Krieg der Spinnenkönigin 3: Verdammung
Mit "Verdammung" liegt nach längerer Wartezeit (endlich!) der dritte Band der sechsteiligen Vergessene Reiche- Saga "Der Krieg der Spinnenkönigin" vor. Nach Richard Lee Byers und Thomas M. Reid führt nun Richard Baker die Geschichte um das böse Drow-Trüppchen aus Menzoberranzan weiter.
Ched Nasad ist gefallen. Die Drow-Delegation aus Menzoberranzan konnte zusammen mit der Klerikerin Halisstra Melarn und deren Kriegsgefangener Danifae in letzter Minute fliehen¸ bevor die Stadt der schimmernden Netze in Schutt und Asche fiel. Während Halisstra noch um ihre geliebte Heimatstadt trauert¸ versuchen ihre Gefährten¸ näheres über das Verstummen ihrer Göttin Lolth herauszufinden. Auf Vorschlag des Spähers Valas Hune suchen sie nach einem Kleriker des Vhaeraun¸ der seinen Gott über das Befinden der Spinnenkönigin befragen soll. Doch das gestaltet sich schwieriger als erwartet. Die Reise durchs Unterreich bis an die für die Dunkelelfen so unwirtliche Oberwelt ist gespickt von tödlichen Gefahren. Und während die Kinder Menzoberranzans sich ihren Weg mühsam erkämpfen müssen¸ wird ihre Stadt belagert. Mehrere Fraktionen von Drow und anderen Unterreichsbewohnern wünschen den Untergang Menzoberranzans...
Band 3 erfordert eine kleine Umstellung vom Leser¸ da hier erstmals nicht mehr der selbstgefällige Magier Pharaun Mizzrym im Mittelpunkt steht. Baker legt sein Augenmerk auf die schwermütige Klerikerin und Bardin Halisstra¸ erste Tochter des (nunmehr mit Ched Nasad untergegangenen) Hauses Melarn. Als Lolths Schweigen nach der Katastrophe in Ched Nasad weiterhin anhält¸ beginnt Halisstras Glauben an die Spinnengöttin mehr und mehr zu bröckeln. In ihrem permanenten Wechselbad der Gefühle zwischen Verzweiflung und Resignation unterscheidet die Protagonistin des dritten Bandes sich doch sehr von der Hauptfigur der ersten beiden Teile. Doch nach einem kurzen Bedauern darüber¸ nicht mehr soviel von Pharaun zu hören - ich hatte den ebenso arroganten wie amüsanten Magier schon ins Herz geschlossen - gewöhnt man sich schnell an die neue Perspektive. Mit der nicht ganz so böse erscheinenden Halisstra bietet sich dem Leser eine stärkere Möglichkeit zur Identifikation¸ da sich den ansonsten rabenschwarzen Tönen der Gruppe einige hellere Schattierungen beimischen - ob sich zumindest eine Drow in der Geschichte doch noch zum Guten (oder zumindest zum Neutralen) entwickeln wird¸ bleibt allerdings abzuwarten.
Gut gelungen ist auch die Beschreibung der Bardenfähigkeiten Halisstras. Ich teilte bisher die Meinung vieler D&D-Spieler¸ der Barde sei eine ziemlich nutzlose und eher lächerliche Charakterklasse. Zumindest in diesem Roman wird die bae'queshel mit ihren dunklen Gesängen zu Ehren Lolths aber doch sehr stimmungsvoll dargestellt.
Weniger positiv mutet -zumindest streckenweise- der Schreibstil des Autors an. Es ist immer ein Risiko¸ jeden Band einer mehrteiligen Reihe von einem anderen Autoren schreiben zu lassen. Sechs Autoren zu finden¸ die sich in ihrem schriftstellerischen Können alle auf einem Niveau befinden¸ ist sicherlich nicht einfach. Nachdem sich der Autorenwechsel in Band 1 und 2 nicht negativ auswirkte¸ machte sich dieser in "Verdammung" schon deutlicher bemerkbar. Besonders das erste Kapitel wirkt etwas unbeholfen. Wohl im Versuch¸ einen stimmungsvollen¸ halbwegs literarischen Einstieg zu schaffen¸ verwendet Baker in einigen Sätzen derart viele beschreibende Adjektive¸ als hätte er es sich zum Ziel gesetzt¸ den Inhalt eines halben Wörterbuchs auf fünf Seiten unterzubringen. Ab Kapitel 2 wird das dann glücklicherweise deutlich besser - sei es weil Baker sich zu seinem Stil gefunden hat oder das Lektorat aus dem Winterschlaf erwacht ist.
Neben Differenzen im Schreibstil besteht die zweite große Gefahr eines Autorenwechsels innerhalb einer Reihe in der abweichenden Darstellung von Charakteren. Bedauerlicherweise wird Baker ausgerechnet Pharaun¸ dem Protagonisten aus Band 1 und 2 und bei vielen Lesern schon fast eine Kultfigur¸ absolut nicht gerecht. Der vorher stets feinsinnige¸ gerissene Meistermagier wirkt bei Baker eher wie ein dümmlicher Magier ohne Klasse¸ der sich plump und reichlich unsubtil um die Aufmerksamkeit seiner Gruppe reißt.
Trotz dieser Kritikpunkte hat Baker alles in allem doch recht solide Arbeit geleistet. Die Story wird gut vorangetrieben¸ enthält mehr Überraschungen als die vorigen Bände und mündet in einem spannenden Finale¸ das einige Fragen zum weiteren Verlauf der Geschichte aufwirft. Sicher gibt es auch hier wieder Kämpfe¸ die nur als Seitenfüller zu dienen scheinen und nicht viel mit der eigentlichen Plotline zu tun haben. Im Vergleich mit Band 1 sind diese allerdings auf ein erträgliches Minimum reduziert. Und ganz ohne Zufallsbegegnungen kommt wohl kein D&D-Roman aus...
Fazit:
"Verdammung" ist etwas schwächer als die beiden Vorgänger¸ was Schreibstil und die Charakterdarstellung des Magiers Pharaun angeht. Die Handlung ist allerdings spannend und auch die neue Hauptfigur Halisstra kann überzeugen. Die Geschichte um den Krieg der Spinnenkönigin entfaltet sich ab diesem Band langsam zur (noch zarten¸ aber dennoch schon tödlichen) Blüte. Fans der Reihe sollten dieses Buch keinesfalls verpassen
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de