Conbericht RPC Germany 2007
von Ingo "Greifenklaue" Schulze
Als im letzten Jahr die Ankündigung zur Roleplay Convention (kurz RPC) durch die deutschen Rollenspielforen geisterte, herrschte schnell Aufregung, wurde der Nordcon mit immerhin 8.000 Besuchern in Spitzenjahren eben mal als "Kleincon" bezeichnet. Dabei klang das Konzept sehr gut: Man wollte auf einem Con Rollenspieler, LARPer, Mittelalterleute, Reenacter sowie die Massen der Computer- und Online-Rollenspieler zusammenbringen. Gegen Ende des letzten Jahres fand der Organisator, eine Eventagentur um André Kuschel im "Eismann" alias Jens Ulrich, ein recht bekanntes FanPro-Foren-Urgestein, den Mann, der die Rollenspielsparte des Cons organisierte. So nahmen trotz der recht kurzfristigen Planung für ein solches Megaevent das Angebot an Ausstellern, Workshops und Spielrunden stetig zu. Das ausgegebene Ziel wurde von anfangs 30.000 Besuchern heruntergesteckt auf 20.000. Soweit also die Hintergründe, bis es dann endlich April wurde.
Samstag morgens dann ins Auto gesetzt, die beiden Wolfsburger Mitstreiter abgeholt ‐ die noch an ihrer Spätschicht zu knabbern hatten ‐ und nach reichlich Fachsimpelei über Rollenspiele, d20, Hörspiele und Die Dr3i erreichte man nach gut drei Stunden Münster. Schon von außen machten die Messehallen einen durchaus gewaltigen Eindruck und zum Glück gab es gleich vor den Toren ein großes Cinemaxx-Parkhaus mit freien Plätzen, wo die Tageskarte überschaubare 3 Euro kostete. Der Empfang der Messehalle war dann reichlich professionell, genügend Kartenabreißer, nette Damen mit Infoheftchen und einer kostenlosen SpielXpress und gar Parkplatzeinweiser. Dann mal auf zum Prost-Stand, den dort stand das Treffen an. Da machte sich dann auch der erste Druckfehler im Heft und fehlende Wegweiser in den Gängen bemerkbar, selbst die Ordner waren etwas unsicher, wo es langgeht. Nach einem Exodus über einen breiten Flur, wo etwa 30 Spieltische aufgebaut waren, von denen ‐ mittlerweile war es zwölf Uhr - wiederum nur einer besetzt war. Aber schlußendlich fand man sich doch, konnte sich auch mal persönlich kennenlernen und nach einiger Plauderei konnte ich mich dann auch den Rollenspielständen widmen.
Was als erstes auffiel, war der wilde Mix aus LARP-, Tabletop-, Computer-Rollenspiel- und normalen Rollenspielständen. Das gefiel zwar nicht jedem und machte die Orientierung nicht unbedingt einfacher, aber dadurch gab es eben auch viele Computerspieler, die sich für die Pen-&Paperstände interessierten und sich gar durch Mitmach-Aktionen locken liessen. Diese gab es sowohl am Proststand, als auch beim Internetforum Blutschwerter in Kooperation mit Pegasus. Es wurden Flyer mit einer Kurzszene verteilt und Interessierte ‐ angesprochen waren hier im wesentlichen (Noch-)Nicht-Rollenspieler ‐ konnten diese in Kleingruppen in kurzer Zeit zu Ende spielen. Bei den Blutschwertern war es eine Indiana Jones-ähnliche Szene, bei dem man in ein Grabmal betritt und der Führer plötzlich verschwunden ist. Es sei noch verraten, dass das ganze auf Cthulhu aufgesetzt wurde... Insgesamt eine tolle Idee und zwei gelungene Aktionen in punkto Nachwuchs. Bei den Blutschwertern gab es außerdem noch ein Gimmick für Munchkin-Fans, die foreneigene Promokarte: Das Blutschwert der Macht. Standmäßig tummelten sich große Stände wie Feder & Schwert, Truant oder Ulisses (hier gab es auch FanPro-Sachen, aber dazu komme ich noch...) neben klassischen Verkaufsständen, z.B. Tellurian Games ‐ wobei es mit drei Verkaufsständen recht wenig waren ‐ neben zahlreicheren kleineren oder freien Anbietern wie Prost (hier war übrigens auch Midgard vertreten, die keinen eigenen Stand hatten), das Projekt Odyssee mit seinen freien Rollenspielen, die Redaktion Phantastik, Arcane Codex sowie ein Degenesis-Unknown Armies-Mephisto-Gemeinschaftstand. Während die Messe Essen eine riesige Neuwarenschau ist, und es damit viele Messeneuheiten gibt, gab es hier so gut wie keine. Aber dafür einige interessante News.
