Anarchy Online: Shadowlands Add-On
Die Shadowlands oder "Schattenlande" sind eine Erweiterung für das Multiplayer Online Rollenspiel Anarchy Online.
Anarchy Online hat einen SciFi/Cyberpunk-Hintergrund und sollte daher vor allem Rollenspielern gefallen¸ die sich für HighTech¸ dicke Wummen¸ Cyberware und Fahrzeuge interessieren.
Aber auch auf "Magie" muß man nicht völlig verzichten. Statt einer mystischen Erklärung für Wundertaten¸ die durch Götter oder Willenskraft in Gang gesetzt werden¸ wurde die Planetenoberfläche von Rubi-Ka kurzerhand mit Nano-Robotern geflutet (so klein¸ daß sie unsichtbar sind!)¸ denen talentierte Nano-Programmierer ihren Willen aufzwingen können.
Auch wenn der ursprüngliche Planet Rubi-Ka (siehe auch Rezension Anarchy Online - The Notum Wars) alleine schon monatelangen Spielspaß bringt (sofern man alle interessanten Orte sehen will)¸ war es irgendwann erforderlich das Spiel massiv zu erweitern - immerhin handelt es sich bei AO um ein Spielprinzip¸ das über Jahre begeistern soll. Und ich nehme es vorweg: es kann.
Die Antwort auf die Erweiterungsfrage heißt Shadowlands¸ ein Add-On¸ das seit etwa einem Jahr erhältlich ist und seitdem etwa monatlich durch kleinere Patches optimiert wird. Die "Schattenlande" bringen AO auf einen neuen Kurs¸ denn hier wird ein abgewandelter Hintergrund präsentiert - ohne damit die bekannte Welt zu verändern.
Erreicht wird dies dadurch¸ daß Rubi-Ka und die Shadowlands als getrennte Dimensionen quasi parallel existieren. Wissenschaftler haben bei ihren Experimenten irgendwann ein Dimensionstor zu dem Shadowlands öffnen können und die Technologie anschließend so weit entwickelt¸ daß drei dauerhafte Portale installiert werden konnten¸ durch die Personen das Neuland betreten können.
Und der Eintritt in die neue Welt gestaltet sich wahrlich aufregend.
Statt des oft wüstenähnlichen¸ von Terraforming und Kriegen geschundenen Planeten Rubi-Ka¸ auf der sich einzelne Flecke hochmoderner Zivilisation versprenkelt finden¸ basiert in den Shadowlands alles auf den - nicht weniger weit entwickelten - Technologien uralter Rassen. Der eher junge Konflikt zwischen Omni-Tek und den Clanern wird in den Shadowlands durch einen seit jeher schwehlenden Zwist zwischen den Redeemed ("Erlösten") und Unredeemed ("Gefallenen") abgelöst.
Die Unredeemed treten als unattraktive¸ krächzende¸ echsenartige Kreaturen auf und haben sich in ihren finsteren Bollwerken verrammelt¸ während die Erlösten im wahrsten Sinne des Wortes elfenartige Lichtgestalten sind¸ die weiß getünchte Dörfer bewohnen und bei denen jede Handlung von anmutenden Klängen begleitet wird.
Da sich Omni-Tek auf die Seite der Unredeemed gestellt hat¸ tut auch jeder Omni-Tek-Gefolgsmann gut daran¸ sich mit den Unredeemed gut zu stellen. Im Gegenzug schlagen sich Claner auf die Gegenseite. Da mit den SL ein Fraktionspunkte-System eingeführt wurde¸ entscheiden Neutrale sich durch ihre Taten für eine Seite - und für Sympathien. Es ist praktisch unmöglich sich mit einer Seite gut zu stellen ohne von der anderen verstoßen zu werden.
Damit haben aber nur die Neutralen ein Problem¸ denn umso mehr Faction-Points man auf einer Seite sammelt¸ desto höher steigt das Vertrauen in einen - und die Questen werden interessanter sowie der Zugang zu sicheren Ruhezonen und speziellen Shops freigegeben.
Besonderes Merkmal der Shadowlands sind die fünf Zonen¸ die die Spieler mehr oder weniger von der Stufe her trennen. Ganz neue Charaktere können sich in Nascence bzw. der Stadt Jobe austoben¸ um die herum sich sehr einfache Gegner herumtreiben. Nascence ist ein recht sumpfiges Gebiet in dem sich allerhand Kleindrachen¸ Silberpferde¸ Geister und ähnliches herumtreiben. Die mit der Erweiterung hinzugekommenen Professionen Keeper und Shade starten ihr Charakterleben hier.
Hat man genug Erfahrung gesammelt¸ wird man irgendwann ganz in den Norden von Nascence vorstoßen und dort in einer Höhle auf die künstliche Intelligenz Ergo treffen¸ die sich alls allwissende Servicemaschine der Shadowlands zu erkennen gibt¸ die das Wirken von Redeemed und Unredeemed beobachtet. Darüber hinaus kontrolliert Ergo auch den Zugang zu den einzelnen Zonen der Shadowlands und achtet darauf¸ daß nur würdige Helden weiterreisen - und noch zu junge Charaktere an sich arbeiten. Spieltechnisch bedeutet das¸ daß zu kleine Charaktere eine Queste zu erledigen haben um weiterzukommen und Höhere Ergo zur Aushändigung notwendiger Artefakte überreden können.
