Stammesbuch: Bastet
Na? Auch dem Charme einer Hauskatze erlegen¸ die sich regelmäßig zum Abholen von Streicheleinheiten und Futtern einfindet¸ aber ansonsten ihre Ruhe haben will oder in der Gegend rumpilgert? Bist Du einer von denen¸ der sich im Zoo stundenlang die eleganten Bewegungen der Raubkatzen anschauen kann und in Verzückung gerät¸ wenn er einen tiefen Blick in ihre unergründlichen Augen erhaschen kann? Kannst Du die alten Ägypter gut verstehen¸ die ihre Katzen zum göttlichen Tier kürten und ihre geheimnisvolle¸ stets überlegenen erscheinende Art anbeteten?
Bastet
All diese Faszination findet man auch in dem vorliegenden Werwolf: Die Apokalypse-Quellenband Bastet wieder. Der Band erscheint mit 170 Seiten sehr umfangreich ausgefallen und mutet¸ bis auf die fehlenden Storyteller-Regeln¸ schon eher wie ein eigenes WoD-Rollenspiel an.
Und tatsächlich bieten die neun Stämme des Zwielichts genügend Stoff¸ für eine eigene Spielwelt.
So unterschiedlich wie Hund und Katze (man verzeihe mir den Vergleich) zeigen sich auch zwischen Werwolf und Bastet riesige Unterschiede. Zwar hat sich an der Spielmechanik nichts geändert¸ aber die eigenwillige Natur der Katzenmenschen ist Ursprung für einige wesentliche Abweichungen vom Rudeltier Wolf - z.B. kennen die Bastet das Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos¸ aber keinen Wyrm den es zu auszurotten gilt.
Nach einem farbigen (!) Splatter-Comic¸ der die übliche Einführungsgeschichte ersetzt¸ erfährt man in der Einführung wesentliche Informationen zur Benutzung des Buchs. Richtig los geht es mit dem Kapitel 1: Caliah¸ dessen Titel von einer Besonderheit der Bastet stammt. Treffen Bastet zusammen¸ so tauscht man Neuigkeiten in Form von Geschichten aus. Bastet lieben geheimnisvolle Geschichten und treffen sich zu sog. Taghairm¸ wobei jeder geladen ist¸ seinen Ruf durch das Erzählen eigener Geschichten zu mehren. Kein Bastet würde ohne Not¸ klar heraus von sich selbst oder seinen Erlebnissen berichten¸ wenn es sich auch in eine Geschichte voller Andeutungen und Halbwahrheiten verpacken läßt. Die größten Bastet-Helden brauchen nicht zwangsläufig wirklich die größten Krieger zu sein¸ um ihren Ruhm zu mehren¸ wenn sie es schaffen die anderen gut genug mit ihren Helden-Geschichten zu unterhalten.
Natürlich haben die Katzengestaltwandler ihre ganz eigene Schöpfungsgeschichte - und auch ihre eigene Sicht der Menschen¸ die sich natürlich nicht mit unserer Bibel oder den Aufzeichnungen der Werwölfe deckt.
Über die neun Stämme berichtet das zweite Kapitel. Dazu gehören Bagheera (Werpanther¸ Werleoparden¸ "Wanderer")¸ Balam (Werjaguare¸ "Amazonaskrieger")¸ Bustabi (ägyptische Katzen¸ "Schattenkatzen"¸ "Zauberer"¸ fast ausgestorben)¸ Ceilican (Nordeuropäische Wildkatzen¸ "Feenkatzen"¸ fast ausgestorben)¸ Khan (Wertiger¸ "Jäger und Krieger")¸ Pumonca (Werpuma¸ "Sturmwandler")¸ Qualmi (Werluchse)¸ Simba (Werlöwen¸ "Die dunklen Könige") und Swara (Wergeparden).
Alle Stämme werden mit ihrer eigenen Fassung der Schöpfungsgeschichte¸ dem Stammeshintergrund und anderen Geheimnissen aufgeführt. Natürlich darf auch eine Zeichnung¸ ein Zitat und die Stereotypen nicht fehlen.
