Kompendium
Ja¸ wer hängt denn da? Auf einem Dach hoch oben über der Stadt hält eine bleiche Gestalt - im wahrsten Sinne des Wortes - das Leben einer Stadtwache in der Hand...
An sich ein nettes Coverbild¸ ... daß mir aber auch zeigt¸ daß der Zeichner Leif Jones sich besser auf Lineart-Innenillustrationen versteht¸ denn irgendwie wirkt es zu poppig¸ was zu einem 'Dark Ages' Band meiner Ansicht nicht so ganz paßt.
Aber das soll uns nicht weiter vom Inhalt abhalten.
Den Einstieg - noch vor dem Vorwort - machen mehrere Comic-Episoden: 'Des Narren Kuss' (Malkavianer)¸ 'Die Verdammten' (Nosferatu) und 'Die Dunkelheit und das Morgenrot'. Dessen schwarzweiße Lineart-Zeichnungen passen wiederum gut zum mittelalterlichen Thema und bringen zudem die eher düstere Atmosphäre blendend zum Ausdruck.
Das Kompendium stellt eine weitere Quelle sowohl für Spielleiter als auch Spieler dar¸ die sich allgemein intensiver mit der Alten Welt und im besonderen mit ihrem Vampir beschäftigen möchten. Doch wie bei den meisten Quellenbüchern gilt auch hier: nicht alles gehört in Spielerhand - es sei denn¸ man hat es mit hervorragenden Rollenspielern zu tun¸ die ihr Wissen im Spiel vom Charakterwissen getrennt halten können.
Der Band hat sieben Kapitel und einen Appendix.
1. Kapitel: Kampf
Da in der Alten Welt Zweikämpfe¸ Schlachten und der Tod durchaus zu den üblichen Lebenserfahrungen eines Menschen und damit auch Vampirs gehören¸ liefert das erste Kapitel optionale Regeln um diesen Aspekt ein wenig ausführlicher zu gestalten¸ als dies für das Stroyteller System eigentlich üblich ist. Da gibt es besondere Nahkampfmanöver (Sehnenschlitzer¸...)¸ Handgemengemanöver (Genickbrecher¸...)¸ und das eher cieastische Festnageln oder Kämpfen mit zwei Waffen. Schön sind auch die klärenden Ausführungen über Kampf zu Pferd und Niedertrampeln.
Ein weiterer Aspekt ist die Offene Feldschlacht¸ die für Vampire das Problem mit sich bringen¸ daß sie meist am Tage stattfinden¸ aber auch hierzu gibt es Ausweichvorschläge.
Insgesamt ein empfehlenswerter Abschnitt.
2. Kapitel: Die Wege der Unsterblichen
In diesem Kapitel werden verschiedene Wege - auch Via genannt - ausführlich beschrieben¸ die ein Vampir einschlagen kann¸ um seine Menschlichkeit zu wahren (bzw. das¸ was ihn vor dem Biest bewahrt). Hierbei wurde aber nicht die Tabellenform¸ wie im Grundregelwerk verwendet¸ sondern eine eher beschreibende Mischung aus Kurzgeschichten und Erklärung in direkter Anrede.
3. Kapitel: Blutlinien
Hier finden sich einige Namen¸ die selten den Vampiren der Alten Welt und schon gar nicht denen der Neuzeit ein Begriff sind - und auch den meisten Lesern noch unbekannt sein dürften.
Beispielsweise die Blutlinie der südafrikanischen Wanderer¸ auch Laibon genannt¸ die ihr Leben damit verbringen ein Revier mitsamt Dörfern abzustecken und gegen Gefahren zu schützen. Das Verhältnis zu den Menschen ist daher auch wesentlich entspannter als z.B. bei europäischen Vampiren - manche Laibon leben sogar im Stamm¸ obwohl die meisten als Einzelgänger herumstreifen. Ihre besondere Disziplin ist Abombwe¸ die die Beherrschung des Tieres ermöglicht.
Des weiteren gibt es die Lhinnan (Druiden¸ spezielle Disziplin: Ogham)¸ die infektiösen Lamien (Gorgonen¸ spezielle Disziplin: Deimos) und die Salubri (ja¸ hier gibt es die Heiler/Zyklopen/Einhörner noch in größerer 'Stückzahl' auch wenn ihre Krieger bereits im Kampf gegen die Baali dezimiert wurden¸ spezielle Disziplin: Valeren)
4. Kapitel: Disziplinen
Des Spielers liebste Ecke in jedem Band - oder bin ich da ein Unikat? Die Liste umfaßt die im Grundregelwerk aufgeführten Disziplinen¸ die hier um die höheren Stufen 6 - 8 ergänzt werden. Dazu gibt es neue Pfade¸ z.B. den Pfad der Blitze¸ der Seelenpein und Thaumaturgische Alchimie und Dunklen Thaumaturgie (Pfad der Verderbnis¸ der bösen Enthüllungen¸ des Schmerzes¸ des Geistes¸ usw. und einige interessante Rituale). Neue Blutlinien bringen auch immer neue Disziplinen mit sich. In diesem Fall sind es die bereits angesprochenen Abombwe¸ Ogham¸ Deimos und Valeren.
