Bremonien - Das Land des ewigen Herbstes
von Joachim Schmidt und Ulf Straßburger
Nachdem ich während meiner langjährigen Studien viele widersprüchliche Berichte über das Reich Bremonien, daß sich im Osten des Kontinents Caedwyns befinden soll, gelesen habe, beschloß ich selbst in dieses ferne Land zu reisen, um zu erfahren, was wahr und was an diesem Geschichten Legende ist. - Jasgar, Magier vom Orden der Wächter
Im Frühling des Jahres 602 n.GC. brach ich in Nadir mit einem Handelsschiff der Handelsgilde der Hochlande über das Innere Meer in Richtung Osten auf.
Hier ist mein Bericht über dieses Atemberaubende Land und seine Bewohner:
Die Überfahrt dauerte gut zwei Wochen. Wir hatten nach Aussage der Besatzung enormes Glück, daß wir keinen der berüchtigten Stürme, die regelmäßig das Innere Meer heimsuchen, erlebten. In GaRod angelangt verließ ich den Handelssegler und schaute mir zuerst die Stadt an. Diese Stadt wurde von unendlich vielen Kanälen durchzogen, wie ein albeischer Käse mit Löchern. Man nennt GaRod auch die Stadt der Kanäle und Brücken. Ich zählte allein mehr als 100 Brücken, wovon Eine schöner ist als die Andere. Nach Aussage eines Stadtbewohners gibt es mehr als 250 Brücken, aber wieviele es genau sind, kann niemand mit Bestimmtheit sagen. Ich übernachtete im schwarzen Fährmann. Die Besitzerin machte einen exzellenten Blaubeerkuchen. Doch mindestens genauso gut ist der Wein, der im Fährmann ausgeschenkt wird. Nach einer durchzechten Nacht machte ich mich am darauffolgenden Tag per Pferd nach Nordosten auf.
Meine Reise führt mich nach wenigen Tagen an den Rand des Pendarn Waldes. Von diesem Ort hatte ich schon viel gelesen. Meine Neugier trieb mich an, so schnell wie möglich den Bewohner des Waldes zu begegnen; denn hier sollten Elfen und Feen leben.
Berichten zufolge, die ich noch in der Magiergilde in Nadir studiert hatte, sollte es hier auch Ents geben. Sicher ist dieser Wald eine eigene Reise wert und vielleicht werde ich auf meinem Rückweg versuchen die sagenumwobene Stadt Ra-Pen zu finden. Doch vorerst zog ich es vor, weiter nach Osten zu reisen, nach Bremon der Hauptstadt des Königreiches.
So reiste ich in Richtung Norden, um den Wald zu umrunden, da man mir in GaRod sagte, daß der Celynsee etwas ganz Besonderes sei. An der Nordspitze des Pendarn erreichte ich das Südufer des Celyn Sees. Ich bekam einen ersten Eindruck von der Natur dieses Landes; der Nebel lag über den Wassern, welcher fast alle Geräusche verschluckte, die vom See kamen. Die Wogen, welche vom stetigen Wind aufgeworfen wurden, kamen fast lautlos an das Ufer. Kein einziger Sonnenstrahl erreichte den Boden; alles war in ein graues Zwielicht getaucht. Es war eine gespenstische Stimmung, die dieses Land umgab. Urplötzlich hörte ich Reiter, die sich von Süden meiner Position nährten. Sie mußten mit ernormer Geschwindigkeit unterwegs sein und bis an die Zähne bewaffnet, denn ich konnte eindeutige Geräusche wahrnehmen. Ich brachte mich mit einem Satz in Sicherheit und versteckte mich hinter einem umgestürzten Baum. Gerade noch rechtzeitig, denn Sekunden später brachen ein gutes Duzend Reiter in roten Rüstungen aus dem Nebel und ritten im fliegenden Galopp an mir vorbei in Richtung.
Die Ebenen östlich des Celyn scheinen ebenso abweisend wie der See, tief hängen die Wolken über den Wiesen und Bäumen. Sie scheinen sich den Lichtverhältnissen angepaßt zu haben, fast alle Blätter auf den Bäumen haben rot-braune Blätter, obwohl es gerade erst Sommer wird. (Elk ist kein Botaniker und hat noch nie etwas von Photosynthese o.ä. gehört !).
