Schönheit muß (k)leiden
1995-07
Schönheit muß (k)leiden
Hi Jungs!
Seit Ihr mir den MD wöchentlich zuschickt¸ suche ich natürlich nach verwertbarem Material. Das Thema: Mode historisch (nach einem ursprünglich in einer österreichischen Tageszeitung erschienen Artikel¸ nun leicht nachbearbeitet) beschäftigt sich leider nicht direkt mit Rollenspiel¸ doch glaube ich¸ daß es sowohl interessant als vielleicht auch mitunter unterhaltsam ist¸ und nachdem ich vor einiger Zeit in einem Wiener Rollenspielladen gar ein Büchlein mit Modetips und Schnittmustern für Live-Roleplay-Klamotten fand¸ denk ich mir¸ auch sowas könnte eine Existenzberechtigung haben.
Ich selber bin mehr ein Modemuffel¸ aber geschichtlichen Anekdoten kann ich stets etwas Erfrischendes abgewinnen (werden beim Daten pauken im Schulunterricht vielzusehr vernachlässigt)¸ und natürlich sind meine NSC und SpF immer "en vogue" (Eure doch hoffentlich auch!?)¸ also viel Vergnügen!
Eigentlich würde es genügen¸ ein Stück Stoff über den Körper und ein Stück Leder um die Füße zu wickeln. Doch der Mensch braucht Mode. Hier erfahren wir ein wenig¸ woher sie kommt.
Am Anfang hatte die Kleidung nur den Zweck¸ uns vor Wind und Wetter zu schützen. Doch dann kam die Mode. Wie alt sie ist? Ein Witz sagt¸ Mode sei entstanden¸ als Eva ihr Feigenblatt zu verkleinern beschloß. Fest steht¸ daß schon Steinzeitmenschen a' la Feuerstein Felle so anzulegen wußten¸ daß dabei ihre Reize betont wurden. Im übrigen gab es vor 10 000 Jahren¸ wie archäologische Funde belegen¸ Nadeln aus Knochen¸ mit denen die Urkleidung des Menschen genäht wurde.
In der Antike verstand man es dann¸ Stoffe raffiniert zu drapieren; Griechinnen schwindelten¸ indem sie dem Faltenwurf ihrer Stola durch kleine Bleikugeln nachhalfen. Jedenfalls hatte das Kostüm immer schon mit der sozialen Stellung seiner Träger zu tun: Während die Kleidung der Sklaven und Bauern jahrhundertelang unverändert blieb¸ wurden in den höheren Ständen Farben¸ Muster und Kleiderlängen laufend verändert.
Dennoch war die Mode bis zum Ende des Mittelalters ziemlich uniform: Männer trugen Strumpfhosen¸ Frauen kuttenartige Kleider. Zum Kulturbegriff wurde Mode im 15. Jahrhundert in Frankreich - und seither gab Paris das Diktat der Modewelt nicht mehr aus der Hand. Wobei damals wie heute auch ab und an einmal Ausländer mitmischten¸ wie z.B. Marie Antoinette; die Tochter Maria Theresias¸ bestimmte im 18. Jahrhundert als Österreicherin den Schick der Französin. Die Lust¸ sich zu gewanden¸ hat freilich ihre Opfer gefordert: Seidenschuhe hatten damals so hohe Absätze¸ daß sie kaum zum Gehen geeignet waren¸ und so manche Dame mit Wespentaille ist tatsächlich an ihrem Korsett erstickt. Daß Schönheit leiden mu߸ steht fest. Daß sie einen auch umbringen kann¸ zählt zu den Schattenseiten der Modehistorie.
Wie sich Traditionen über Jahrtausende halten¸ zeigt die Tatsache¸ daß Frauenblusen immer nach rechts und Herrenhemden nach links geschlossen werden: Männer warfen in Rom den Stofff ihrer Toga von der linken Schulter zur rechten¸ um im Krieg den rechten Arm frei zu halten¸ während Frauen ihren Umhang von der rechten zur linken Schulter drapierten.
