WarCraft - Das Brettspiel
WarCraft gehört seit einigen Jahren wohl zu den beliebtesten Konflikt-¸ Strategie und Aufbauspielen für den Computer. So verwundert es kaum jemanden¸ daß man diesen zugkräftigen Namen früher oder später in die Form eines Brettspiels bringt¸ wie es zuvor bereits mit anderen Blizzard-Titeln (z.B. Diablo 2) geschehen ist.
Diesmal zeigt sich Fantasy Flight Games für die Umsetzung verantwortlich¸ die in Amerika schon einen recht guten Namen im Segment der komplexeren Brettspiele ("german-style games") haben. Hierzulande ist der Heidelberger Spieleverlag für die eingedeutschte Version zuständig¸ wobei sich die Übersetzungsarbeit auf die Verpackung und die Anleitung beschränkt.
WarCraft wird in einer großen quadratischen Box (a la Siedler) geliefert und enthält¸ neben einer vollfarbigen 12seitigen Anleitung im Format der Box¸ eine oppulente Ausstattung: 80 Holzelemente¸ 250 Pappelemente (doppelseitig farbig bedruckt)¸ 84 Karten (21 pro Armee) und 5 Würfel.
Für diejenigen mit dem Namen WarCraft überhaupt nichts anfangen können sei gesagt¸ daß es sich um eine Mischung aus Rohstoffförderung und Ausbau der eigenen Infrastruktur bzw. Gebäude geht (hier ähnelt das Spiel noch ein wenig Siedler von Catan)¸ aber eben darüber hinaus vom Aufbau einer Armee und deren Einsatz gegen die Mitspieler handelt. Bis zu vier Gruppen können um die Vorherrschaft streiten: Menschenallianz (Menschen/Zwerge/Elfen)¸ Wächter der Nachtelfen¸ Orkhorde und Geißel der Untoten.
Jede Armee hat ihre eigenen Stärken und Schwächen¸ wobei sich Menschen und Untote als Allrounder anbieten¸ Orks durch starken Nahkampf auffallen und Nachtelfen vor allem beim Fernkampf auftrumpfen. Die zu einer Gruppe gehörenden Spielelemente sind durch farblich unterschiedliche Akzentuierung (blau¸ rot¸ lila und grün) deutlich gekennzeichnet.
Zweigeteilte Spielfläche
Die Spielfläche teilt sich in den gemeinsamen Spielplan und einen separaten Stadtaufbau für jeden Spieler. Bei vier Spielern erinnert der Landschafts-Spielplan ein wenig an Siedler¸ ein Hexfeld mit fünf Feldern Kantenlänge. Bei nur zwei Spielern wird das Gelände zu einer Art Oval verkleinert¸ bei drei Spielern zu einer Art Dreieck. Es sei angemerkt¸ daß es sich bei den Spielplan elementen nicht um einzelne Hexfelder handelt¸ sondern um feste Formen¸ die aus zwei bis sieben Hexfeldern bestehen und über eine feste Anordnung an Rohstofffeldern und Gebäuden verfügen.
Die Formen sind aber doppelseitig unterschiedlich bedruckt und natürlich auch um die Achse drehbar¸ so daß sich der Spielplan recht flexibel umdekorieren läßt¸ wie auch die beschriebenen Szenarien mit stark variierendem Spielplan am Ende der Anleitung beweisen.
Der Stadtaufbau¸ den jeder Spieler separat verwaltet¸ besteht aus aus der zur Fraktion passenden Stadtkachel¸ einem Erfahrungskartenstapel¸ und der Reserve an Gebäude-Hexfeldern¸ Holzspielsteinen (Nahkampf-/Fernkampf-/Flugeinheiten) Gold-¸ Holz- und Arbeitermarken sowie Einheitenkärtchen.
Auf dem Spielplan wird die gesamte Stadt durch ein einziges Feld dargestellt. Der Spieler legt deshalb neu errichtete Gebäude nicht auf den Spielplan¸ sondern an die separat ausgelegte Stadtkachel. Insgesamt sollte man schon für eine angemessen große Auflagefläche sorgen¸ damit bei einem vier Spieler-Match alle ausreichend Platz haben.