Ein Fallensteller, einer der wenigen Menschen der mir auf meiner Reise durch das ösliche Brermonien begegnet ist, erzälte mir, daß die wenigsten Bäume grüne Blätter bekommen, die meisten behalten ihre rostige Farbe das ganze Jahr über. Mir scheint, das Bremonien das Land des ewigen Herbstes ist. Die Tiere die der Mann jagte, waren hauptsächlich Hirsche, jedoch von viel größerem Wuchs als die, die ich aus Cal oder den Hochlanden kannte. Einige Wolfsfelle waren ebenfalls unter seiner Beute, und er berichtete mir, daß es in Bremonien häufig Fälle von Lykantrophismus gäbe und ich mich in Acht nehmen sollte. Des weiteren erwähnte der Jäger ein Rabenvolk, dessen Vögel sehr groß seien und die, die menschliche Sprache sprechen könnten. Ich hörte im Osten noch öfter über diese Raben, doch das meiste waren nur Legenden und Geschichten. Einen echten Hinweis oder gar Beweis habe ich nicht finden können.
Der stetige Wind, welcher zeitweise zu einem wütenen Sturm anschwoll und regelmäßige Regenfälle ließen mich nur sehr langsam vorankommen und oft mußte ich in einem der vielen dunklen Wälder unterschlupf suchen um auf ruhigeres Wetter warten.
Sieben Tage, nachdem ich GaRod verlassen hatte erreichte ich die Dunkle Schlucht und wäre fast in die Tiefe gestürzt, lag doch wiedermal dichter Nebel über den Landen. So kann ich nicht viel über die Spalte berichten, in dessen Tiefen es unermäßliche Schätze und unbeschreibliche Wesen geben soll und welche das Ostland geographisch beherrscht, war doch so gut wie nichts von ihr zu sehen. Die Sichtweite mag um die hundert Schritt betragen haben doch die andere Seite war nicht zu erkennen. Auch der Grund war nicht zu erahnen; ein Stein den ich in die Schlucht fallen ließ warf kein Geräusch zu mir zurück, der Nebel verschlang jeden Laut.
Ich reiste weiter nach Nordosten, um zwischen dem Fluß Cylen und der Dunklen Schlucht zur Nordspitze der riesigen Erdspalte zu gelangen, wo sie umrunden und nach Süden zur Stadt Roden weitereisen werde.
Das Landschaftsbild hat sich kaum verändert. Es gibt hier kaum Berge, nur Ebenen und flache Hügel auf denen die roten Wälder von Bremonien stehen.
Meinen ersten Kontakt mit den Menschen und der Kultur der Bremonier hatte ich in dem Dorf Dorn.
Es sind keineswegs Barbaren, wie viele der Berichte behaupteten, die ich in Nadir studiert hatte, obwohl ihr Aussehen solch eine Beurteilung erklären würde. Die Männer sind alle samt groß und kräftig gebaut und haben blonde bis rötliche Bärte und Haare, welche sie lang und offen mit einigen Zöpfen tragen. Sie wirken jedoch gepflegt und tragen keine groben Felle am Körper, wie mir erzählt wurde. Vielmehr scheint die Lederverarbeitung und die Weberei einen hohen Standard erreicht zu haben, die Farben ihrer Kleidung erinnert an die Bäume des Landes, viel dunkles rot und braun. Die Frauen stehen den Männern in nichts nach, sie sind hoch gewachsen und haben schöne Gesichter, welche von meist langen roten Haaren eingerahmt werden, die aufgrund ihrer natürlichen Lockung recht wild wirken. Die Leute in Dorn leben von Landwirtschaft und Viehzucht. Die Böden der Felder sind gut und die Ernten reichlich und es sieht so aus, als müßte niemand Hunger leiden. Die Rinder haben ein langes, schwarzes Fell und armlange Hörner, ich schätze, daß so ein Tier an die fünf Doppelzentner wiegen mag.
Die großen Häuser im Dorf sind aus rötlich-grauem Sandstein gebaut und bestehen aus nur einer Etage. Die Dächer haben einen flachen Giebel und sind mit Holzschindeln gedeckt. Das Holz, das zum Bau verwendet wird stammt von der Bluteiche und ist sehr dunkel, fast schwarz. Die Häuser wirken äußerst massiv.
Etwas vom Dorf abgelegen steht eine kleine Kapelle mit Glockenturm, und einem kleinen Friedhof. Hier wird Kulutus, der auch der Einzige genannt wird, verehrt. Es gibt nur diese eine Religion in Bremonien, welche keinen besondernen Stellenwert einnimmt. Es werden in seinen Namen Erntedankfeste gefeiert, Hochzeiten gehalten und die Toten beerdigt, religiösen Fanatismus oder Glaubenskriege gibt es hier nicht. Die Priester haben keine magischen Fähigkeiten, es handelt sich eher um ein ehrenamtliches Amt. Oft helfen die Vertreter des Einzigen Kindern und Tieren auf die Welt und pflegen Kranke. Die meisten haben gute Kenntnisse über Kräuter, Pflanzen und Tiere. Das Zeichen des Einzigen war der allumfassende Kreis, der von den Gläubigen durch aneinanderlegen von Daumen und Zeigefingern dargestellt wird.
