Horror's Heart: Tales of Terror (1920)
The investigators meet the powerful Lavoie family of Montréal and learn what imperils them¸ they glimpse a strange cult that now thrives in Québec and the ancient nemesis that guides it¸ they come to understand the significance of the corpse discovered in the foundations of a former seminary¸ they at least perceive the true motives of Father Philip McBride¸ and they gather at last the full truth about a Churchly saint who has long fascinated McBride.Cthulhu war ja schon immer ein Spiel für lange Kampagne oder radikale One-Shots. Entweder man ist Monate damit beschäftigt¸ böse Kulte auszumerzen (etwa in 'In Nyarlathoteps Schatten' oder in der Kampagne 'Nocturnum')¸ oder aber man durchläuft eine Odyssee sondergleichen und darf am Ende gespannt sein¸ ob überhaupt jemand durchkommt (vornehmlich in Chaosiums 'Fright Night'-Reihe).
vom Backcover von Horror's Heart
Eine 'Mini-Kampagne' erscheint da zugegeben etwas paradox¸ insbesondere wenn sie auf den ersten Blick doch sehr kurz (79 Seiten sind wahrlich nicht viel für eine Kampagne) und verräterisch günstig (auch 13 Dollar sind wahrlich nicht viel für eine Kampagne) wirkt.
Doch genau dieses Label gibt sich 'Horror's Heart' und es liegt nun an dieser Rezension¸ zu deuten¸ was dies genau heißen mag...
Der erste¸ vornehmlich optische¸ Eindruck der Kampagne ist jedoch erst einmal ... katastrophal. Generell bin ich ja¸ wenn auch ein Freund von gutem Artwork¸ da noch sehr genügsam¸ aber was Chaosium hier vorlegen¸ unterbietet wirklich fast alles¸ was es bisher gab.
Das Covermotiv ist kaum als solches zu bezeichnen. Es zeigt ein rosafarbenes Herz (anatomische Darstellung)¸ unscharf und augenscheinlich nicht für diese Größe geschaffen¸ unterlegt mit einem roten Klecks¸ den man als Blutfleck deuten könnte¸ hätte er keinen Schattenwurf. Im Hintergrund ist ein seltsames Emblem zu erkennen¸ dass mir gänzlich unbekannt ist¸ aber ebenfalls aufgepixelte Ränder aufweist und so auch nicht richtig schön wirkt.
Darauf ruht dann der Schriftzug¸ der mich aber in der gewählte Type eher an den wilden Westen als an den Handlungsort Montreal gemahnt. Das alles wirkt insgesamt so¸ als habe man einem lustlosen Hilfsarbeiter einige ClipArts an die Hand gegeben¸ vor Photoshop gesetzt und etwas mit den Schatten- und Relieffiltern spielen lassen¸ so dass ich sagen muss¸ für einen Download einer Webseite fände ich das Cover schon kaum tragbar¸ für ein professionelles Produkt ist es eigentlich eine Frechheit.
Die liebreizenden Herzen¸ die direkt einer Windows-Symbolschriftart zu entstammen scheinen und den Titel des Bandes auf dem Buchrücken umrahmen mag ich da noch ignorieren¸ aber auch die Innengestaltung verheißt keine Besserung. Jason Eckhardts Zeichnungen wirken allesamt fehlproportioniert¸ asymmetrisch und wenig inspiriert¸ und selbst die wichtigsten NSCs der ganzen Kampagne wirken mehr wie grenzdebile Volltrottel nach ihrer vierten Lobotomie ... man nehme nur Father McBride auf S. 13 oder den Toten auf S. 21 als Belege meiner Worte.
Abschließend sind auch die Handouts (zahlreich wie immer) nur marginal gelayoutet¸ einzig in der gewählten Schrifttype unterscheidet hier einen Brief von einem Zeitungsartikel... Wenn man bedenkt¸ dass Chaosium nur ein Jahr später den Abenteuerband 'Secrets' herausgebracht haben¸ mit wunderschönen Handouts und einer durchgehenden Bebilderung von Paul Carrick¸ so kann es hier nur einen klaren Punktabzug geben!