Auf den Spielplan selbst werden nur die Arbeiter-Marken und Holzelemente in den drei Formen für Nahkampf-¸ Fernkampf- und Flugeinheiten eingesetzt und bewegt. Ansonsten ist es nur möglich einen Außenposten zu errichten¸ der danach als verlängerter Arm der Hauptstadt zum Einsetzen neuer Einheiten verwendet werden kann.
Bewegung
Die Regeln zur Bewegung sind recht einfach. Nah- und Fernkampfeinheiten ziehen je ein Feld weit¸ Arbeiter und Flugeinheiten bis zu zwei Felder weit. Gebirgefelder dürfen nur von Flugeinheiten betreten werden.
Zudem gilt eine Drei-Drei-Regel¸ d.h. es dürfen auf einem Feld des Spielplans maximal drei Arbeiter und maximal drei Krieger eines Spielers stehen. Es ist auch nicht möglich eine Spielfigur auf oder über ein Spielfeld zu ziehen¸ wo bereits die maximale Anzahl einheiten postiert ist.
Zu guterletzt dürfen Arbeiter keine Felder betreten¸ auf denen schon Krieger eines Mitspielers stehen.
Kampf
Stehen am Ende einer Bewegung gegnerische Figuren zusammen auf einem Feld¸ wird dieses Feld zum Schlachtfeld erkoren. Auch benachbarte Einheiten können auf dem Schlachtfeld mitkämpfen ("Flanken")¸ sofern es sich dabei um eigene oder verbündete Einheiten handelt.
Der Kampf beginnt mit der Aufnahme je einer Erfahrungskarte vom eigenen Stapel. Manche Erfahrungskarte gelten nur für den ersten Durchlauf der folgenden drei Phasen und müssen danach entsorgt werden.
Als erste Phase wird der Fernkampf eingeleitet¸ indem beide Seiten gleichzeitig ihre Fernkampfeinheiten zählen und für jede ein Würfel geworfen wird. Jeder Wurf der gleich oder niedriger als die Kampfstärke der eigenen Fernkampfeinheit ist¸ verursacht einen Verlust beim Gegner. Werden Verluste verursacht¸ darf das Opfer wählen¸ welche Boden- und Flugeinheiten er dafür aus dem Kampf entfernt - es macht natürlich Sinn hier zuerst die schwächeren oder strategisch weniger wertvollen EInheiten aus dem Spiel zunehmen.
Phase zwei gehört den Flugeinheiten beider Seiten und wird analog zum Fernkampf gehandhabt.
Phase drei ist der Angriff der Nahkampfeinheiten beider Seiten. Hier gilt die Sonderregel¸ daß Nahkämpfer keine Flugeinheiten angreifen können.
Der Kampf wird¸ beginnend bei Phase 1 fortgesetzt¸ bis auf dem Schlachtfeld nur noch die Einheiten einer Fraktion oder gar keine Einheiten mehr stehen. Der Sieger darf sich eine Erfahrungskarte vom Stapel ziehen.
Ertrag
Basis für die Errichtung und Wiederaufstockung einer Streitmacht ist der Abbau der Rohstoffe Holz und Gold. Sofern ein Spieler Arbeiter auf einem Waldfeld bzw. einer Goldmine stehen hat¸ darf er in der Ertragsphase denselben erwürfeln. Angenommen ein Ertragsfeld hat die Markierung "1-3"¸ dann erhält der Spieler für eine gewürfelte 1¸2 und 3 den angegebenen Ertrag. Eine gewürfelte "3" bedeutet jedoch auch¸ dass die Mine bzw. das Waldfeld "teilweise ausgebeutet" wurde¸ was durch einen entsprechenden Marker festgehalten wird. Wird auf diesem Ertragsfeld noch einmal eine "3" gewürfelt¸ dann sind alle Rohstoffe dieses Feldes ausgebeutet.
Kauf und Einsatz
Neue Einheiten lassen sich durch das Ablegen von Rohstoffen anheuern. Welche Einheiten sich anwerben lassen¸ hängt auch vom Ausbau der Stadt ab.
Die Phasen Einsatz und Kauf sind so gelegt¸ daß man seinen Einheiten-Neuerwerb erst in der Folgerunde ins Spiel bringen kann.
Neben dem Kauf von Einheiten kann man auch neue Gebäude und Außenposten errichten¸ Einheiten oder Arbeiter ausbilden und einen Einheitentyp verbessern.
