Interview mit Erdenstern - Rollenspielmusik für alle
von Ingo "Greifenklaue" Schulze
Mai 2006: Erdenstern ist der Name eines jungen Projektes, welches es sich zum Ziel gesetzt hat, Rollenspieler mit Musik zu versorgen. So brachte man in Oktober 2005 das Erstlingswerk "Into the green" heraus, welches allgemein mit positiver Resonanz aufgenommen wurde. Während der Aufnahmen zum Album "Into the red" nutze Greifenklaue die Chance und interviewte die drei Muiker Andreas Petersen, Eva-Maria Irek und Per Dittmann.
Greifenklaue: Wie kam es zu dem Namen "Erdenstern"? Wer hat die Werke komponiert?
Erdenstern: Wir kamen gar nicht zu dem Namen. Der Name kam zu uns und ging nicht wieder weg. (lachen) "Aesap Erdenstern" sind die Buchstaben von Andreas Petersen durcheinandergewürfelt, und der Bestandteil "Erdenstern" gefiel uns so gut, dass wir ihn behalten haben. Deshalb ist Aesap auch eigentlich der Komponist all unserer Stücke: wir drei erstellen ein gemeinsames dramaturgisches Konzept, auf dessen Grundlage Andreas musikalische Ideen und Arrangements entwickelt, die dann von uns dreien bearbeitet und instrumentiert werden.
Greifenklaue: Mit welchen Mitteln bzw. welchem Orchester wurden die Lieder aufgenommen?
Erdenstern: Mmmh... Das Hamburger Staatsorchester... (lächeln verschmitzt und blicken einander verschwörerisch an) ... Nein, das wäre schön, aber leider im Moment noch ausserhalb unserer Reichweite (aber schön wärs). Neben einer Reihe eigener Samples arbeiten wir mit einer Mischung aus verschiedenen Orchestern, der Vienna Symphonic Library, East West|Quantum Leap, was von P. Siedlaczek, , etc.. Das mischen wir dann mit Live-Instrumenten, wie Schlagwerk, klassischen Gitarren, Whistles, Querflöte, Klavier und anderen... So dass nach Möglichkeit ein wahrhaftiger, und überzeugender Klang entsteht.
Greifenklaue: Wie lange hat die Produktion gedauert?
Erdenstern: Die Idee, Rollenspielsoundtracks zu machen, ist natürlich schon etwas älter - doch an unserer ersten CD haben wir effektiv etwa sechs Monate gearbeitet. Da wir "Into The Green" als Teil einer Art musikalischen Bibliothek sehen, haben wir allerdings natürlich auch nicht ausschließlich an der Musik für diese CD komponiert, sondern auch an der für weitere CDs, die noch erscheinen werden.
Greifenklaue: Wodurch wurde das Projekt inspiriert?
Erdenstern: Wir haben vor Erdenstern schon in einigen Multimediaprojekten zusammengearbeitet, in denen der Orchesteranteil an der Musik mit der Zeit immer größer wurde. Die Idee der Verbindung von Literatur und Musik, die Kombination der unterschiedlichen Arten des Geschichtenerzählens, hat uns fasziniert, die gegenseitige Inspiration von Musik und Geschichte. Filmsoundtracks beschreiben immer eine schon erzählte, feststehende Geschichte, und für uns war es spannend, den nächsten Schritt zu gehen, und eine noch nicht erzählte, dynamische Geschichte wie beim Rollenspiel mitzuerzählen.
Greifenklaue: Wie stellt ihr euch den Einsatz im Rollenspiel vor?
Erdenstern: Da gibt es sicher unterschiedliche Typen von Spielleitern, die unsere Musik unterschiedlich einsetzen. Der Meister, der eine umfassende Soundtrack-Sammlung besitzt und Musik sehr bewusst für bestimmte Situationen im Abenteuer einsetzt, findet in unseren CDs eine gute Erweiterung nicht filmisch "vorbelasteter" Musik. Der Spielleiter, der (noch) selten Musik einsetzt, kann sich anhand der systemunabhängigen Beschreibungen der Stücke auf unseren CDs schnell zurechtfinden und Stücke intuitiv gezielt aussuchen, und - wie uns unsere Hörer schon beschrieben haben - es gibt auch den Effekt, dass "Into The Green" oft auch schon erstaunlich gut funktioniert, wenn man sie einfach nur anstellt und dann im Hintergrund durchlaufen lässt...