Hier nun einige Beispiele:
Schon 1500v.Chr. war der Körper einer vornehmen Ägypterin mit einem aus feinem Baumwollstoff gewebten¸ eng anliegenden Kleid¸ meist mit großem Dekollete¸ oder mit einem langen Rock bedeckt. Die jeweils gängige Mode richtete sich oft nach der Figur einflußreicher Frauen: da Madame Pompadour eher vollschlank war¸ setzte sie bei ihrem Geliebten¸ König Ludwig XV.¸ durch¸ daß weite Reifröcke modern wurden. Ganz Paris mußte sich danach richten.
Männer trugen - um ihre Begleiterinnen zu überragen - die ersten Stöckelschuhe. Im 17. Jahrhundert liebte Frankreichs kleingewachsener "Sonnenkönig" Ludwig XIV. hohe Absätze¸ was Adlige veranlaßte¸ es ihm gleichzutun. Da dies dem König nicht recht war¸ kam die Mode bei den Höflingen wieder ab. Mittlerweile hatten aber deren Frauen die Vorteile des Stöckelschuhs erkannt. Seither gehört er der Damenwelt.
Strümpfe bzw. Socken wurden erstmals vor 2500 Jahren von römischen Frauen und angeblich verweichlichten Männern getragen. Strumpfhosen gibt es bereits seit dem 11. Jahrhundert. Die teuren und wenig haltbaren Seidenstrümpfe wurden ab 1939 in den USA von "Nylons" abgelöst.
Nicht gegen Regen wurden Schirme einst verwendet¸ sondern als Sonnenschutz. "Erfunden" vor 3000 Jahren in Mesopotamien als Zeichen gesellschaftlichen Ansehens¸ lehnten römische Edelmänner den Schirm als "zu weibisch" ab. Der Brite Jonas Hanway machte den Schirm für den Mann gesellschaftsfähig. Obwohl "als Zwitter" verspottet¸ ging er prinzipiell nur mit Schirm aus dem Haus. 30 Jahre hielt Hanway seinen Spleen durch¸ bis Englands Männer erkannten¸ daß ein Schirm billiger sei¸ als sich nach jedem Regen neu einzukleiden. Ehe Hanway 1786 starb¸ konnte er noch erleben¸ daß der Schirm ihm zu Ehren "Hanway" genannt wurde.
Hut und "Hütte" haben denselben Wortstamm - und das ist kein Zufall. Bieten doch beide Schutz vor Wind und Wetter. Soweit bekannt¸ wurden die ersten Hüte um 500v.Chr. von Jägern und Reisenden in Griechenland getragen¸ um Sonne und Regen abzuwehren. Noch in der Antike wurde der Hut zum Symbol des freien Mannes¸ im Spätmittelalter war die Mütze die Berufstracht der Gelehrten. Mit der Perückenmode verlor der Hut seine Bedeutung. Erst als man von der Perücke abkam¸ setzte sich der Hut wieder durch.
Hosen wurden einst Pantalonen genannt. Der Grund: Pantalone war im 16. Jahrhundert (in der "Commedia dell'arte") eine beliebte Theaterfigur - er trug auf der Bühne enganliegende Hosen und machte so das Beinkleid populär. Im Englischen heißen Hosen heute noch pants - "Hot pants" erinnern auch bei uns an den italienischen Ursprung.
Der älteste¸ bis heute erhalten gebliebene Schuh ist aus Papyrus gewebt und wurde in einem ägyptischen Grab aus der Zeit um 2000v.Chr. entdeckt. Lange versuchte man¸ rechten und linken Schuh unterschiedlich zu erzeugen - doch dies setzte sich erst im 19. Jahrhundert durch. 1892 wurde die erste Schuhfabrik eröffnet. In England.
Krawatten erhielten ihren Namen von den Kroaten¸ denn die ersten Träger der einengenden Halsbinden waren aus Kroatien stammende Söldner eines Habsburger-Regiments¸ das im 17. Jahrhundert nach Frankreich gelangte. Von Paris aus ging die Krawatte dann um die Welt.
Das Hemd war bis ins 16. Jahrhundert ein Kleidungsstück für den ganzen Körper (ähnlich dem bodenlangen Nachthemd). Erst mit Aufkommen der Hose wurden Hemden auf ihre heutige Länge reduziert (wie auch Damenblusen erst "erfunden" wurden¸ als der Rock populär wurde).
