Die Geheimnisse des Erzählers
Der Stimmung dient wie in jedem Welt der Dunkelheit Werk die graphische Gestaltung¸ die sich auch hier wieder sehen lassen kann¸ im Vergleich zu anderen Quellenbänden jedoch etwas abfällt (der Rahmen zum Beispiel ist furchtbar und die im Backcover integrierte¸ ausklappbare Karte Europas einfach häßlich).
Das Buch beginnt mit einer ausführlichen Schilderung der politischen¸ kulturellen und geographischen Verhältnisse am Ende des 12. Jahrhunderts und umfaßt dabei die damals bekannte Welt (von der Iberischen Halbinsel bis zum Vorderen Orient¸ von Nordafrika bis nach Skandinavien). Region für Region wird charakterisiert und im Anschluß ihre jeweilige Bedeutung für die vampirischen Kainskinder beschrieben. Hier wurde recht gewissenhaft und historisch meist korrekt verfahren¸ wenn es in Details allerdings ein paar Unsauberheiten gibt (die ich hier aufzuzählen keine Lust habe¸ da es keine spielrelevanten Fehler sind).
Im 2. Kapitel wird das (Un-)Leben in einer mittelalterlichen Welt dargestellt¸ mit natürlich besonderem Gewicht auf den Möglichkeiten von Vampiren in einer solchen Gesellschaft¸ die übrigens sehr eingeschränkt gewesen wären¸ weshalb die Autoren auch die Freiheit offen lassen¸ das mittelalterliche Nachtleben spektakulärer zu gestalten als es wohl tatsächlich war. Städte¸ Ödland¸ Reisen¸ Münzen¸ Nahrungsmittel und Krankheiten (für Vampire natürlich weniger interessant)¸ Kleidung¸ Namensgebung und ein paar andere¸ dem Erzähler hilfreiche Kleinigkeiten verbergen sich in diesem Kapitel. Das anschließende Lexikon der mittelalterlichen Ausdrücke hingegen ist aufgrund seiner Kürze überflüssig.
Kapitel 3 gibt dem Spielleiter eine Fülle von Ratschlägen¸ wie er Abenteuer und Chroniken in der Welt des finsteren Mittelalters aufbauen und gestalten kann. Wer bereits Regelbücher der Welt der Dunkelheit besitzt¸ wird wissen¸ daß diese Erzähltips ein Quell an Ideen und Inspiration sind¸ die das eigene Rollenspiel (und dies gilt natürlich für jedes andere System auch) tatsächlich verschönern können. Die Autoren der World of Darkness kann ich dazu immer wieder loben.
Weiter mit dem 4. und letzten Kapitel. Hier findet sich das¸ was oft als Hardware bezeichnet wird: Kreaturen¸ Fähigkeiten und Artefakte. Ghule und Gargyle¸ die Diener der Vampire (beziehungsweise nur der Tremere) sowie einige Fabelwesen (für den Fall¸ daß die Spielgruppe ein fantasylastigeres Mittelalter bevorzugt) werden vorgestellt. Die Möglichkeit der Weissagung¸ der Kräuterkunde und des Giftmischens sowie der Alchimie werden angeboten¸ und schließlich einige (un-)heilige Artefakte beschrieben. Der Erzähler muß natürlich nicht alles hiervon in seine Kampagne aufnehmen¸ erhält aber ein großes Angebot¸ aus dem sich neue Episoden einer Chronik ergeben können.
Insgesamt hat mir dieser Quellenband sehr gut gefallen und steht in seiner Anwendbarkeit weit oberhalb der vielen zu speziellen Clanbücher. Maskerade-Spieler¸ die einige Abenteuer im Mittelalter erleben wollen¸ können getrost auf dieses Buch zurückgreifen¸ ohne das Regelbuch Vampire: Aus der Alten Welt zu besitzen.
Eine Rezension von: Andreas Funke http://www.fantasy-rollenspiel.de/Sphinx.html