Die christliche Seefahrt
von Joachim Schmidt und Ulf Straßburger
"Auf einem Schiff sein heißt im ,Gefängnis' sein,
in dem man befürchten muß zu ertrinken.
In einem Gefängnis hat ein Mann mehr Platz,
besseres Essen und im allgemeinen
auch noch bessere Gesellschaft."
Dr. Samuel Johnson, engl. Schriftsteller 1715
In der zivilen und und der militärischen Seefahrt war das Leben an Bord streng und hierarchisch geregelt.
Die einfachen Seeleute hatten kaum Rechte und ein hartes Leben, derweil die Oberen zeitweise ein besseres und bequemeres Leben an Bord führen konnten.
Der Mann nebst Gott
An oberster Spitze stand natürlich der Kapitän. Ihm mußte bedingungslos gehorcht werden. Er war gewissermaßen ein Herrscher über Leben und Tod und selbst unantastbar. Dieses verlieh ihm einen gottähnlichen Status.
Vor allem in der Kriegsmarine durfte ihn ein einfacher Seemann nicht einmal von sich aus ansprechen. Und auch die anderen Offiziere an Bord mußten erst um Erlaubnis bitten, das Wort an ihn richten zu dürfen.
Entsprechend seinem Status war auch die Verantwortung um Schiff, Auftrag und Fracht.
Kapitän wurde man zum einen durch heldenhafte, loyale und außerdem erfolgreiche Taten, zum anderen durch familiäre Bedingungen wie adlige Herkunft, entsprechenden Einfluß und Vermögen.
War der Kapitän Führer eines Kaperschiffes, so standen ihm und seinen Mentoren bzw. dem König ca. ein Drittel der Beute zu, den Offizieren und Mannschaften jeweils ein weiteres Drittel.
Die Seeoffiziere
Der Mann, der oft in Wahrheit das Schiff lenkte, war der 1. Offizier bzw. der Steuermann. Als rechte Hand des Kapitäns koordinierte er den gesamten Dienstablauf an Bord und hatte Befehlsgewalt über alle außer dem Kapitän selbst.
Je nach Größe des Schiffes gab es eine Anzahl weiterer Offiziere bzw. Leutnants, die bestimmte Wachen oder Dienste zu kommandieren hatten.
Spätere Kapitäne durchliefen zuerst die verschiedenen Offiziersgrade, bevor ihnen ein Schiff anvertraut wurde.
Die Deckoffiziere
Dieses waren weitere Personen mit herausragenden Fähigkeiten oder Aufgaben.
Mit den höheren Diensten Betraute hatten Zugang zur Offiziersmesse. Dazu gehören der Master, er war für Navigation, Seekarten, Schiffstrimmung und Beladung zuständig, sowie der Proviant- und Zahlmeister, der selten vorhandene Schiffarzt sowie auf großen Kriegsschiffen ein Pfarrer.
Keinen Zugang zur Messe hatten Stück- und Geschützmeister, Bootsmann, Schiffzimmermann, Segelmacher und Kalfaterer.
Natürlich waren auf kleineren Schiffen nicht alle Positionen namentlich besetzt. Vollmatrosen wurden dann mit den entsprechenden Aufgaben betraut.
Die Seesoldaten
Auf Kriegsschiffen und Frachtschiffen mit besonderer Ladung fuhren Soldaten mit. Diese waren im Kampf zur See ausgebildet.
In Gefechten bildeten diese das Rückgrat der kämpfenden Truppe, da die einfachen Matrosen selten vollwertige Gegner im Schiffskampf Mann gegen Mann waren.
Zwischen den Seesoldaten und den Mannschaften gab es dauernd Querelen und ernste Streitereien, da sie im tristen Alltag viel Zeit hatten, den Matrosen bei ihrer Arbeit im Weg zu sein.
Andererseits waren sie auch der Puffer zwischen den noch unbeliebteren Offizieren, zu denen sie loyal standen. Revolten erstickten sie blutig im Keim.
Die Mannschaften
Der Umgang der Mannschaften untereinander war oft recht rauh. Dieses ist bei den beengten Verhältnissen an Bord, den Anstrengungen, den Wetterauswirkungen und der unzureichenden Ernährung auch nicht verwunderlich.
In dieser Gemeinschaft war eine straffe Führung und eine harte Hand nicht nur notwendig, sie wurde von den Männern auch gewünscht. Sonderarbeiten, Auspeitschen und in Eisen legen waren die häufigsten Strafen, mit denen Streitigkeiten, Ungehorsam oder schlechte Arbeit quittiert wurden. Für größere Vergehen wie Befehlsverweigerung, Mord oder Aufwiegelei standen härtere Strafen wie Kielholen oder Hängen zur Verfügung.
Das alles wurde von den Mannschaften klaglos hingenommen - Hauptsache, es war gerecht!
Die Mannschaft unterteilte sich nochmals in Vollmatrosen, Leichtmatrosen und Gehilfen. Waren letztere meistens gepreßt und unausgebildet und standen an Bord auf der untersten Stufe, so hatten die Matrosen ihr Handwerk gelernt. Die Vollmatrosen waren erfahrene und mit Sonderaufgaben betraute Seeleute, denen eine entsprechende Anzahl Leichtmatrosen und Gehilfen für die auszuführenden Arbeiten unterstanden.
Der Sold der Mannschaften war schlecht und die Chancen, Krankheiten, Unfällen oder anderem Übel zu entgehen, nicht allzu groß.
Das Leben an Bord
Die Dienstabläufe an Bord eines Schiffes waren eintönig und doch kräftezehrend. Normalerweise teilten sich zwei Matrosen einen Schlafplatz, da sie abwechselnd Dienst taten.
Für jeweils acht Glasen, d.h. vier Stunden war eine sogenannte Wache eingeteilt. Nach dieser Arbeitszeit waren vier Stunden Ruhe- und Freizeit vorgesehen. Dieser Rhythmus zog sich von Tag zu Tag, nur unterbrochen von Alarmübungen, gemeinsamen Segelsetzen oder -bergen oder dem Kampf mit Unwettern. Ansonsten waren fortlaufend Ausbesserungs- und Flickarbeiten und einfache Segelmanöver angesetzt.
Essen und Wasservorräte wurden nach kurzer Zeit auf See ungenießbar - gegessen wurde z.B. im Dunkeln, um die Maden nicht zu sehen - kühlfeuchtes oder fibriges Klima, der anstrengende Dienstrhythmus und die Enge auf den Schiffen sorgten für Auszehrungen, Krankheiten und Aggressionen. In der Kriegsmarine starben wesentlich mehr Männer durch Krankheiten und Unfälle als durch direkten Kampfeinsatz...
Beim Dienst in der Marine erhielten die einfachen Seeleute und oft auch die Deckoffiziere aus Angst vor Desertationen nicht einmal Landgang.
Von der grenzenlosen Freiheit auf See hatte damals niemand etwas...
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