Normalität - Universell. Versuch des sanften Einstellungswandels - weg vom Höchst-Werte-Charakter.
von Dogio the Witch
Bezeichnung: Normalität
Motivation: Versuch des sanften Einstellungswandels - weg vom Höchst-Werte-Charakter.
Gehört zum Kapitel: Spielwelt / Grundregeln
Ein Beitrag von Dogio the Witch
Viele Systeme behandeln das Zusammenwirken von Attributen und Fertigkeiten nur auf positive Weise, d.h. ein hoher Attributswert bedeutet auch immer ein besseres Gelingen einer abhängigen Fertigkeit. Natürlich gibt es auch hier bei einigen Systemen (recht unkonsequente) Ausnahmen.
Viele Aktionen verlangen jedoch gerade, daß der Charakter sich nicht von seiner Umwelt abhebt. Dazu gehören alle Fertigkeiten, die man unauffällig durchführen will - ein halbnacktes Supermodell wird sich wohl kaum auf der belebten Hauptstraße durch Taschendiebstahl bereichern können. Ich denke mal, daß an diesem krassen Beispiel jeder ein Einsehen hat, daß ihre Abweichung von der Normalität ihr hier, durch die erregte Aufmerksamkeit, eine starke Behinderung einhandelt.
Der Spielleiter sollte also am besten ein "Gefühl" für Normalität einer bestimmten Umgebung (Taverne, Basar, Hauptstraße) seiner Spielwelt entwickeln und diese in besonderen Fällen als Richtwert behandeln. Diese Gruppen von Eigenschaften eignen sich besonders als Grundlage für eine Festlegung der Normalität:
- Aussehen / Schönheit / Erscheinungsbild
sofern nicht absichtlich verändert (Verkleiden) - Auftreten / Karma / Ausstrahlung / Präsenz
sofern nicht absichtlich verändert (Schauspielerei) - jedes andere "ersichtliche" Attribut
- hohe Geschicklichkeit = fließende Bewegungen
- hohe Schnelligkeit = hyperaktivität
- hohe Stärke = Muskelpakete
- hohe Konstitution = stämmiger Körperbau
- hohe Intelligenz = arrogantes Gehabe, neigt andere zu Verbessern
- ...
- {Rasse / Herkunft , Kleidungsstil & -qualität}
sofern nicht schon über andere Attribute abgehandelt
Beispiele:
- Eine pockennarbige, schäbige, abgerissene Gestalt, wird beim Betreten einer Hafenkaschemme wohl kaum auffallen. Die Normalitätswerte sollten dementsprechend niedrig gewählt werden. Betritt dagegen ein Charakter mit auffällig abwechendem Wert die Kneipe, werden sich Aufmerksamkeit, Neugierde oder Mißtrauen aller Herumlungernden sofort auf den Neuankömmling richten. Jegliche Versuche der unauffälligen Durchführung jeglicher Aktionen, wird um die Abweichung erschwert.
- Ähnlich - nur andersherum - ergeht es einem abgerissenen Strauchdieb auf einem Basar der besseren Sorte oder in einem gutbürgerlichen Gasthaus. Der Normalitätswert liegt hier recht hoch und stark nach unten abweichende Charaktere werden sich mit einer verstärkten Aufmerksamkeit abfinden müssen.
- In einer Magierakademie wird eine sehr kräftig gebaute Person zwischen den ansonsten eher schmächtigen oder schlanken Magiern mit Sicherheit auffallen.
- In einer Kriegerakademie wird ein schlaksiger Magier sicherlich einige neckische Begrüßungshiebe auf den Rücken oder heftiges Handschütteln erdulden müssen.
- In einer Zwergenstadt werden - sofern sie nicht zum üblichen Stadtbild gehören - reisende Menschen, Elfen und ähnliches, sicherlich eine starke Abweichung vom Normal der Zwergenstadt darstellen.
Wie man sieht, sorgen starke Abweichungen von der Normalität meist für Unbehagen, wenn nicht sogar für Ärger - ich denke so manche gutaussehende Frau kann (auch abseits des Rollenspiels) ein Lied davon singen.
Wenn sich der geneigte Spielleiter jetzt noch fragt "WARUM ?", dann möchte ich noch folgendes nachschieben:
- Spieler tendieren bei Attributen im allgemeinen gierig zu "höher, besser, geiler". Wenn ein Charakter in seinem Betätigungsfeld durch seine allesamt überdurchschnittlich ausgeprägten Attribute (bullige Konstitution, Muskelpakete, ein blendendes Aussehen, etc.) oft eher behindert als unterstützt wird, wird vielleicht ein Prozeß des Umdenkens einsetzen.
Die Umsetzung der Normalität kann sicherlich sinnvoll dazu beitragen, daß sich die Spieler auch mal mit Charakteren anfreunden die auch (unter-)durchschnittliche Attribut-Werte haben. Eine Konzentration auf die wirklich wichtigen Attribute kann die Folge sein - also weg vom "Hans Dampf in allen Gassen"-Ideal.
Die erfeuliche Folge wären weniger universelle Charaktere, die wieder mehr aufeinander angewiesen sind - und gutes Teamwork macht eine Rollenspielrunde doch erst richtig nett.
Umsetzung:
Je nachdem in welchem Wertesystem die Attribute und Fertigkeiten gehalten sind, sollte man sich eine Faustregel für die Ableitung der Modifikationen zurechtlegen. Das Rsp Midgard zum Beispiel verwaltet die Attribute als Prozentwerte, ermittelt die Fertigkeiten jedoch mit dem W20. Modifikationen lassen sich recht einfach durch den Faktor 5:1 ermitteln.
Bei anderen Systemen, in denen die Attribute und Fertigkeiten im gleichen Rahmen gehalten wurden, kann eine direkte (oder abgeschächte ?) Übernahme erfolgen.
Bleibt letztendlich zu erwähnen, daß mann sich als Spielleiter entscheiden sollte, ob man den Modifikator für die Würfe des Charakters (als Erschwernis), oder seiner Umgebung (als Erleichterung) benutzt. Eine "doppelte Strafe", bei der die Abweichung vom Normalitätswert in beiden Fällen angewendet wird, sollte vermieden werden !
Um den Spielern die Arbeit zu erleichtern, sollte man die Normalitätsabweichung besser für Wahrnehmungswürfe benutzen, die bei heimlichen Aktionen ja meist vom Spielleiter durchgeführt werden.
Teilen sie den Spielern möglichst vor der Charaktererschaffung die Einführung des Normalitätswertes mit, damit später kein Gemurre entsteht. Sollte ein Spieler durch die Einführung der Normalität zu stark in seiner Berufung behindert werden, raten sie ihm zu einer Verkleidung.