Kapitel Drei: Der Lebensodem informiert genauer über die (losen) Strukturen der Bastet-Gemeinschaft¸ ihre Metis¸ ihre fünf möglichen Gestalten¸ ihre allgemeinen Vor- und Nachteile - darunter auch die "Yava"¸ nachteilige Eigenschaften¸ unter denen alle Mitglieder eines Stammes leiden¸ die Persönlichkeit und besondere Fähigkeiten. Am Kapitelende wird noch einmal kurz die Charaktererschaffung eines Bastet zusammengefaßt.
Bastet sind gegenüber ihren wölfischen Brüdern nicht so stark mondgebunden¸ leiten jedoch ihre EInstellug vom Tageslicht ab. Die drei Stufen sind Tageslicht (Freundlich¸ offen für neues)¸ Zwielicht (mysteriös) und Nacht. Die Zugehörigkeit ist jedoch keine statische Sache.
Als Werwesen verfügen die Werkatzen¸ wie die Werwölfe über besondere Gaben¸ oftmals über andere. Es ist jedoch möglich¸ daß ein Bastet durch Ausspionieren eines Werwolfs oder Ausfragen eines Geistes Zugriff auf eine Gabe der Werwölfe erhält. Es sind jedoch eine Vielzahl von zugänglichen Gaben aufgelistet¸ die teils sehr katzentypisch sind ("Schnurren")¸ aber auch sehr abnorme Eigenschaften anbieten ("Feuerspucken"). Je nachdem ob der Ursprung des Bastet Mensch¸ Metis oder Felis ist und je nachdem zu welchem Stamm er gehört¸ kommen noch einmal ein paar passende Eigenschaften dazu.
Darüber hinaus gibt es ein paar Bastet-Riten¸ die - richtig angewandt - eine große Hilfe darstellen können.
Den Ausgang des Bandes zieren fünf Beispielcharaktere¸ die sofort einsetzbare (N)SC liefern und ein Kapitel über "Die Anderen"¸ wo z.B. typische Bastet-Geister¸ aber auch Werhyänen.
Im abschließenden Anhang finden sich noch ein paar Beschreibungen berühmter Bastet und ein vier Seiten langes Charakterblatt.
Technisches
Bis auf den Comic als Einführungsgeschichte¸ der zwar schön aber auch unangemessen brutal gezeichnet ist¸ bekommt man bei Bastet größtenteils Grafiken¸ die nur wenig über dem Durchschnitt liegen. Vor allem die Illustrationen bei den Stammesbeschreibungen sind eher mau.
Dafür sind die ganzseitigen Illustrationen am Anfang jedes Kapitels recht gut gelungen - und auch die reine Menge der Zeichnungen lockert den Textfluß angenehm auf.
Quasi jedes Kapitel - und auch die Stammesbeschreibungen beginnen als Geschichte. Diese Marotte der Bastet wurde gut in den Fluß des Bandes eingewoben. Ansonsten sind die Texte angenehm zu lesen und ordentlich lektoriert. Kleinere Fehler wie ein 5-Punkte-Nachteil (Multiple Persönlichkeit)¸ der zum 5-Punkte-Vorteil wurde¸ sind allerdings... naja... auch schnell entdeckt.
Fazit:
Wer Katzen und ihre geheimnisvolle Art mag¸ wird auch diesen Band mögen¸ sofern er schon das Werwolf-Regelwerk besitzt. Die Grundregeln¸ oder zumindest die Kenntnis des Werwolf-Regelwerks¸ sind zum Spielen erforderlich. Ansonsten eröffnen die Bastet eine ganze eigene Art des Spielens¸ weil viele der Stämme weniger kriegerisch¸ sondern eher neugierig sind und so besser mit anderen normalen und übernatürlichen Wesen auskommen. Ihre wenig seßhafte Art ermöglicht Abenteuer rund um den Erdball zu erleben¸ ohne dafür besondere Gründe aus dem Ärmel schütteln zu müssen. Allein der Zusammenhalt einer Charaktergruppe aus lauter Einzelgängern scheint erhöhten Aufwand zu erfordern.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de