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Abombwe:
Die Disziplin der Laibon¸ ermöglicht ihnen nicht nur Tiere im Zaum zu halten¸ sondern auch mit ihnen zu sprechen¸ sein Inneres Tier zu kontrollieren oder gar getötete Tiere in sich aufnehmen¸ um die Fähigkeit des Gestaltwandelns zu erlangen.
Ogham:
Diese Disziplin wird von den Lhinnan verwendet - beruht anscheinend auf einer alten Art von Magie. Hiermit kommen Weihen¸ Flüche¸ Segnungen oder sogar die Beschwörung von uralten Bestien.
Deimos:
Die Lamien haben durch ihren Umgang mit dem Tod verschiedene Fertigkeiten entwickelt: einen tödlichen Bi߸ Seelensprache¸ Gift-Schleime¸ in die Schattenlande blicken und Pest oder gar Geister herbeibeschwören.
Valeren:
Saulots heilende Disziplin¸ die unweigerlich mit dem Wachstum eines dritten Auge verbunden ist. Schlaf¸ Heilung¸ Schmerzen¸ Schutz¸ Erlösung¸ Geistesheilung (sowohl des Menschen als auch die Menschlichkeit [oder Entsprechendes] eines Vampirs)¸ Segnung einer Waffe¸ Anziehung und Abstoßung.
Weitere dunkle Disziplinen sind: Maleficia (Böse Blicke¸ Flüche und Seuchen) und Strega (die Hexendisziplin: Horchen¸ Fluchen¸ usw.)
5. Kapitel: Glaubensfragen
Die Religion hatte im Mittelalter einen grundlegenden Einfluß auf fast alle Bereiche des Lebens in Europa. Überall pflegte man mit Erfurcht die Riten oder ehrte die¸ die es für einen taten. Für ein atmosphärisches Spiel sollte man sich ein wenig Wissen über die verschiedenen religiösen Machtguppen aneignen. Kapitel 5 hilft einem ein wenig dabei. Hierbei wird nicht nur auf die christliche Kirche und deren Inquisition eingegangen¸ sondern auch auf verschiedene Untergruppen und heidnische Richtungen. Religiöse Menschen können sich durch die Fähigkeit Glauben zu einer ernsthaften Bedrohung für einen Vampir entwickeln. Aber auch Magie und scharfe Schwerter sind durchaus Bereiche mit denen sich religiöse Gruppierungen gut auskennen.
6. Kapitel: Die Alte Welt
Dieses Kapitel will ein wenig mehr vom Leben und dem Alltag in der Alten Welt vermitteln. Dazu werden Beispiele zum Landleben¸ Klosterleben und Stadtleben gegeben. Aber auch der Alltag auf der Straße oder die unangenehmen Reisen mit dem Schiff werden beschrieben.
Abschließend werden noch eine Reihe von Gruppierungen umschrieben¸ die als Mit- oder Gegenspieler eingesetzt werden können¸ z.B. Ritterorden¸ das Judentum (Stichworte Kabbala¸ Golem) und Feen (sehr ausführlich)
7. Kapitel: Satanismus
Was ist eigentlich Satanismus? Diese berechtigte Frage wird in diesem Kapitel geklärt. Es gibt Charakter-Eigenschaften die satanisch ausgelegt werden¸ wie auch bewust ausgeführte Riten und Praktiken. Satanisten und Dämonenpaktierer findet man auch in fast allen Clans. Eine besondere satanistische Ader besitzen die Baali¸ die sich den Satanismus quasi auf die Fahne geschrieben haben (und über deren Bindung zu den Salubri wild spekuliert werden darf). Es gibt eigene Abschnitte für das Paktieren mit Dämonen und entsprechende Regeln fürs Geben&Bekommen und natürlich eine umfangreiche Dämonen-Liste.
Appendix: Bestarium
Zweieinhalb schmale Seiten wurden mit Werten über Tiere von F wie Fledermaus bis W wie Wolf gefüllt.
Technisches
Textqualität und Aufmachung kann sich sehen lassen. Allerdings fehlt mir bei den reichlich und gut ausgewählten Illustrationen noch das entscheidende Etwas.
Fazit:
Wer sich für die Vampire: aus der alten Welt-Linie entschieden hat und bislang nur wenig oder gar keine Quellenbände für Vampire: Die Maskerade erworben hat¸ sollte in diesem Band genügend Kaufgründe finden.
Da sich hier aber für gut bestückte Vampire: Die Maskerade-Spieler regeltechnisch kaum etwas wichtiges tut¸ bleiben noch die Informationen zu Spielwelt. Wer nun noch fit in europäischer Geschichte ist¸ kann sich mit diesem Band nur noch in seinem Wissen bestätigen lassen.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de