Die Menschen haben mich freundlich aufgenommen und mir angeboten eine Weile in Dorn zu bleiben, um mich von meiner Reise zu erholen. Es wurde während ich in Dorn war, ein Fest gefeiert, zu dem ich herzliche eingeladen wurde. Während meines Aufenthaltes in Dorn habe ich viel über die Bremonier gelernt; erst einmal, daß alle Menschen frei sind, denn es gibt hier keine Leibeigenschaft. Jede Familie zahlt jedoch Steuern an den entsprechenden Herzog. Außerdem darf hier jeder eine Waffe tragen, ich habe kaum einen Mann ohne Schwert oder Axt gesehen und auch die Frauen sind nicht unbewaffnet. Das Kriegshandwerk ist hier hoch angesehen, wie hoch sollte ich aber erst am Abend des Festes erkennen, zu dem man mich eingeladen hatte. Das ganze Dorf versammelte sich in einer der großen Scheunen, welche für diesen Anlaß leergeräumt und geschmückt worden war. Zu Beginn war ich sehr erstaunt über die Dörfler, kamen sie doch nicht in den guten Kleidern, die nur an Festtagen aus dem Schrank geholt wurden, wie das bei uns der Fall wäre, sondern wie für eine Schlacht gerüstet. Sie trugen Kettenhemden und Schuppenpanzer, Schwerter und Schlachtbeile, Schilde und Helme, sie wirkten äußerst imposant und waren sehr fröhlich. Als alle beisammen waren, erzählte der Gastgeber, Borken von Dorn viele Geschichten, die die Heldentaten seiner Familie beinhalteten und bei jedem Höhepunkt jubelten die Gäste, schlugen mit ihren Waffen auf ihre Schilde und tranken auf den Helden der Erzählung. Zu meist handelte es sich bei den Sagen um Berichte von Schlachten gegen die Thrusken und Modru, in denen die Vorfahren gekämpft hatten. Es wurde gesagt, wie und wieviele sie erschlagen hatten und es endete meist mit dem ehrenvollen Tod des Kriegers. Mit der Zeit näherten sich die Geschichten immer mehr der Gegenwart, die Bremonier wurden lauter und die Krüge immer schneller leer. Nachdem Borken die Taten seines Großvaters und Vaters geschildert hatte, wobei letzterer auch anwesend war und bei dieser Geschichte am lautesten von allen geschrien hatte, trat sein Sohn neben ihn. Er brachte den Vortrag über seine Vorfahren mit der Geschichte von Borken von Dorn seinem Vater zu Ende. Der folgende Sturm des Jubels ist kaum zu beschreiben, sie schrien aus vollen Hälsen und hämmerten so stark sie konnten auf ihre Schilde, ein wahnsinniger Lärm der minutenlang anhielt. Als endlich wieder Ruhe einkehrte, überreichte Borken seinem Sohn sein Schwert, das schon viele vor ihm getragen hatten und der größte Familienbesitz war. Nun sei es an ihm den Ruhm der Familie zu mehren und viele große Taten auf dem Schlachtfeld zu vollbringen. Wieder erscholl begeisterter Jubel in der Scheune und das Fest begann, es wurde getanzt, gesungen, gegessen und vor allem viel getrunken. Als ich später Borken fragte, was das alles zu bedeuten habe, erklärte er mir, daß es in Bremonien nichts angeseheneres gebe als ein Krieger, der sein Handwerk versteht und seiner Familie Ruhm und Ehre brächte. Es darf sich jeder den Armeen des Königs anschließen, doch bekommt man dort keinen Sold, es ist schließlich eine Ehre für Bremonien zu kämpfen und so muß der Krieger von seiner Familie versorgt werden. Da die meisten Familien nur einen Krieger finanzieren können, hat es sich so eingebürgert, daß der älteste Sohn zu Felde zieht und sollte er fallen rückt einer seiner Brüder nach. Es ist selten aber auch nicht unüblich, daß der Krieger einer Familie eine Frau ist.