So gibt man sich dann aber doch einen Ruck¸ liest sich etwas ein und wird zuletzt von der Kampagne dann doch positiv überrascht. Der Plotaufhänger ist extrem stereotyp (ein Freund bittet den Spielercharakter um Hilfe ob eines seltsamen Fundes) und die Handlung wirkt durch ihre feste Begrenzung auf einen Handlungszeitraum von sechs Tagen sehr eingeschränkt¸ dennoch erwartet den Spielleiter (und in letzter Konsequenz dann auch die Spieler) eine überraschend komplexe Geschichte.
Denn nicht nur einer¸ sondern gleich zwei Handlungsfäden buhlen um die Aufmerksamkeit der Spieler. Der erste ist der oben angesprochene¸ stereotype Aufhänger.
Father McBride findet im Fundament seiner Kirche in Montreal eine überraschend gut erhaltene Leiche. Er vermutet dahinter einen obskuren Heiligen und die Spieler sind gebeten¸ da mal nachzufragen.
Auf ihrer Reise nach Montreal (es wird¸ dankenswerter Weise¸ nicht davon ausgegangen¸ dass die Spieler Charaktere aus dieser Stadt spielen¸ was die Kampagne auch für die vielen Lovecraft County-Gruppen spielbar macht) lachen sie sich dann noch einen zweiten Handlungsstrang an¸ der sie zu einer unter einem Werwolffluch leidenden Familie führt und ihnen die Möglichkeit gibt¸ da etwas für Abhilfe zu sorgen.
Letztlich rutschen sie immer weiter in ein großes Intrigenspiel hinein¸ in das zwei Kulte und nicht zuletzt ein dankenswert unverbrauchter Großer Alter¸ Chaugner Faugn¸ involviert sind.
Die Rahmenhandlung leidet auch nicht darunter¸ zeitlich eng begrenzt zu sein¸ im Gegenteil¸ sie profitiert sogar davon.
Was als gemütliche und gewohnheitsgemäße Ermittlung in Kanada beginnt¸ spitzt sich binnen der wenigen Tage mehr und mehr zu einem großen Finale zu.
Doch gerade auch die Ermittlungen fallen sehr vielschichtig aus. Die Kampagne¸ alleine durch die zwei unabhängigen Handlungsstränge für die Spieler sehr komplex zu erfassen¸ lebt von der Interaktion mit den verschiedensten Leuten und Nachforschung an allen möglichen Orten.
Es befinden sich einige Joker im Spiel¸ einige falsche Fährten sind auch ausgelegt und natürlich gibt es auch die obligatorischen Schurken¸ die die Ermittlungen der Spieler zu einem vorzeitigen und recht abrupten Ende bringen wollen.
Man kann durchaus pro Tag der Handlung eine Sitzung ansetzen¸ so dass das Abenteuer in der Tat den Rahmen eines normalen Szenarios sprengt.
Das Buch an sich gibt sich auch Mühe¸ den leitenden SL nicht zu einem leidenden SL werden zu lassen. So gibt es ein Informationenkapitel zu Beginn des Buches¸ komplett mit tabellarischer Dramatis Personae und allem was man wissen sollte.
Dennoch ist es nicht umgänglich¸ vor dem Beginn der Sitzungen den ganzen Band gelesen zu haben - wer sich alleine auf der Basis einiger bruchstückhafter Infos von Sitzung zu Sitzung und von Handlungstag zu Handlungstag hangelt¸ der mag aufgrund der¸ durch die viele Interaktion kaum zu umgehenden¸ Improvisation schnell mal verrennen und einen irreparablen Fehler begehen.
Abschließend kann man sagen¸ dass man für so wenig Geld selten so viel Kampagne geboten bekommt.
Zwar gehört der Illustrator zwar auf ewig an den Hof von Azathoth verbannt¸ aber inhaltlich kann das Abenteuer wieder sehr viel Boden gut machen und hat bei unserem damaligen Testspiel eigentlich jeden einzelnen Spieler begeistern können.
Wer ein Szenario für einige Wochen spannenden Spiels sucht¸ ist mit 'Horror's Heart' bestens bedient!
Eine Rezension von: Thomas Michalski http://www.thomas-michalski.de/