LARP Kurzweyl & Trunk - Hausregeln - eine Spielphilosophie
von Andreas Giese
I. Spielphilosophie:
1) Du kannst was, du darstellen kannst! Gespielt wird ohne Punktesystem. Es kommt auf ein selbstständiges und realistisches Spiel an, will heißen, kein in der Taverne verkündendes: "Ich gehe nur mal kurz weg, wegen einer SL-Frage (Er will z.B. wissen, ob er etwas in einer leeren Truhe gefunden hat). In Wirklichkeit sitze ich noch hier!" Deine Fähigkeiten sollten zudem deiner Charakterrolle entsprechen.
2) Was du nicht willst, was man dir tut, das füg' auch keinem anderen zu! Dies gilt besonders auf Spielerebene. Wer nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, schön gespielte Aktionen ignoriert und generell meint wegen nicht vorhandener Punkteregeln einen Freibrief für den eigenen Egotrip zu haben, wird recht schnell feststellen, wie er vom Spiel der anderen ausgeschlossen wird.^
3) Das Spiel hat ein geringes Power - Niveau. Es wird ein eher märchenhafter Hintergrund angestrebt, mit mystischer Magie und Gegnern, die auch ein normaler Mensch besiegen kann, sei es durch normale Waffen, Köpfchen, aber auch durch Zusammenarbeit und vereinte Kräfte.
4) Fairness (siehe Punkt II).
II. Fairness (sehr wichtig!):
1) Grundsätzlich sollte davon ausgegangen werden, dass ein Mitspieler fair spielt. Daher sollte jeder auf Aktionen eingehen, sofern sie nicht vollkommen aus dem Rahmen fallen.
2) Lieblose Darstellung und übertriebene Powerzauber führen nicht zum gewünschten Ergebnis. Die Art der Reaktion/ Auswirkung (bei einem Zauber/ Schwerttreffer/ usw.) bleibt immer dem "Ziel/Opfer" der Aktion überlassen.
3) Spielerwissen sollte von Charakterwissen getrennt werden.
4) SL-Rücksprachen können gehalten werden, aber möglichst kurz und Abseits vom Spielgeschehen. Kein SL-Gebrülle quer über den Platz möglichst unauffällig fragen.
5) Es sollte versucht werden auch andere Spieler am eigenen Spiel teilhaben zu lassen.
6) Reale Probleme zwischen Spielern bitte außerhalb des Spieles austragen. Es hat sich gezeigt, dass ein Großteil von umstrittenen Aktionen/Handlungen zwischen Spielern/Charakteren aufgrund persönlicher zwischenmenschlicher Probleme zustande kommen.
7) Daher gibt es keinen Zwang für umstrittene Handlungen/Szenen/Aktionen! Es ist im Sinne aller Spaß zu haben, weswegen man nur Szenen/Aktionen mit Leuten austauschen sollte, die daran Spaß haben. Schließlich bezahlt ja auch jeder entsprechend viel Geld für so ein Rollenspieltreffen.
III. Kampf:
Es wird ohne Punkteregelung gekämpft. Ein Kampf ohne Punkte ist für viele unvorstellbar.
Zugegeben, es erfordert drei ganz wesentliche Dinge: 1) Ein wenig Kenntnis über die Wirkung von Waffen, 2) Ehrlichkeit und, in einem gewissen Maße, 3) Verzicht auf den persönlichen Vorteil.
Zu Beginn eines Kampfes schätzt jeder seine Rüstung und seine Waffe ein und auch die Rüstung und Waffe seines Gegenüber. Wird man nun getroffen, hat man jedenfalls Wichtigeres zu tun als Punkte zu subtrahieren und muss eben auf einen solchen Treffer reagieren. Jeder schätzt seine Verletzungen selbst ein (!) - und niemand bleibt nach einem Axthieb über die Brust unberührt! Ein Schwert z.B. ist keine Waffe die durch Berührung verletzt. Sie muss mit einer entsprechenden Hieb-/Schlagbewegung ins Ziel gebracht werden um Schaden anzurichten. Dann allerdings kann man mit gebrochenen Gliedern, schweren klaffenden Wunden und üblen Schmerzen rechnen.
Schutz davor bietet nur eine Rüstung: 1) Leder dämpft den Schlag ein wenig ab, 2) Kette nimmt den Schnitt, nicht aber die Wucht und 3) eine Platten-/Schuppenrüstung fängt häufig einen Großteil des Schlages ab. Es darf bei einem Treffer natürlich nur die Rüstung berücksichtigt werden, die an der getroffenen Stelle getragen wird.