Ich verließ das Dorf Dorn zusammen mit dem jungen Krieger, Rohm von Dorn war sein Name, und wir machten uns in südliche Richtung nach Roden auf. Zum ersten Mal während meines Aufenthaltes im Osten war das Wetter klar, nur wenige weiße Wolken zogen in großer Höhe über den blauen Himmel und obwohl immer noch ein kalter Wind wehte, verstand ich nun, warum die Bremonier ihr Land so liebten. Die Sonne verwandelte die dunklen Bäume in rot-goldene Wälder, die prachtvoll über das Land strahlten und auch die Ebenen wirkten nicht mehr grau und öde. Überall sah man kleine Bäche und Flüsse, die sich durch die Wiesen windeten und sich in kleine Seen ergossen. Hier und da ragten schroffe graue Felsen aus dem Boden und kleine Wasserfälle sprangen über ihre Kanten. In der Ferne sah ich oft die großen Hirsche in den hohen Gräsern stehen und ich fand noch viele Spuren von Wildschweinen, Hasen und sogar die eines Bären. Am Abend ging die Sonne blutrot unter, so daß es den Anschein hatte, als ob der Himmel zu brennen schien. Das Feuer aus den Wolken tauchte Bremoniens Landschaft in glühendes Licht, das die goldenen Wälder regelrecht entflammen ließ. Allein dieser Anblick war die ganze Reise wert.
Während des Weges nach Roden lernte ich von Rohm viel über die Bremonier. Sie glauben an die Ehre und allem Anschein nach gibt es nichts, was einen Bremonier dazu veranlassen könnte, sein Land und sein Volk zu verraten. Die Wörter Lüge und Feigheit scheinen in diesem Land überhaupt nicht zu existieren, und das Wort eines Bremoniers wird nicht gebrochen. Ich muß allerdings sagen, daß diese Aussagen von einem jungen, unerfahrenen Krieger stammen und ich bin mir nicht sicher, ob diese Ideale von allen Bürgern Bremoniens erfüllt werden.
Der Magie gegenüber sind die Ostländer äußerst mißtrauisch, sie sind der Meinung das Zauberei vor allem dazu diene, aus dem Hinterhalt anzugreifen und einem ehrvollen Kampf von Angesicht zu Angesicht auszuweichen. Ich glaube diese Einstellung beruht auf der Tatsache, daß die Bremonier kein besonders magiebegabtes Volk sind und alle Zauberkünste, die sie bisher gesehen haben, von Feinden gegen sie verwendet worden sind. Ich werde mich hüten hier offen einen Zauber zu wirken.
Leider hielt das Wetter nicht sehr lange und als wir am dritten Tag Roden erreichten, war die Sonne schon seit Stunden hiter den dicken Wolken verschwunden, aus den es heftig zu regnen begann. Der stetige Wind, die tief hängenden Wolken und der feine Regen hatten Bremonien wieder in das herbstliche Land verwandelt, das ich schon während der ersten Wochen hier im Osten kennen gelernt hatte. Vielleicht lag es an diesen Umständen, daß mir Roden recht trostlos vorkam.
Eine trutzige Mauer umschloß die Stadt, über die nur zwei Gebäude hinaus ragten. Das schwere eisenbeschlagende Tor war geschlossen, und nur eine kleine Tür wurde für uns geöffnet. Dahinter warteten ein halbes Dutzend Krieger, die alle schwer gerüstet waren und vor allem mich mißtrauisch musterten. Sie fragten mich, wer ich sei und was mich hierher treiben würde. Meine Erklärung, daß ich eine Reise durch Bremonien mache, um Land und Leute besser kennen zu lernen verbesserte die Situation nicht im geringsten. Der Hauptmann befahl zweien seiner Männer, mich durch die Stadt zu begleiten und ich glaubte nicht, daß sie eine Ehrenwache gewesen seien.
Die Stadt Roden unterscheidet sich gänzlich von den Städten des Westens, allein Charon läßt eine wagen Vergleich zu. Die Bremonier legten allem Anschein nach keinen großen Wert auf Zierrat wenn es um ihre Städte ging. Es gab keine kunstvollen Bauten, keine marmornen Staturen und keine bunten Wimpel auf den Türmen. Alles war sehr zweckmäßig, einfach aber rustikal. Die Häuser waren wie in Dorn aus rötlichem Sandstein und dunklem Blutbuchenholz gebaut, hatten jedoch keine so große Grundfläche, aber dafür zwei Stockwerke.