Da ich den Ulisses-Übersetzer für die Dungeon Crawl Classics eingepackt hatte, stellte ich dort gleich einige Fragen zur Serie, die zumindest so beantwortet wurden, dass man auf ein baldiges Erscheinen der Serie hoffen darf. Und das vermeintliche Probleme mit einer nicht vorhandenen deutschsprachigen OGL angeht, meinte man nur, dass man gerade mit Oliver Hoffmann eine Stunde Kaffee trinken war... Schon überraschender war da die News, dass Ulisses nach Myranor die gerüchteweise kurz vor der Pleite stehenden FanPro nun DSA übernimmt. Neben der DSA-Redax wurde auch SR-Redakteur Christian Lonsing übernommen. An dem System soll Ulisses auch Interesse haben, hier gibt es aber mit Inmediares Productions einen weiteren Interessenten. Bei Arcane Codex wurden die letzten Exemplare des Grundregelwerks verkauft, welches zur den Internationalen Spieletagen SPIEL'2007 eine überarbeitete Neuauflage erfahren soll.
Tabletopmäßig gab es einiges, ebenso wie bei den PC- und Onlinespielen. Midgard online, Drakensang, AT-43, die Tabletops Confrontation, Anima oder Warhammer online, vieles konnte man auf Monitoren verfolgen, selber spielen oder an den Brettspieltischen ausprobieren. Hinter diesen gab es noch die Zeichnertische, die allerdings ähnlich wie Arcane Codex etwas ab vom Schuß waren. Für LARPer gab es ebenfalls einiges an Ständen. So das "LARP-Aldi" Mytholon, bei denen man sich mit Schaumstoffwaffen, -wurfschädeln oder Tuniken eindecken konnte. Ebenso waren die Szenemagazine LARPzeit sowie die österreichische Amaranon, welche gleich 33% Messerabatt auf ihre drei bisher erschienenden Hefte hatte, vertreten. Nebenan war der Mittelaltermarkt aufgebaut, die Zelte übrigens statt mit Heringen mit reichlich Tesa "verankert". Viel rumgestreift bin ich hier nicht, allerdings trübte die riesige Bühne vorne mit Mikros, Lautsprechern und Kameras doch die Stimmung des Marktes. Allgemein war das gedimmte Licht in beiden Hallen gut für die Atmosphäre, nicht aber, um mal eben aus zwei Metern zu gucken, was ein Stand zu bieten hat.
Bei den Workshops gab es einiges interessantes: Zeichenworkshop von Klaus Scherwinski, Rollenspieltheoretisches von Stefan "1of3" Koch oder Lesungen von Karl-Heinz Witzko oder Boris Koch. Etwas schade für mich war, dass der Vortrag zu Mittelalterliche Seefahrt von Ulrike Pelchen (Redaktion Phantastik) erst am Sonntag war, aber gut, so konnte ich mein Schaffen einer Proberunde Unknown Armies widmen. Wie ich zum Glück erst hinterher bemerkte, war dies ein Abenteuer, was nicht nur im Grundregelwerk abgedruckt war, sondern vor Monaten auch im Envoyer... Trotzdem bekam man mal einen anderen Einblick in dieses durchaus interessante System.
Zwar gab es an allen Ecken und Kanten Freikarten, der normale Besucher sollte allerdings 9 Euro für eine Tageskarte und 13 für die Dauerkarten bezahlen. Essens- und Getränkepreise waren auf Messeniveau, sprich gesalzen, aber gut, die Preise sind halt dem Veranstaltungsort geschuldet. Auf dem Mittelaltermarkt hingegen war das Essen wohl günstiger, aber den Tipp hab ich erst hinterher mitbekommen. Auch konnte man sich wahrlich nicht über zuwenig Ordner beschweren ‐ über zuwenig Besucher schon eher. Laut offiziellen Zahlen waren es 12.000, zu wenig gemessen am Anspruch, hoffentlich genug, um einen zweiten Anlauf zu machen. Ein Grund dafür war sicherlich auch das schöne Wetter draußen, die manchen Freizeitplan noch umgeworfen haben mag. Verlagsseitig scheint das Feedback gemischt zu sein, einige waren begeistert, andere froh, wenn am Ende des Tages ein einziges Regelwerk abgesetzt werden konnte. Die Durchmischung des Publikums wurde von allen begrüßt. Einige würden auch nächstes Jahr auf der RPC sein, eine Folgecovention stand ja schon vorher fest. Also Flagge zeigen. Insofern kann man nur hoffen, dass dazu die Besucherzahl groß genug war.
Fazit: Für mich ein lohnenswerter Kurzbesuch. Wer auf reine Messen steht, wird mit der Messe Essen mehr anfangen können, wer auf reine Cons steht, hat genug Alternativen, wer aber die Mischung mag, hat hier doch eine Alternative recht zentral im Westen Deutschlands.