Aber egal, welche Rüstung verwendet wird, einen Treffer merkt man immer (Schmerzen!) und man hat darauf zu reagieren. Folgende Richtlinien seien gegeben: 1) Der Pfeil/Bolzen eines Langbogens (ab 1,60m Länge)/ einer großen Armbrust durchbohrt leicht einen Kämpfer in Vollrüstung. Kleinere Ausführungen sind in ihrer Wirkung entsprechend abgemildert. 2) Ein ordentlicher Knüppel/ Hammer kann einen ganz schön durchschütteln und umwerfen und einen Arm oder ein Bein vorübergehend betäuben sowie Knochenbrüche und Quetschungen verursachen. 3) Ein Schwert verursacht Schnittwunden und möglicherweise Knochenbrüche. 4) Ein riesiger Bidenhänder ist oft nicht zu parieren und zudem fürchterlich in seiner Wirkung.
Aber es kommt nicht nur auf die Treffer an, sondern auch und besonders auf das Führen der Waffe. Jeder, der schon einmal ein echtes Schwert in der Hand gehalten hat kennt die Grenzen der Beweglichkeit und die Bewegungen, die damit möglich und sinnvoll sind. Zwar kann man auch mit einem normalen Schwert fuchteln als wäre es aus Polstermaterial, eine Wirkung erzielt man aber nur mit der entsprechenden (angetäuschten) Wucht und Haltung. Auch ein echter Bidenhänder kann mit einer Hand geführt werden, wenn auch recht wirkungslos und nur solange die Hand nicht abfällt oder man einen Krampf bekommt, was im Grunde recht schnell geschieht.
Kopf-, Hals-, Hand- und Genitalientreffer sind zu vermeiden. Jegliche Handgreiflichkeiten (Nahkampf, Einklemmen der Waffe, Greifen nach der Waffe des anderen, etc.) sowie übertriebener Krafteinsatz und Zustechen/ Kurbeln ist ausdrücklich verboten. Allgemeine Vorsicht und die Vermeidung real gefährlicher Situationen ist oberstes Gebot!
IV. Magie:
1) Die Darstellung von Magie ist eine der größten spielerischen Herausforderungen! Magie sollte daher etwas Besonderes sein. Magie verleiht der Fantasywelt etwas Mystisches und Geheimnis- volles. Um dies jedoch zu erreichen ist es nötig, dass sich jeder genauestens darüber bewusst sei, dass diese Illusion durch zu häufigen und zu alltäglichen Einsatz von Magie zerstört wird.
2) In der Magie entscheidet jeder Spieler für sich, ob ein Zauber gelingt - und das tut keinesfalls jeder Spruch! Das "Opfer" muss mitbekommen, das es bezaubert wurde und was es für ein Zauber war. Außerdem gilt es, sein Gegenüber mit der Darstellung eines Zaubers zu überzeugen. Ansonsten ist ein Zauber wirkungslos. Das Wirken von Spruchformeln (insbesondere Kampfzauber) mit Ausnahme von sogenannten Lehrlingszaubern ist in diesem Spiel nicht möglich, sondern nur in ritualisierter Form möglich. Die Suche nach der Ursache dafür stellt auch einen Plotstrang dar.
3) Das Wirken von arkanen Mächten geht an die Substanz! Magie wirken lässt den Charakter erschöpfen und muss daher dementsprechend simuliert werden! Das Wiedererlangen arkaner Kräfte muss durch Meditation oder dergleichen entsprechend dargestellt werden.
V. Alchemie
1) Jeder Alchemiekundige muss einerseits abwägen, ob sein Trank nicht zu mächtig ist und andererseits darauf achten, dass er keine Tränkeinflation verursacht. Desweiteren sollte die Herstellung, wie bei den Zaubern, ausreichend dargestellt werden.
2) Jedes Gift/jeder Trank muss mit einem OUTTIME-ZETTEL markiert werden, der die Wirkungsweise/-dauer enthält. Das Entwenden dieses Zettels ist strengstens!! verboten, solange das Gift/ der Trank noch nicht verbraucht wurde. VI. Tod eines Charakters/ Morden:
Den Spielern wird i.d.R. eine faire Chance gegeben aus einer brenzligen Situation mit heilem Charakter heraus zu kommen. Einen generellen SC-Gefahren-Freibrief gibt es allerdings nicht. Wer allein ins Räuberlager geht und vor aller Augen in ihren gerade aufgesetzten Abendessen-Topf pinkelt kann sich keine großen Überlebenschancen ausrechnen (Extrembeispiel!). Fazit: Schlecht- oder unüberlegtes Handeln kann tödlich sein.
Für jeden Meuchelmörder gilt folgender Verhaltenskodex: Niemand darf selber aus eigennützigen Gründen morden, dazu muss er jemanden engagieren. Eine Person kann nicht gemeuchelt werden, wenn sie an einer Kampfhandlung teilnimmt. Der Betroffene wird vorher immer durch eine Botschaft davon in Kenntnis gesetzt, dass dieser bald zu sterben hat. Für Mörder ist immer die Todesstrafe vorgesehen. Nur unter diesen Gesichtspunkten kann und darf gemordet werden.
