Libellus Sanguinis 2: Hüter des Wortes
Mit Hüter des Wortes liegt der zweite Band der Libellus Sanguinis-Serie vor¸ in der jeweils drei wichtige Clans der mittelalterlichen Welt der Dunkelheit vorgestellt werden. Diesmal sind es die Clans Kunsthandwerker (Toreador)¸ Usurpatoren (Tremere) und Zeloten (Brujah).
Im Prinzip bräuchte man über diese drei Clane nicht mehr viel zu berichten - denkt der ein oder andere Leser jetzt¸ doch die Informationen in Libellus Sanguinis decken sich nur zum Teil mit den Clanbüchern¸ die für das modernere Vampire: Die Maskerade erschienen sind.
Spieler von Vampire aus der alten Welt eignen sich mit der Lektüre dieses Bandes eine gute Basis an¸ um ihren mittelalterlichen Vampir wirklich überzeugender oder zumindest atmosphärischer spielen zu können.
Zu diesem Zweck findet man eine große Zahl zusätzlicher Informationen zur Welt angepaßte Spielregeln¸ und vor allem Beschreibungen von Charakteren und deren Motive¸ die eine wesentlich dichtere Atmosphäre ermöglichen.
Kunsthandwerker
Die Toreador haben schon immer die hohen Künste in Ehren gehalten¸ aber wer meint in diesem Clan nur Kunstkenner und Musiker zu finden¸ täuscht sich gewaltig.
Als Vampire¸ die vergänglichen Dingen wie der Schönheit eines Lebewesens ziemlich viel Bedeutung beimessen¸ leben sie sehr zeitbezogen. Für einen Toreador ist eine Welt ohne eine gewisse Schönheit - egal welcher Art - nicht lebenswert.
Zu den Toreador gehören bemerkenswert viele Frauen¸ was nicht mehr ganz so erstaunlich ist¸ wenn man bedenkt¸ daß historisch gesehen die männliche Dominanz in den meisten Lebensbereichen vorherrschend war - jedoch nicht bei den schönen Künsten¸ die den Frauen ebenso offenstanden oder sogar zum guten Ton gehörten.
Passend dazu vielleicht die Dominanz im eigenen Haus¸ verbunden mit der Fähigkeit den eigenen Willen durch Zureden nach außen zu tragen. Beides pflegen die Toreador - egal ob Frau oder Mann - meisterlich.
Aber wie schon angedeutet¸ gibt es auch einige Toreador¸ die unter Kunst etwas anderes als Malen und Musizieren verstehen. So kann auch die Perfekte Beherrschung der Etikette¸ des Geschichten Erzählens oder der Folter (!) - was wohlgemerkt schon ziemlich krank ist.
Eine interne Sicht der Toreador-Historie¸ eine Reihe typischer Disziplin-Ausprägungen (z.B. bei Kombination zweier D.) wird vermittelt und allerlei Internes zum tieferen Verständnis der Toreador und deren Sicht auf andere Clans gesagt. Anzumerken ist dabei¸ daß die Beziehungen unter den Clans vor der Camarilla¸ bzw. kurz danach¸ einige wesentliche Unterschiede zur Gegenwärtigen Situation in der WoD aufweist. Wer sich schon eingehender mit den Regelwerk beschäftigt hat¸ kennt zumindest die wichtigsten Informationen...
Usurpatoren
Heute wie damals vielgehaßt und oft gejagt stehen die Tremere etwas abseits der mehr oder weniger 'alten' Clans. Die mittelalterlichen Tremere sind gerade dabei sich von einer langen Zeit der Unwissenheit zu erholen¸ die sie nach der Clansgründung¸ mangels Unterstützung mit Informationen¸ durchlaufen mußten. Nach der Diablerie an dem Clan-Gründer der Salubri¸ war dies aber auch nicht anders zu erwarten.
Die Usurpatoren haben sich damit selbst zu Vampiren gemacht und dabei einen Teil ihrer ehemaligen Macht als Vampire mit in die Unsterblichkeit gerettet¸ bzw. neu entdeckt. Statt der 'echten' Essenz-Magie eines Magus¸ erfanden die Tremere neue Rituale und Zauber die aus ihrem Blut gespeist werden.
Das magische Erbe zeigt sich aber in vielen Strukturen und Umgangsformen des Clans. Der Status ist z.B. weniger ein Ausdruck der Generation wie bei anderen Clans¸ denn der Macht des Einzelnen. Tremere nutzen oft die Gemeinsamkeit in eigenen Gildehäusern¸ wie es Magi tun.
Ergänzend zum Grundregelwerk gibt es neue Eigenschaften¸ Pfade¸ Rituale und einen neuen Hintergrund (Tier-Vertrauter). Als Beispiel-Charaktere findet man so interessantes wie der magisch unterstützte Assassine und andere.
Zeloten
Die dritten im Bunde sind die (wahren) Brujah¸ deren größtes Bestreben ein geregeltes Zusammenleben der Clans und der Vampire und der Sterblichen untereinander war¸ bzw. noch ist. So war es seit jeher Ziel der Brujah die genialsten Denker zu versammeln und die perfekte Regierungsform zu finden¸ unter der ein Zusammenleben möglich wäre¸ dessen Krönung die Stadt Karthago war. Deren Untergang markierte einen Bruch im Clan der Brujah und fortan dachte man nicht mehr nur miteinander sondern verwendete auch immer mehr Worte gegeneinander.
Jeder (wahre) Brujah ist bestrebt¸ sowohl Körper und Geist zu perfektionieren und in Einklang zu bringen - stets auf der Suche nach dem tieferen Sinn allen Seins. Doch dieses Ideal wird inzwischen auf die Unterschiedlichste Art interpretiert.
Die Konflikt-Spuren der Brujah ziehen sich durch ganz Europa. Etablierte Regierungen werden von rebellierenden Kräften gestürzt und auf beiden Seiten kämpfen Brujah. So findet man unter den Brujah mittlerweile nicht mehr nur Gelehrte und machtvolle Regenten¸ sondern auch auflehnende Bauern und Rebellen jeden (aufgegebenen) Standes.
Ein vier Seiten umfangreiches universelles Charakterblatt beschließt den Band.
Technisches:
Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits erreichen die meisten Illustrationen den gewohnten Lineart-Standart¸ wenn auch die einzigen genialen Illustrationen sich nur auf dem Cover finden. Der zweite Schnitzer scheinen eine Reihe verschluckter Worte und unschöner Wortumbrüche zu sein. Dies betrifft zwar nur vereinzelte Stellen des Bandes (z.B. 74 l.o.)¸ fiel aber auf. Da alle guten (?) Dinge drei sind¸ muß auch noch der sehr ungünstig gewählte Hintergrund für einige Textstellen im Abschnitt 'Brujah' erwähnt werden. Das zu kontrastsreiche Flechtwerk in Verbindung mit dünner Schrift¸ vermiest einem an fünf Textstellen den Lesespaß.
Der Großteil des Bandes ist aber über diese Schwächen erhaben - bei der Benotung gehen diese Fehler aber natürlich negativ ein.
Fazit:
Der Band liefert sehr atmosphärische Inhalte¸ die allesamt sehr zum Ausbau der Dunklen Alten Welt beitragen. Wer sich für einen der Charakter besonders interessiert¸ bzw. Spielen will¸ dem sei dieser Band angeraten. Die Wahl des ungünstigen Hintergrundes einiger Textstellen und das Fehlen wirklicher Highlights bei den Illustrationen trüben zwar den Gesamteindruck¸ ändern aber nicht viel an der guten Qualität der Texte und Anregungen an sich.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de