Homeworld (2)
WarCraft im Weltraum
Ob mich die Entwickler für diese Überschrift lieben oder hassen würden - ich weiß es nicht. Aber eine Überschrift sollte viel Lesearbeit vorneweg nehmen - und das wird hier geleistet.
Homeworld 2 handelt vom Konflikt des Hiigaraner Imperiums (Seite des Spieler) gegen die gesetzlosen Vaygr Nomaden (Seite des Feindes). Dieser Konflikt wird mit Raumschiffen im Weltraum ausgetragen - und dieser Umstand¸ sowie die Tatsache¸ daß im größtenteils leeren Weltraum in drei Dimensionen gespielt wird¸ sind die eigentlichen Unterschiede zum Fantasy-Klassiker WarCraft.
Stolz von Hiigara
Kern der eigenen Streitmacht ist das Mutterschiff Stolz von Hiigara (Pendant zur Stadt)¸ wo Rohstoffe eingelagert¸ Raumschiffe gebaut und Forschung betrieben wird. Die Verteidigung des Mutterschiffe liegt hauptsächlich in den von ihr produzierten Raumschiffen und nicht in eigener Bordbewaffnung.
Rohstoffe werden mit kleinen Arbeiter-Raumschiffen von Asteroiden abgebaut - liegen diese zu weit vom Mutterschiff entfernt¸ lassen sich im späteren Spielverlauf Rohstofflager am Abbauort errichten¸ die für kurze Wege sorgen.
Forschung kostet vor allem Zeit - und Gelegenheit. Wie schon aus anderen Aufbau-Spielen bekannt¸ läßt sich zu Beginn des Spiels noch nicht jede Erfindung (neue Schifftypen¸ Upgrades¸ Ausbauten¸ ...) entwickeln¸ sondern das Arsenal des Spielers entwickelt sich im Laufe der Kampagne - parallel zu seiner Spielerfahrung.
Meilensteine auf dem Weg zu neuen Erfindungen können Ausbauten am Mutterschiff und angedockte Fremdschiffe sein¸ die mit ihrer Besatzung neue Technologien an Bord bringen.
Für den Bau neuer Raumschiffe - aber auch für die Ausbauten des Mutterschiffs - ist ein stetiger Nachschub an Rohstoffen erforderlich¸ was wiederum den Einsatz und das Upgrade der Abbau-Schiffe erfordert.
Dadurch wird die Aufmerksamkeit des Spielers permanent zwischen den Bereichen Abbau¸ Forschung¸ Bau und Kampf hin- und hergerissen.
Zum Glück verfügen die einzelnen Einheiten über eine gewisse Intelligenz¸ so daß sie je nach Befehl und Formation ihre Bewegungen und Angriffe allein koordinieren. So kann man z.B. nach dem Fire&Forget-Prinzip Jäger zum Schutz eines Frachters einsetzen und darauf vertrauen¸ daß sie ihrer Aufgabe auch wirklich gerecht werden¸ sobald ein Feind sich nähert.
Das macht Kapazitäten in der Aufmerksamkeit für andere Krisenherde frei.
Zum Glück verfügt Homeworld 2 nicht nur über die sehr schöne gerenderte 3D-Ansicht¸ die sich beliebig drehen und "fast" bis an die Hülle eines Raumschiffs heranzoomen läßt¸ sondern auch eine abstrakte strategische Karte¸ die einen größeren Abstand und dank deutlicher Farbkodierung leichteres Koordinieren der eigenen Einheiten ermöglicht.
Bei Homeworld muß man sehr schnell Massen von Raumschiffen koordinieren - auch wenn diese in der Regel zu 5er-Geschwadern zusammengeschlossen sind - und man beliebige Gruppen zu Tastenkombinationen (1¸2¸3¸...) vereinen kann. Eine gewisse Hektik ist hier unvermeidbar.
Angenehm ist das vorbildliche Tutorial¸ die einstimmenden Filmsequenzen¸ der eingangs niedrige Schwierigkeitsgrad in der Einspieler-Kampagne¸ und die durchdachte Menüführung insgesamt. Gerade während der relativ Streßfreien ersten Flugstunden sollte man die Gelegenheit nutzen und die prächtige Grafik genießen (Zoom...)¸ denn im weiteren Spielverlauf¸ wird man dazu nur noch selten die Gelegenheit bekommen. HW2 läßt einem später kaum mehr Luft zum atmen - und sobald eine Mission geschafft ist¸ folgen umgehend Zwischensequenzen und die nächste Mission.
Technisches
Die Grafik ist oppulent. Je nach Rechner läßt sich die Qualität gewaltig hochdrehen oder absenken¸ gerade so¸ daß sich das Spiel ruckelfrei spielen läßt. Mit den aktuellen Rechnern ist dem Weltraum-Fan allerlei feinste Grafik mit vielen Licht- und Schatteneffekten¸ Antriebsstrahlen¸ Geschoß-Leuchtspuren usw. vergönnt. Natürlich beansprucht ein "leerer" Weltraum¸ die Grafikkarte weitaus weniger¸ als eine detaillierte Landschaft - aber wenn sich bei HW2 etlich Raumschiffgeschwader in Nahansicht bekämpfen... wird die Leere auch mal ziemlich gefüllt.
Musik¸ Soundeffekte und deutsche Sprachausgabe klingen angenehm¸ wenn man auch im späteren Spielgeschehen gewillt ist¸ die Einheitenbestätigungen in ihrer Lautstärke abzusenken oder ganz auszublenden.
Die Steuerung ist gut durchdacht¸ so daß sich auch die "Dritte Dimension" recht problemlos erobern läßt - auch wenn Wechsel in der Höhe in der Regel automatisch vorgenommen werden¸ sobald man ein Ziel anvisiert.
Die Vielzahl der spezialisierten Schiffsklassen ermöglicht die Planung komplizierter Angriffstrategien und die Zusammenführung sich untereinander ergänzender Geschwader.
Fazit:
Ich kann mir gut vorstellen¸ daß Homeworld 2 seine Fans hat. Das Spiel ist technisch weit entwickelt und transportiert in einem guten Maß den Spielspaß von Top-Hits a la WarCraft auf das Science Fiction/Weltraum-Genre.
Mir persönlich ist es etwas zu streßig. Warum? Im Weltall lassen sich nur schwer Barrieren errichten¸ die den Feind von seinem favorisierten Ziel abhalten. Da hilft nur der Versuch¸ ihn mit z.B. mit Abfangjägern unter Beschuß zu nehmen von seinem Ziel abzulenken.
In die Vielzahl von Spieloptionen¸ wird man nach und nach eingeführt¸ und das Spiel nimmt sehr schnell an einer gewissen Unübersichtlichkeit und Hektik zu.
Spielt man anfangs noch gerne im Nahbereich¸ ist im späteren Verlauf die abstrakte strategische Karte der sinnvollste Ort¸ um ansatzweise den Überblick zu behalten.
Homeworld 2 ist ein Mekka für Weltraumfans¸ die Spaß an Aufbau- und Strategiespielen haben.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de