VII. Intime/Outtime/Sicherheit:
1) In den öffentlichen Spielbereichen wird immer und überall gespielt. Toiletten, die Küche und gesperrte Bereiche, wie z.B. der Fundus oder real gefährliche Gegenden, sind keine Spielzonen. Schlafräume/ Das Zeltinnere sind spielberuhigte Bereiche, in denen sich die Teilnehmer zum Erholen oder für Out-Time-Gespräche zurückziehen können. Wenn die Rolle jedoch mal nicht gespielt wird, bitte kein "Kaffee, Bild(-zeitung)!" - Gebrülle morgens aus den Schlafquartieren ertönen lassen!
2) Wichtige Outtimeinformationen zum Spiel, soweit sie wirklich überhaupt nicht durch das Spiel zu vermitteln sind, müssen möglichst unauffällig(!) und ohne andere im Spiel zu stören(!) an die entsprechenden Mitspieler weiter gegeben werden, also kein "heilig, magisch"-Gebrülle.
3) Sicherheit hat natürlich immer Vorrang vor dem Spiel. In Notfällen wird das Spiel unterbrochen.
VIII. Schmutz/Müll/Ambiente:
1) Jeder hat seinen Abfall/Dreck sofort wegzuräumen! Wer meint, seine schlechte Kinderstube auf der Veranstaltung ausleben zu müssen, der kann bei einer wiederholten Ermahnung/ Verwarnung nach Hause geschickt werden, bekommt jedoch grundsätzlich die Platzkaution nicht erstattet! Geschirr, Besteck und ein Trinkgefäß sind selbst mitzubringen!
2) Es ist strengstens untersagt, Zigarettenreste in die Gegend zu werfen! Zigarettenreste dürfen nur in dafür vorgesehene Behälter sowie im Lagerfeuer und in Feueröfen entsorgt werden. Hiermit wird jedem Raucher ein kleiner tragbarer Aschenbecher ans Herz gelegt.
3) Jeder sollte moderne Dinge entweder in seinem Zelt / Zimmer außer Sicht verstauen oder zumindest ein Tuch/Fell/Decke zum Abdecken benutzen. Es sollten keinesfalls irgendwelche Dosen, Plastikflaschen oder ähnliches offen herumstehen.
IX. Dieben/ Beutelschneiden
1) Unter "Dieben" ist das spieltechnische Entwenden eines Gegenstandes zu verstehen. Gediebt werden darf nur zum Spiel gehörendes Material, welches umgehend beim örtlichen Hehler abgegeben werden muss. Der "Diebende" ist für den Gegenstand verantwortlich und muss ihn gegebenenfalls ersetzen. Der Dieb muss eine Diebeskarte hinterlegen, auf dem der Gegenstand und der Out-Time-Name des Diebes notiert ist. Ein Verstoß wird als reeller Diebstahl angesehen und zieht rechtliche Konsequenzen nach sich. Das Dieben von Schuhwerk, Musikinstrumenten sowie Ess-/ Trinkutensilien und Ähnlichem ist zudem untersagt. Denkt daran, dass "dieben" nur in den öffentlichen Spielbereichen gestattet ist. Wichtige spielrelevante Gegenstände dürfen daher nicht in den spielberuhigten Bereichen gebunkert werden.
2) Beutelschneiden stellt eine besondere Form des Diebens dar. Dazu muss unbemerkt eine hölzerne Wäscheklammer an die Schnur eines Beutels angebracht werden. Dadurch zählt der Beutelinhalt als angeeignet. Der Diebende oder eine fremdstehende Person tritt nun an den Bediebten heran und nimmt den Beutelinhalt an sich, der Beutel bleibt jedoch beim Träger. Schnallen, Taschen, usw. können auf diese Weise nicht bediebt werden.
3) Schätze in Form von Münzen dürfen behalten werden. Gegenstände sind beim Hehler in "bare Münze" einzutauschen, soweit diese nicht besonders gekennzeichnet sind.
X. Schlösser öffnen
Larp-Schlösser werden trotz der DKWDDK-Philosophie ein wenig simuliert. Es handelt sich dabei um eine kleine, runde, flache Metallbox, die an dem betreffenden Gegenstand angebracht ist und an der Vorderseite eine Öffnung hat. In der Box befinden sich ein oder mehrere Gegenstände, die zum Öffnen des Schlosses durch die Öffnung herausgeholt werden müssen. Vorhandene Hinweiszettel in der Box stellen Fallen dar und sollten daher auf keinen Fall herausgeholt werden, was die Falle auslösen würde. Ist ein Zettel mit einem Gegenstand verbunden, muss die Verbindung getrennt werden, um die Falle zu entschärfen. Zum "Knacken" ist also richtiges Fingerspitzengefühl und eine gute Auswahl an Hilfsmitteln/ Dietrichen (z.B. kurze, spitze, gerade oder krumme Nägel, usw.) erforderlich. Sobald ein Schloss geöffnet wurde oder ein Öffnungsversuch fehlschlägt (Falle ausgelöst) bzw. abgebrochen wird, müssen alle Gegenstände wieder in das Schloss gesteckt werden.
[Andreas Giese]