkes ist schwerfällig. Ein Drei-Spalten-Text, der sich an der Bindung trifft, so dass man die Seiten fast über den Buchrücken brechen muss, um den Text überhaupt lesen zu können. Dem Szenario fehlt eine Zusammenfassung. Weiter fehlen Tabellen und Info Boxen. Es gibt auch keine Querverweise oder markierte Textstellen mit wichtigen Informationen. Das Ganze ist strukturlos und unübersichtlich. Zum traurigen Eindruck kommt hinzu, dass das Szenario ein mühsam und zäh zu lesender, viel zu langer Fliesstext ist. Mit schwülstigem Wortschatz in verschachtelten Sätzen - als Roman ist das gelungen, aber misslungen als Szenario. Ausserdem hätte über den Text besser noch ein Lektor drüber gelesen. Beispiel: »Was aber nur wenige, gemeinhin als dem Wahnsinn verfallen bezeichnete Gelehrten aus dem Lauf der Sterne zu lesen wussten, war, dass es damals in der Wachen Welt, zu einer Zeit, als sich dort die Menschen erst seit Kurzem von den Tieren geschieden hatten, am Ufer eines uralten und tiefen Sees nahe einem Höhenzug, den man später einmal Harz nennen würde, ein Gegenstück zu jener schreckerregenden Stadt in den Traumlanden gab.« Und was interessieren einen Spieler z.B. das banale Geplänkel der NSCs oder nutzlose Nebensächlichkeiten. So erwähnt der Autor »eine angebissene Bulette mit Senf und eine halb leere Flasche Danziger Goldwasser« in einem Aktenschrank. Das ist zu viel unnützes Detail. Dem Szenario würde eine Überarbeitung und Auffrischung wirklich guttun.
PLOT ENTWICKLUNG
Das Szenario beginnt sehr ruhig. Nach einer Weile weicht das Heimelige einer verschrobenen, schrägen und surrealen Stimmung, die immer bedrohlicher wird.
SPIELER EINFLUSS
HOCH Die Spieler haben die Hoheit über ihre Chars und die Wahl, was sie tun oder lassen wollen. Ohne dass es langweilig werden würde, erleben die Spieler ein Déjà Vu nach dem anderen. Die Gegenspieler haben Ziele, wobei diese von den Aktionen der Chars beeinflusst werden. Die Spieler bleiben lange Zeit darüber im Unklaren, worauf die Geschichte hinausläuft. Der Plot ist offen und kann durch den Einfluss der Chars auf unterschiedliche Arten enden.
SPIELLEITER SKILL
HOCH Das Szenario hat einen soliden Aufbau, ist jedoch absolut anspruchsvoll und aufwendig in der Herleitung. Dennoch ist das Ganze absolut dankbar. Der Plot lässt sich dreiteilen - 1. Auftrag & Recherche (13 Seiten), 2. Stadt & Fest (30 Seiten), 3. Traumlande (20 Seiten). Es gibt zu viele Infos, die vom Text schnell verschluckt werden können. Die zwei kurzen Zeitleisten sind unbrauchbar, die Fotos langweilig und nichts sagend, doch die Hintergrundinfos sind toll und suchen ihresgleichen. Wer ein phantastisches Szenario sucht und viel, viel Arbeit nicht scheut, wird hier bestens bedient werden.
HANDOUTS
Das Szenario weist mitunter sehr lange, aber dennoch gut ausgearbeitete und schöne Handouts auf. 14 Handouts auf 12 A4 Seiten.
STIMMIGKEIT
Das Szenario ist in sich stimmig.
NSCs
Die NSCs werden ausführlich im Text beschrieben, sind durchweg glaubwürdig dargestellt und bestreiten interne Konflikte, was gut zur Stimmung beiträgt.