Andere wiederum schreiben uns, dass ihnen das Hören von "Into The Green" auch bei der Erarbeitung und Vorbereitung der Abenteuer schon eine große Hilfe war, Stimmungen und Situationen zu schaffen.
Daneben gibt es natürlich aber ja auch noch den Einsatz jenseits davon.
Rollenspiel ist zwar durchaus unsere Inspiration, aber uns war wichtig, eine "echte" CD zu machen, die auch ohne zwanzigseitigen Würfel funktioniert, die über bloßes "Spielzubehör" hinausgeht. Und die Reaktionen unserer Hörer bestätigen uns darin.
Greifenklaue: Welche weiteren CDs sind in Vorbereitung? Wollt ihr noch in andere Genres vorstoßen?
Erdenstern: Wir haben unsere Musik von Anfang an genreübergreifend gesehen. Dass wir auf unserer ersten CD in den Wald gegangen sind, dem ging eine lange Entscheidungsphase voraus. Wir haben uns zunächst eher dem Fantasy-Genre genähert, bieten aber schon mit "Into The Green" und auch den folgenden Alben einen passenden Hintergrund für eine Reihe von Genres. Unsere zweite CD ist quasi schon auf der Zielgeraden und wir in den nächsten Wochen erscheinen. Auf "Into The Red" wird es beispielsweise kämpferischer zugehen, und weitere CDs sind schon in Planung, die uns noch in ganz andere Gegenden und Zeiten führen werden.
Greifenklaue: Welche Lieblingssoundtracks habt ihr eigentlich?
Erdenstern: Das ist gar nicht so leicht zu sagen, dazu gibt es zu viel großartige Musik. Wo fängt man da an? Im Moment faziniert uns z.B. "Snow Falling on Cedars" von James Newton Howard, Teile von "Königreich der Himmel", "Dead Man" von Neil Young, "Drowning By Numbers" von Michael Nyman, so Klassiker wie "Omen" von Jerry Goldsmith oder natürlich einiges von Howard Shore. Aber auch Klassisches, Werke von Prokoviev, Strawinsky, Górecki, Mahler oder außergewöhnliches wie Astor Piazolla.
Greifenklaue: Welche Rollenspiele spielt ihr noch aktiv?
Erdenstern: Zur Zeit kommen wir leider kaum noch zum aktiven Rollenspielen - Eva und Andreas haben viel D&D gespielt, und Per trifft sich in unregelmäßigen Abständen noch mit einer DSA- und einer Shadowrun-Runde.
Greifenklaue: Wie sind bisher die Reaktionen der Hörer?
Erdenstern: So durchweg positiv, dass es uns manchmal noch immer überrascht. Unsere Hörer schreiben uns von ihren Erfahrungen beim Spiel, in welchen Situationen sie die Musik einsetzen, und wie die Reaktionen ihrer Spielrunden sind. Manche schreiben uns, dass sie uns gerne mit konstruktiver Kritik weiterhelfen würden, ihnen aber gar nichts einfiele, was sie kritisieren könnten, wieder andere beschweren sich, dass es zu wenig Stücke wären, und die auch eigentlich zu kurz - und solche Vorwürfe hört man doch gerne... :) Was wir bisher an Reaktionen bekommen haben, hat uns sehr viel Mut gemacht, die zweite CD anzugehen - und jetzt sind wir natürlich gespannt, wie es weitergeht.
Zum Schluß möchten wir uns für Euer Interesse bedanken - nicht zuletzt so engagierte Online-Magazine wie Ihr haben viel zum Erfolg von Erdenstern beigetragen.
Greifenklaue: Wir danken ebenso dafür, dass ihr Euch während der Aufnahmen die Zeit genommen habt für das Interview und wünschen viel Erfolg bei "Into the red" und der restlichen Soundlibrary.