Sakko und Herrenanzug stammen aus Frankreich. Sie kamen im 18. Jahrhundert auf und waren nur für das Landleben gedacht. Der Schlitz an der Rückseite des Sakkos entstand¸ weil der Anzug beim Reiten getragen wurde und man sich so besser bewegen konnte. In der Stadt feierte der Anzug erst im vorigen Jahrhundert seinen Siegeszug. Er wurde nach Maß gefertigt und galt als Kleidungsstück der Reichen. Die ersten Konfektionsanzüge gab es in London¸ wodurch Sakko und Hose auch von Arbeitern getragen werden konnten. Als Kleiderfabriken entstanden¸ versuchten Englands Schneider Fertiganzüge im Parlament verbieten zu lassen. Ohne Aussicht auf Erfolg¸ kaufte doch selbst Queen Victoria ab 1875 für ihre Söhne Konfektionsanzüge.
Handschuhe zählen zu den ältesten Modeartikeln. Sie entstanden aus dem natürlichen Bedürfnis¸ Hände vor Kälte und vor Verletzung bei schwerer Arbeit zu schützen. Frühe Funde belegen¸ daß es in Nordeuropa vor mehr als 10 000 Jahren schon¸ "Fäustlinge aus Tierhaut" gab. Im Grab des ägyptischen Königs Tut-ench-Amun fanden Archäologen Fingerhandschuhe aus Leinen.
Der Knopf¸ seit 2000v.Chr. Teil unserer Kleidung¸ war vorerst nur Zierde. Zum Zusammenhalten der Stoffe dienten lange Zeit Nadeln und Gürtel. Die ersten Knöpfe stammten aus Südostasien und wurden aus Muscheln gefertigt. Zum Zuknöpfen war der Knopf erst ab dem 13. Jahrhundert gedacht¸ als die bis dahin weiten¸ sackartigen Gewänder von enganliegenden Kleidern abgelöst wurden¸ die nach besserem Sitz verlangten. Nun erfand man das Knopfloch zum Knopf - und dieser hatte endlich eine Funktion!
Die ersten Brillen gab's 1286 in Italien. Noch frühere Sehbehelfe wurden nicht aus Glas¸ sondern aus Halbedelsteinen ("Barille") erzeugt. Wirklich getragen wurde die Brille im Mittelalter fast nur von Mönchen. Die meisten Menschen waren Analphabeten und brauchten keine Brille.
Nagellack wurde schon vor rund 3000 Jahren im alten Ägypten verwendet¸ wobei die jeweilige Farbe auf die soziale Stellung hinwies. Königin Nofretete lackierte ihre Nägel rubinrot¸ Kleopatra bemalte ihre Finger- und ihre Zehennägel mit einem kräftigen Rostrot. Frauen aus den unteren Ständen durften hingegen nur sehr blasse Farben wählen. Übrigens: Auch Männer färbten in Ägypten ihre Nägel.
Die Büstenhalter wurden vor 4500 Jahren in Griechenland "erfunden". Männer versuchten seit jeher¸ den Körper der Frauen nach ihrem Geschmack "umzuformen". Während auf Kreta der BH getragen wurde¸ um die blanken Brüste zu heben¸ wollte man in Rom das pure Gegenteil: mit Brustbändern wurde der Busenumfang verkleinert.
Der Name Jeans kommt nicht aus dem Amerikanischen¸ wie man annehmen sollte. Die legeren Hosen verdanken ihren Namen vielmehr der italienischen Stadt Genua¸ wo man Berufskleidung aus Baumwolle herstellte. Aus Genua wurde im Französischen "Ge^nes"¸ woraus sich in den USA der Ausdruck "Jeans" entwickelte. Dort hatte der Schneider Levi Strauss Mitte des vorigen Jahrhunderts beobachtet¸ daß Goldgräber ihre Kleidung stark strapazierten. So kam er auf die Idee¸ Hosen aus Segeltuch zu nähen. Das Material war grob und steif¸ aber haltbar. Zum Modeartikel wurden sie 1935¸ als sich zwei elegante Damen für eine Modezeitschrift in Jeans fotografieren ließen.
Okay! Das war's dann wohl!
Greetinx to all!
Special Greetinx to King Ralf!!!
cu
Robert Eibl |