Ein erheblicher Anteil aller Gebäude waren Garnisonen, Kasernen, Waffenlager und andere militärische Einrichtungen, zu denen ich keinen Zutritt bekam. Alle Straßen waren gepflastert und sauber und in regelmäßigen Abständen fand man tiefe Brunnen. Die Geschäfte in Roden boten überwiegend Dinge an, die man im täglichen Leben brauchte.
Ich habe nicht einen Juwelier oder Goldschmied entdecken können, auch teure Stoffe wurden nicht angeboten. Allgemein schien jede Form von Luxus zu fehlen, allerdings machte es den Eindruck, als würde er von den Bewohnern nicht vermißt werden.
Das Wirtshaus in das ich einkehrte war aufgeräumt aber gemütlich. Ein langer massiver Tresen beherrschte den größten Teil des Gastraumes, in dessen einer Ecke ein kleines Podest für einen Barden aufgebaut war. Der Holzboden war gefegt, an den senkrechten Balken die die Decke trugen waren einfache eiserne Kerzenhalter befestigt und ein großer Kamin, in dem den ganzen Tag ein wärmendes Feuer brannte, machte aus dem Raum eine behagliche Schankstube. Keine Schnitzerei, kein Bild oder andere Verzierungen störten seine Schlichtheit.
Während meiner sieben Tage Aufenthalt in Roden fielen mir verschiedene Dinge auf, die hier erwähnt werden sollten. Roden war die zweit größte Stadt Bremoniens doch habe ich nirgendwo einen Bettler oder Hausierer gesehen. Als ich meine stetigen Begleiter, die mit zugeteilten Wachen, danach fragte, erklärten sie mir, daß betteln nicht ehrenvoll sei. Jeder Bürger Bremoniens hat Anspruch auf ein Stück Land auf dem er Viehzucht betreiben, oder es bestellen kann, außerdem wären die Menschen hier viel zu stolz, um Almosen zu erbitten. Eine Überbevölkerung oder Landnot kommt durch die stetigen Verluste bei den Grenzkriegen mit dem Thruskischen Imperium nicht zustande. Diejenigen, die körperlich nicht mehr in der Lage sind sich selbst zu versorgen und keine Familie haben, die sich um sie kümmert, werden in den Armeedienst genommen. Hier werden sie in Lederwerkstätten, beim Pfeil- und Bogenbau und in Schmieden beschäftigt. Ich hatte noch nie zuvor einen einarmigen Schmied gesehen, wahrlich beeindruckend.
Sehr auffällig war auch die relative Ruhe, die in der Stadt vorherrschte. Nur einmal wurde ich von religiösem Glockengeläut geweckt und auf dem Marktplatz gab es keine schreienden Händler die ihre Waren anpriesen, auch nachts wurde mein Schlaf nur selten durch betrunkene Randalierer gestört, die in den Straßen grölend umherirrten. Dagegen liebten die Bremonier die Musik und in jeder Schankstube gab es einen Platz für einen Spielmann und meist eine kleine Auswahl an Instrumenten. Sehr viele der Krieger beherrschten selbst ein Instrument, meistens Laute oder Harfe, um die Saga ihrer Familie vortragen zu können.
Diese Beschreibung der Stadt Roden mag für einige schon fast langweilig erscheinen, aber dem muß ich widersprechen. Die starken Mauern, die hohe Anzahl von Kriegern und die beschriebene Ruhe vermittelten ein Gefühl der Sicherheit, daß für die Bremonier sehr wichtig zu seinen scheint, leben sie doch schon seit Jahren im Krieg mit den Thrusken. Die Menschen hier suchen Frieden und Geborgenheit und verzichteten dafür auf die ganze Aufregung um Götter, aufwendige Architektur und Luxusartikel, die das Leben heute in unseren Städten bestimmt.
Die beiden größten Gebäude Rodens sollten noch erwähnt werden. Das erste ist die Rohdenfeste. Der Sitz des Herzogs von Roden ist relativ klein und liegt am Südrand der Stadt. Sie wird von einer zusätzlichen Mauer umgeben über die hinweg nur der mächtige Burgfried zu sehen ist.
Das beeindruckendere Bauwerk ist der Dom von Roden, dem ein Kloster des Einzigen angeschlossen war. Die hohe zweitürmige Kirche hatte einige sehr große Buntglasscheiben und die beiden bronzernen Glocken hatten einen Bodendurchmesser von mehr als zwei Schritt.
Nachdem ich Roden verlassen hatte, ritt ich auf einer gut befestigten Steinstraße weiter nach Osten, in Richtung Bremon, der Hauptstadt...
Hier endet vorerst der Bericht.
[Wird fortgesetzt]