Pharao Gold
Es war sicherlich nicht leicht¸ ein Pharao zu sein - wie ein Gott über ein so großes Volk zu herrschen¸ das sich rund um die fruchtbaren Ufer des Nils ansiedelte und ansonsten den Gesetzen der Wüste trotzen mußte¸ um sich von dort auszubreiten. Doch nicht allein die Leistung zu Überleben machte das Volk der Ägypter bis heute unvergessen¸ vielmehr war es ihre Hochkultur und ihre bis heute vorhandenen Zeitzeugen - die gigantischen Bauwerke. Gigantische Pyramiden dienten als Ruhestätte der toten Pharaonen¸ aber auch zu Lebzeiten schmückte man sich mit gigantischen Statuen und huldigte den launischen Göttern mit Tempelanlagen.
Die vorliegende Pharao Gold Edition enthält nicht nur das Grundspiel Pharao¸ sondern auch die Erweiterung Kleopatra: Königin vom Nil.
Im Grundspiel Pharao übernimmt man - wider erwarten - nicht die Aufgaben eines Pharao¸ sondern die einer ägyptischen Adelsfamilie. Als Oberhaupt dieser Familie bekommt wird man vom Pharao mit Missionen beauftragt¸ die von der Erschließung von bislang unkultivierten Ländereien und den Aufbau von Städten bestimmter Größe¸ über die Auseinandersetzungen mit benachbarten Mächten¸ bis zum Bau von gigantischen Tempelanlagen und Monumenten¸ wie einer Pyramide reichen.
Die ersten Aufgaben gestalten sich erwartungsgemäß recht einfach: Baue eine Siedlung¸ sorge für die Nahrung¸ fördere bestimmte Rohstoffe. Diese Missionen sind auch im wesentlichen dazu gedacht¸ bestimmte Facetten und Zusammenhänge des Spiels besser kennen zu lernen.
Anfangs ist die Auswahl an möglichen Bauten auch noch recht gering und den Anforderungen angepaßt. Mit der Zeit wächst diese Auswahl¸ wird jedoch - je nach Mission und Umgebung - oft auch künstlich zurechtgestutzt¸ so daß man sich mit seiner Taktik stets den Gegebenheiten anpassen muß.
Zu Beginn einer Mission gilt es erst einmal mit dem vorhandenen Startkapital eine kleine Siedlung zu errichten und dadurch Bevölkerung anzulocken. Aus ähnlichen Spielen¸ wie z.B. Zeus-Herrscher des Olymp oder Caesar (und anderen Aufbau-Strategiespielen) dürfte bereits bekannt sein¸ daß sich die anfangs noch recht schlichten Bauten mit wachsender Infrastruktur und optimaler Versorgung weiter entwickeln.
Der schlaue Städteplaner vermeidet daher zu große Ballungen reiner Wohnhäuser und füllt die Lücken mit Wasserversorgung¸ Basaren¸ Ziergärten¸ Plätzen oder Statuen¸ Bildungs- oder Kultureinrichtungen und medizinischer Versorgung.
All diese Versorgungsstätten wollen wiederum von irgendwoher mit Material und Arbeitern versorgt werden. Basare brauchen Waren aus benachbarten Lagern oder Silos¸ diese wiederum müssen vorher von Lebensmittel-Produzenten und Handwerksbetrieben gefüllt werden. Bühnen müssen mit Künstlerschulen versorgt werden¸ denn das Volk will recht bald auch unterhalten werden. Schreibschulen sorgen für Bildung¸ damit z.B. Handelsschiffe nicht auf Sandbänke auflaufen - Arzthäuser und Apotheken kämpfen gegen Malaria und Seuchen.
Man darf aber auch nicht vergessen¸ daß kein Betrieb ohne Arbeiter funktioniert. Wer fleissig ausbaut¸ ohne Einwohner anzulocken¸ senkt die Effizienz der Bauten¸ da die Arbeiter möglichst gerecht werden (es sei denn man stellt andere Prioritäten ein).
Ein glückliches Volk braucht einen würdevollen Herrscher - und der sollte nicht nur einen Palast¸ sondern auch einen stattlichen Wohnsitz haben. Mit diesen Bauten kann man dann Steuern erheben¸ Geld prägen und sich selbst ein Gehalt zahlen.
