Wiener Blut: Wien bei Nacht (Städtebuch)
Gleich zu Beginn gibt die fünfseitige Einleitung grundlegende Informationen über die Hauptstadt Österreichs sowie einige Tips darüber¸ wie dieses Supplement Verwendung im Rollenspiel finden kann. Dies dient dazu¸ dem Leser einen guten überblick über das Material in den folgenden fünf Kapiteln zu ermöglichen. Zudem haben die Autoren eine umfassende Leseliste aufgestellt¸ die dem wißbegierigen Spielleiter weiterhilft¸ wenn er sich tiefer in die Materie einlesen möchte.
Kapitel 1 beleuchtet die Geschichte Wiens; der Bericht beginnt um 400 v. Chr. und findet seinen Abschluß mit dem Erreichen des Jahres 1995. Alle wichtigen Ereignisse bis in die heutige Zeit finden in ausreichendem Maße Erwähnung¸ wobei tatsächliche historische Begebenheiten mit dem World of Darkness-Milieu verwoben werden. Ob nun beispielsweise die Markomannen¸ die Hunnen oder die Pest in die Stadt einfallen und diese einzunehmen bzw. zu zerstören suchen oder zumindest ihre Einwohner ein wenig dezimieren möchten¸ immer sind diese Vorkommnisse unmittelbar mit dem einen oder anderen Kainskind verbunden und dienen einer bestimmten Zielsetzung. Letztendlich erfährt der Leser¸ wie und unter welchen Umständen Wien entstand und zu welchem Zeitpunkt die Aktivitäten der Kainiten ihren Anfang nahmen¸ die das Erblühen dieser Stadt mehr als nur begünstigten.
Kapitel 2 behandelt die Geographie und umfaßt drei Teile: die Innere Stadt¸ die Inneren Bezirke und die Außenbezirke. Auf fünfzehn Seiten wird jede wichtige Station erläutert und kann in den beiden Karten - die eine die Innenstadt¸ die andere die äußeren Bezirke Wiens darstellend - gleich nachgeschaut werden.
Das dritte (und seitenstärkste) Kapitel stellt die einflußreichsten und interessantesten Repräsentanten der einzelnen Vampirclans sowie die wichtigsten Angehörigen von Orden der Magi¸ den Magiekundigen der WoD¸ in Bild (hervorragende Illustrationen jeder einzelnen Person) und Text dar. Ich war etwas irritiert durch die Beschreibung der Technokratischen Magi¸ denn die Mitglieder dieses Ordens scheinen so eine Art High Tech-Cyberpunk-Wizards zu sein¸ die Vampire und andere Abweichler der Realität zur Strecke bringen¸ wenn diese ihre Wege kreuzen. Na ja...
Kapitel 4 beschäftigt sich mit den Bündnissen¸ Geheimgesellschaften und Versammlungen der Vampire¸ und da die diese Metropole kontrollierende Instanz das Haus und der Clan Tremere ist und der mächtige Vorsintflutliche selben Namens in den tiefsten Tiefen der österreichischen Hauptstadt schlummert¸ wird das Hauptaugenmerk hier auf die Blutmagier und ihre Klüngel gelegt. Bereits an dieser Stelle bietet sich dem Erzähler genug Stoff¸ um seine Spieler zu unterhalten. Um diesen geht's im fünften Kapitel explizit: hier findet der Spielleiter sieben Szenario-Vorschläge¸ die sich allesamt auf die eine oder andere Geschichte der im dritten Kapitel beschriebenen Charaktere beziehen. Das bedeutet einiges an Spielspaß in der Metropole an der Donau.
Ich bin immer wieder erstaunt¸ wie detailversessen die WoD-Schaffer ihre Werke gestalten; so auch in diesem Band: Der Lauf der Geschichte wird mehr als nur abgerissen und mit der Vampir-Mythologie gepaart¸ so daß ein (zumeist) sehr atmosphärebeladener Plot entsteht. Zwar sind mir die Kainskinder ein wenig zu mächtig und intrigant - sie steuern wirklich alles und jeden und überlassen nichts dem Zufall -¸ aber das ist ein genereller Kritikpunkt an das Spielsystem.
Insgesamt also ein starker Inhalt und schöne Graphiken¸ doch wieder einmal etwas zu hoch im Preis. Aber der wird bei der Beliebtheit dieses Systems sicherlich in Kauf genommen werden...
Eine Rezension von: Kai Grashoff http://www.fantasy-rollenspiel.de/Sphinx.html