KAMPAGNEN TAUGLICHKEIT
Normales Szenario bzw. Mini-Kampagne
PREGENS
Keine
STERBLICHKEITSRATE
MODERAT
FILME ZUM THEMA
- Das Cabinet des Dr. Caligari von 1920,
- Die Zeit der Wölfe von 1984,
- Brothers Grimm von 2005 und
- Pans Labyrinth von 2006
ACHTUNG SPOILER
Die Ehefrau eines Professors beauftragt die Chars nach ihrem verschwundenen Mann zu suchen. Der Mann ist Germanist und Volkskundler, mit dem Fachgebiet dt. Märchen, unter besonderer Berücksichtigung der Gebrüder Grimm. Bislang blieb ihm und seiner Arbeit jedoch jegliche Anerkennung verwehrt. Und mittlerweile scheint er die Grenzen der Exzentrik zum Wahnsinn überschritten zu haben. Von seinem Arzt orderte er eine grössere Dosis Laudanum, um länger und tiefer schlafen zu können. Auf seiner Vortragsreise wurde er nachts in Unterhosen auf den Strassen gesehen. In der nächsten Stadt kam er nicht an, um seinen Vortrag zu halten. Und nun hat seine Frau die Rechnung über eine Lieferung von tausend Seidenblumen erhalten. Unbekannterweise stand der Mann vor einer bahnbrechenden Entdeckung, die eine neue Interpretation der Grimm'schen Märchen nach sich ziehen würde. Er entdeckte, dass die Froschkönig Geschichte auch noch in einer ganz anderen Version erzählt wird, als sie gemeinhin überliefert wird - mit einem handfesten Mythos Hintergrund. Die Chars finden jene beschauliche Stadt der Mythen und Symbole in der Mittelgebirgsregion Norddeutschlands. Einige der dortigen Einwohner erinnern an Figuren aus den Märchen und der verschwundene Volkskundler wird dort steckbrieflich, wegen unmoralischer Handlungen an einer Studentin in einer Badeanstalt, gesucht. Die Frau ist seitdem komatös. Immer wieder suchen phantastische, unwirkliche Träume die Chars heim, die irgendwie ein Déjà Vu bzgl. der Gebrüder Grimm hervorrufen. Und schon bald wird es nicht mehr leicht sein zu unterscheiden, was Traum, Realität, Albtraum, Wahnsinn oder Traumwelt ist. Das Auftreten des Bösen Wolfes, der die Ziegen massackriert und das Rotkäppchen schwer verletzt, war jeweils der Hirte und der Jäger in ihrem traumhaften Wahn. Die Chars haben ein Puzzle zu lösen, welches die Stadt vor ihnen ausbreitet - ein Schützenfest, nebst Kirmis, Bierzelt und Kuriositätenkabinett. Doch der Schützenverein wurde durch einige der Mitglieder korrumpiert, die den versprochenen Verzückungen der Traumlande nur all zu gerne nachgaben. Als der Professor gefunden wird, brabbelt er wirres Zeug von einem Band, das durchschnitten werden muss. Auch erzählt er davon, dass er in die Traumlande reisen müsse, um eine Studentin zu retten. Ursache und Ziel des Ganzen ist die Schützenkette, deren Kräfte dazu befähigen, die Barriere zw. Wirklichkeit und Traumwelt zu durchdringen. Besonders wichtig wird diese Kette zur Zeit des Froschfestes, wenn amphibische Wesen aus den Traumlanden in die Region kommen - und dieser Zyklus findet alle 56 Jahren statt. Die Wesen nehmen dann menschliche Gestalt an, um sich mit den Frauen der realen Welt zu paaren. Zu dieser Zeit ist das Treiben in der Stadt wild ekstatisch. Die Menschen haben alle Regeln von Anstand und Moral abgesteift. Masslosigkeit, Geilheit, Wut und Notzucht treiben sie an und weit über das erträgliche Mass hinaus. Und dann steht auch noch die Reise in die Traumlande an.
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Eine Rezension von: Der Läuterer https://www.tanelorn.net/index.php/topic,99353.0.html