Für den Bau eines neuen Gebäudes muß man einen Arbeiter an die Stelle bringen¸ wo gebaut werden soll - bei einem Außenposten kann dies irgendwo auf der Landkarte sein¸ bei einem neuen Stadtgebäude muß der Arbeiter auf die Stadtkachel gesetzt werden.
Entsprechend der vorhandenen Gebäude kann der Spieler durch den Einsatz von Rohstoffen einmal pro Runde einen Einheitentyp verbessern und¸ je nach vorhandenen Rohstoffen¸ neue Einheiten ausbilden lassen.
Spielziel
Es gilt die Gegner vom Spielfeld zu wischen oder (wahrscheinlicher) einen Punktesieg zu erlangen. Dazu gibt es Siegpunkte für jeden maximal entwickelten Einheitentyp¸ für einige Landfelder und in Form von Erfahrungskarten. Zu erreichen sind 15 Punkte im Einzelspiel¸ bzw. 30 Punkte im Zweier-Team.
Beim Erreichen der Siegpunkte zeigt sich ein Haken des Spiels¸ denn sofern nicht ein Spieler von Fortuna und allen guten Geistern verlassen wird¸ gelingt es kaum ihn vernichtend zu schlagen. Auf der anderen Seiten dauert es sehr lang¸ um 15 Punkte anzusammeln.
Man tut daher gut daran¸ die Zahl der zu erreichenden Siegpunkte etwas nach unten zu korrigieren¸ um einem allzu langen Spielablauf vorzubeugen.
Technisches
WarCraft bewegt sich von der Ausstattung her im guten Mittelfeld und bietet eine Schachtel voller Würfel¸ Holz- und Papp-Elemente. Die Pappmarker und -kacheln (bilden Spielfläche) sind ansehnlich und sehr detailliert illustriert und transportieren den Charme des WarCraft-Fantasy-Stils recht gut. Die aufgedruckten Rohstoffkosten sich gut lesbar¸ erfordern jedoch aufgrund des geringen Kontrasts eine Lichtquelle oberhalb des Spieltischs.
Die eher gering differenzierten Formen der Holzteile¸ erschweren das Erkennen der unterschiedlichen Einheitenarten.
Die beim Kampf erhältlichen Erfahrungskarten zeigen nur ein Symbol¸ dessen Bedeutung man auf der Rückseite der Anleitung nachlesen kann.
Die durchgehend farbige Anleitung ist üppig und eindeutig illustriert¸ was angesichts der doch recht einfachen Regeln fast schon übertrieben umsorgt wirkt - aber lieber so als anders herum!
Die deutsche Übersetzung ist gut gelungen.
Fazit:
Als WarCraft-Recke ist man recht schnell im Bilde. Das Spielprinzip des Brettspiels basiert auf ähnlich simplen Mechanismen wie das Computerspiel¸ wobei der Zufall jedoch in Form der Würfel einen deutlich höheren Einfluß hat und das Echtzeit-Feeling außen vor bleibt.
Ein besonderer Anreiz sind die verschiedenen Szenarien¸ die sich durch die flexibel kombinierbare Spielfläche erstellen lassen. Damit läßt sich das Spiel auf zwei¸ drei oder vier Spieler anpassen und auch durch verschiedene Siegbedingungen variieren.
Während man beim Spiel zu zweit oder zu viert gegeneinander antritt - was zu viert übrigens kurzweiliger ist und weitaus mehr Spaß bereitet - darf man beim Spiel zu dritt gegen einen imaginären Gegner antreten¸ der sich in der Mitte des Spielbretts festgesetzt hat.
Wer eine getreue Umsetzung des Computerspiels auf das Spielbrett erwartet¸ wird zwar von der Thematik und Stimmung her bedient¸ aber dennoch nicht zwangsläufig zufrieden sein¸ da ein Computerspiel eben von anderen Mechanismen (z.B. Zeitdruck durch Echtzeit) lebt¸ als ein rundenbasiertes Brettspiel.
Wer WarCraft jedoch als eigenständiges Brettspiel betrachtet¸ bekommt ein recht kampflastiges Aufbau- und Entwicklungsspiel¸ daß mit leichten Modifikationen (sprich "Hausregeln") viel Spaß macht.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de