Natürlich dürfen auch Gerichte¸ und Steuerbüros nicht fehlen - irgendwo muß man einen Teil der Investitionen ja wieder reinholen. Der Palast ermöglicht es auch¸ sich aus den Goldminen mit neuen Münzen zu versorgen.
Um alles miteinander zu verbinden - und die ganze wachsende Stadt überhaupt an den Rest der Welt Anzubinden¸ baut parallel man ein möglichst gutes Straßennetz auf¸ ggf. inkl. notwendiger Brücken und Fährverbindungen über den Nil oder Seitenarme.
Der Bau des Straßennetzes will gut überlegt sein¸ um möglichst kurze Wege zwischen wichtigen Partnergebäuden (z.B. Produzent-Lager-Verbraucher) zu haben.
Damit die Stadt und ihre Gebäude so schön aussehen und funktionieren¸ wie man sich das als Städtebauer gedacht hat¸ sollte man mit der Verteilung von Feuerwachen¸ Architektenbüros und Polizeistationen nicht allzu sparsam sein. Fast jedes Gebäude lagert bestimmte Güter und Personen ein - und wenn es abbrennt¸ zusammenstürzt oder ausgeraubt wird¸ gehen diese Inhalte ebenfalls zunichte.
Auch die Götter wollen angebetet werden. In jeder Mission halten je eine kleine Auswahl der Götter ihre Hand schützend über die Stadt ... oder schlagen auch mal mit der Faust feste drauf. Zwar treten die Götter bei Pharao nicht so protzig und in Form von übergroßen Avataren auf die alles in Schutt und Asche legen¸ wie z.B. bei Zeus - aber eine Reihe vernichteter Warenhäuser¸ ausbleibende Ernten oder demoralisierte Einwohner können den Zorn einer Vernachlässigten Gottheit ebenso gut ausdrücken. Daher gilt es kleine Schreine¸ größere Tempel und später ganze Tempelkomplexe zu errichten¸ Festplätze anzulegen und regelmäßig Geld und Bier zu opfern um zugunsten einer Gottheit eine Feierlichkeit auszurichten.
Wer sich mit den Göttern gut stellt¸ kann im Gegenzug auf übernatürliche Segnungen hoffen - sei es der Schutz vor fremden Armeen¸ gefüllte Warenlager¸ bessere Ernten¸ glückliche Bewohner und anderem.
Oftmals versuchen Armeen in die Stadt einzufallen - und schlagen ohne Gegenwehr kurzerhand alles kurz und klein.
Das ist nicht sonderlich witzig¸ aber zum Glück vermeidbar. Im Verlauf des Spiels kommt die Option Militärgebäude ins Spiel¸ mit denen man Land- und Seestreitkräfte aufbauen kann.
Beim Militär kann man sich zwischen Bogenschützen¸ Infanterie und Wagenlenkern entscheiden¸ die der Reihe nach zwar besser kämpfen¸ aber auch schwerer aufzustellen sind. Die schlagkräftige Infanterie braucht beispielsweise Metallwaffen¸ für die meist erst das rare und schweineteure Kupfer importiert werden muß.
Die Truppen lassen sich recht komfortabel lenken - allein der Transport über Wasser ist meines Erachtens nicht immer sonderlich funktionell - warum können die Idioten nicht auch die Fähren und Brücken benutzen wie jedes andere Untergebene auch? Nein¸ die Jungs brachen natürlich einen Truppentransporter...
Darüber hinaus kann man später auch Mauern und bogenbemannte Wachtürme errichten.
Sollte man es sich irgendwann mit dem Pharao verscherzen¸ z.B. indem man seine Waren/Truppen-Forderungen nicht fristgerecht erfüllt¸ so schickt dieser kurzerhand seine Leibgarde um den Spieler und seine Schande für das Königreich "vom Spielfeld" zu wischen - und mit DEN Jungs ist wirklich nicht zu spaßen.
