Avatar 3: Tiefwasser
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Das universelle Rollenspiel-Fanzine Greifenklaue wurde bereits 1997 von Mitgliedern der Pfadfindergruppe Mantikore als gedrucktes A4-Heft ins Leben gerufen und eroberte ab 2005 auch das Internet. Neben dem gedruckten Fanzine betrieb Ingo aka "Greifenklaue" vor allem einen Blog, einen Podcast und ein eigenes Forum. Zur großen Bestürzung der Rollenspiel-Szene verstarb Ingo Schulze am Freitag den 26.11.2021. |
Deepwater ‐ Sündenpfuhl?
Der abschließende Teil der Avatartriologie knüpft an die Ereignisse von Schattental und Tantras an und erzählt von den Wirrnissen um die Tafeln des Schicksals, dessen erste Hälfte unsere zersplitterte Heldengruppe um Cyric, Kelemvor, Adon und Mitternacht nach Tiefwasser transportieren will. Denn dort ist eine der intakten Himmelstreppen, um die Tafel den Göttern zurückgeben zu können.
Rekapitulieren wir kurz: Handlungsort Tantras.
Die Avatare der Götter Tyrannos und Torm haben sich gegenseitig vernichtet. Cyric, der den Rest der Gruppe als Anführer der Tyrannos-Truppen folgt, hat einen Mordanschlag auf Kelemvor unternommen, während Mitternacht die ganze Sache nicht recht glauben mag und vermutet, dass Cyric gezwungen war, sich dessen Truppen anzuschließen, um am Leben zu bleiben.
Mitternacht, Kelemvor und Adon haben sich auf den gefahrvollen Weg gen Tiefwasser begeben, um endlich ihre Aufgabe ‐ die Übergabe der Tafel(n) erfüllen zu können. Doch Tyrannos wichtigster Verbündeter, Myrkul, ehemals Gott des Totenreichs, ist ihnen längst auf den Fersen, würde jedoch nie so direkt eingreifen wie Tyrannos es tat, den er weiß, hier sind ihre Seelen nicht mehr unsterblich, zwei Götter wurden schon vernichtet...
So erweckt er Untote, aber dank eines nächtlichen Besuchers ‐ Mitternacht vermutet Cyric dahinter ‐ können sie sich vor diesen retten.
Und in der Tat, Cyric ist seinen drei Ex-Kameraden dicht auf den Fersen mit einer ganzen Gruppe Zentilaren, möchte aber gerne das Vertrauen von Mitternacht zurückgewinnen.
Doch auch eine Gruppe Halblinge, deren Dorf Cyric ausgelöscht hat, ist ihnen auf den Fersen ebenso wie Bhaal, ehemals Gott der Meuchler, welche schon Tyrannos auf einen Schlag opferte, um seine eigene Avatargestalt zu stärken. Cyrics ureigenstes Problem ist es, mit einem intelligenten Schwert fertig zu werden, welches ihn etwas einflüstern und beherrschen will, während sich Schnüffler, der ehemalige (Halbling-) Besitzer des Schwertes, den drei Gefährten als Führer und Fährtenleser offeriert.
Man sieht also ein fast klassisches Roadmovie-Konzept in eine Fantasywelt verlegt. Vier Gruppen, alle miteinander in Beziehung verfolgen sich gegenseitig und dann wieder andersrum (, so überholen einmal ausversehentlich die Halblinge und werden dann verfolgt...).
Im zweiten Teil darf man dann eine Neuordnung der Gruppenordnung erwarten, gar des öfteren, so arbeiten auch die Erzfeind Cyric und Kelemvor wieder zusammen...
Die nochmalige Steigerung des Schreibstils muss man wohl Troy Denning anrechnen, welcher sich diesmal hinter dem Pseudonym Richard Awlinson verbirgt. bekannt geworden durch sein Dark Sun-Sextett, hält er professionell seinen Plott spannend, warten mit überraschenden Konstellationen auf und schafft es endlich, Cyric vernünftig darzulegen. Dessen Wandlung, vom ehemaligen Dieb zum Held kam im ersten Teil nämlich mehr als zu kurz, seine Rückverwandlung in einen verschlagenen Fiesling hingegen macht einfach Spaß.
Denning scheut sich auch nicht D&D-Mystika wie intelligente Schwerter darzustellen, was bei ihm nicht ins vollends Lächerliche verkommt, sondern halbwegs gelungen wirkt.
Die Handlung ist ja mehr oder minder durch den Vergessene Reiche-Hintergrund vorgegeben, wer oder was in der Zeit der Avatare gefallen ist, dafür gelingt es aber ganz gut, die Sache am brutzeln zu halten.
Das Layout gehört mit zu dem erneut zum Besten, was mir so in die Augen fiel: Elefantenhaut, Easley-Cover (mit Kelemvor und Mitternacht) und gelungenes Layout, dafür gebürt Feder und Schwert Lob.
Der Fehlerquotient ist endlich mal wieder halbwegs überschaubar, mehr als drei Punkte im Deutschabi gäb es trotzdem nicht...
Fazit meinerseits: Der Abschlußband ist aufgrund des Autors mit der Beste (nach ganz schwachem Start), aber er bringt einem die Vergessenen Reiche ein Stück näher! Für Fans des Rollenspiels empfehlenswert, allen anderen empfehle ich eher Elaine Cunninghams Ratgeber & Regententriologie, die durchwegs brilliant war!
[Ingo Schulze]
Eine Rezension von: Ingo 'Greifenklaue' Schulze https://greifenklaue.wordpress.com/