Hat man sich erst einmal eine funktionierende Struktur aufgebaut¸ sein Volk (und den Pharao) versorgt¸ die Götter besänftigt¸ die Wirtschaft im Aufwind und die Grenzen gesichert¸ gilt es die eigentlichen Missionen zu bewältigen¸ zu denen im späteren Spielverlauf der Bau von Monumenten gehört.
Das fängt bei kleinen Steinhaufen-Grabmälern (Mastaba) an¸ reicht über Stufenpyramiden verschiedener Größe und endet bei den 'perfekten' Pyramiden und ganzen Nekropolen (Totenstädten) samt Grabbeilagen¸ wie wir sie noch heute als Touristen bestaunen.
Diese Faszination wurde auch sehr gut ins Spiel eingebracht¸ denn es ist wahrlich eine Freude¸ die kleinen Arbeiter auf der stetig wachsenden Pyramide rumkraxeln zu sehen - und hat auch einen gewissen Lerneffekt¸ der einem einige Tricks bei Bau der Monumente vermittelt.
Mit jeder erfüllten Aufgabe steigt die eigene Familie im Ansehen des Königs¸ was letztendlich zu einer "Gesamtwertung" führt¸ die man u.U. mit anderen Pharao-Spielern vergleichen kann.
Wer bereits die verwandten Spiele wie Caesar und Zeus gespielt hat und vielleicht denkt: "Das sind doch nur andere Grafiken und Sounds"¸ den kann man eines Besseren zu belehren.
Zwar ist es richtig¸ daß Spieler obiger Titel auch bei Phrao recht schnell mit gewohnten Strukturen (isometrische Grafik¸ vier wählbare Blickwinkel¸ einige Bedienelemente¸ Städte-Aufbau-Prinzip) konfrontiert werden¸ aber es gibt eine Vielzahl von "typischen" Eigenarten¸ die nur Pharao zu bieten hat. Neben abweichenden Gebäudegrößen und teilweise auch Funktionen laufen einige Mechanismen komplett anders ab. Der Anbau in Überschwemmungsgebieten¸ der Abbau von Schilf¸ die Bewässerung von Feldern¸ die Abwicklung der Handelsbeziehungen und das Buhlen um die Gunst des Pharaos und der Götter.
Technisches:
Obwohl sich die Grafik durchaus sehen lassen kann¸ wirken die Gebäude-Grafiken und der ganze Spielaufbau bei Pharao weniger ansehnlich¸ weniger verspielt und weniger gut strukturiert¸ als z.B. beim Nachfolger Zeus.
Bei den häufig benötigten Menüs (z.B. bei der Verwaltung der Warenhäuser) wurde durch die Verteilung der Informationen auf verschachtelte Fenster¸ ein nerviger Mehraufwand erzeugt. Auch wäre die Möglichkeit¸ eine Art periodisches Verhalten nach der Jahreszeit zu programmieren¸ in manchen Missionen sehr hilfreich gewesen. Bei neuen Nachrichten popt jedes mal ein nerviges Meldungsfenster auf¸ das zudem den Spielverlauf stoppt. Wer diese Meldungsfenster komplett deaktiviert (eine Auswahl auf bestimmte Ereignisse gibt es leider nicht) verpaßt wahrscheinlich eine wichtige Neuigkeit... und wird vom Pharao gegrillt. Ein alternatives Einblenden des Textes in den Bildschirm ohne Spielstopp¸ wäre die fehlende Option gewesen.
Ansonsten erzeugen der exotische Sound und die teils animierten Grafiken - vor allem auch die der riesigen Monumente - eine sehr schöne ägyptische Atmosphäre.
Fazit:
Pharao ist ein feines Strategie-Spielchen mit einer Portion Geschichtsaufbereitung und hohem Strategie- und Suchtfaktor. Der damalige ägyptische Stadtalltag und die kulturellen Zusammenhänge werden meines Erachtens interessant - natürlich in spielgerechten Grenzen - vermittelt. Zumindestens ich als Geschichtsbanause¸ habe noch das ein oder andere aufgeschnappt - und ein wenig "ägyptisch Denken" gelernt. An alle¸ die an Städteaufbau-Spielchen ihre Freude haben¸ kann ich Pharao weiter empfehlen. Trotz einiger Schwachpunkte¸ macht das Spiel eine Menge Spaß.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de