Die zweite Zone¸ Elysium genannt¸ ist für die meisten Shadowlands-Fans für viele Stufen der Ort der Wahl. Der Grund dafür ist die Suedwestküste dieser im Nebel schwebenden Insel¸ denn dort leben gigantische Steinwesen¸ die Heckler. Das Spielervolk sammelt sich an einer kleinen Sandbucht¸ wo sich die meisten Teams zusammenfinden¸ dann zieht man Steinmonster für Steinmonster tötend die Küste hoch und versucht sein Glück¸ indem man sich möglichst nicht von dem Kolloß erschlagen läßt¸ und für jeden viele Erfahrungspunkte kassiert. Aber Heckler sind auch eine sehr ergiebige Quelle für Edelmetallbarren: Silber¸ Gold und das begehrte Platinum erzielen am Verkaufstresen sehr gute Gewinne - noch verdoppelt¸ wenn man einen Trader bittet¸ den Verkauf zu tätigen. Was will ein Spieler mehr? Erfahrungspunkte und viel Geld. Das ist auch der Grund warum die meisten Spieler die Heckler-Zonen im Elysium - und auch in allen späteren Zonen des Shadowlands - als Spielbereich vorziehen. Hier trifft man eigentlich immer jemandem zum Spielen (der Stufen 50 bis 150).
Aber das Elysium bietet noch mehr¸ verwunschene Täler und vereiste Berge in bzw. auf denen gigantische Spinnen hausen. Im Landesinneren findet man die Dörfer und Tempelanlangen (samt Dungeons) der beiden Fraktionen¸ die in den hügeligen und bewaldeten Regionen erbaut wurden.
Die dritte Zone¸ Sheol¸ wird nur von wenigen Spielern häufiger frequentiert. Zwar gibt es hier auch Heckler in den Küstenbereichen¸ Festungen und allerlei interessante Gegner z.B. wie die Beits (eine Art Hirsche)¸ rumstreunenden Hunde und riesige Erdwürmer¸ die überraschend aus dem Boden schiessen und nach dem Angriff wieder dorthin verschwinden. Aber die meisten bevorzugen es im Elysium sehr lange zu verweilen und dann direkt in die vierte Zone¸ Adonis¸ hinüber zu wechseln. Das mag auch ein Grund sein¸ warum einige Bereiche in Sheol noch leicht fehlerbehaftet (Pathing) sind¸ so daß die Gegner zu unangenehmen "Sprüngen" neigen. In den anderen Zonen wurde diese Fehler weitestgehend behoben.
Adonis¸ Zone Nummer Vier¸ ist der Traum für jeden Wassersportler¸ denn hier kann man zum Erleben von Abenteuern auch unter die Wasseroberfläche wechseln. Auch Wasserfahrzeuge¸ auf Rubi-Ka eher selten genutzt¸ können hier gute Dienste leisten. Neben einem Ring gehört beim Betreten von Adonis deshalb auch ein Taucheranzug zu den Gaben von Ergo¸ denn Adonis läßt sich nur über eine lange Tauchstrecke erreichen. Unter Wasser sorgt vor allem die sehr verlangsamte Bewegung für verzweifelte Fluchtversuche. Neben Haien¸ Raubfischen und Parasiten sorgen auch Wasserspinnen für kurzweilige Tauchabenteuer.
Adonis wird zum Norden hin immer kälter¸ so daß schließlich eine begehbare Eisdecke das Wasser versiegelt. Aber auch im wärmeren Süden kann man die Wassertiefen nur über einige wenige Tunnel erreichen. Wenn man irgendwo anders vom Strand her ins Wasser läuft wird man statt dessen schwimmend an der Oberfläche bleiben. Umgekehrt kann man auch nur durch diese Tunnel das Wasser wieder verlassen. So bleiben Ober- und Unterwasserwelt recht abrupt getrennt¸ was nicht viel Sinn macht und manchmal auch regelrecht nervig ist.
Um ein Team zu finden¸ eignet sich der Südwesten am besten. Hier wurde ein Ort sinngemäß "Start" genannt¸ denn von hier aus ziehen die Stoßtruppen mehr oder weniger weit nach Norden vor - natürlich einmal mehr um sich auch in Adonis an Hecklern satt zu spielen. Es gibt (leider) keinen schnelleren Weg aufzusteigen¸ der zugleich so lukrativ ist. Hecklern steht daher bei den meisten Spielern hoch im Kurs¸ auch wenn viele Spieler im Laufe ihrer Charakter-Karriere viel vom Rest der Shadowlands sehen¸ um zum Beispiel Questen zu erledigen.
Anders als auf Rubi-Ka gibt es in den Shadowlands keine Auftrags-Automaten. Die wichtigsten Questen sind die sogenannten Garden Key-Questen¸ durch die man den dauerhaften Zugang zu den sicheren Gärten erlangt. Diese kann man zwar auch durch einmal benutzbare Insignien erreichen¸ diese setzen jedoch voraus¸ daß man sie zuvor von gefallenen Gegnern erbeutet - und das ist in manchen Situationen sehr lästig¸ z.B. wenn man einen hohen Spielstand sichern will... oder wenn man in den Shadowlands reisen möchte. Jeder Key ist nämlich auch der Schlüssel zum Teleporter¸ der sich in jedem Garten befindet und alle Gärten miteinander verbindet. Während man Nascence und Elysium noch bequem von der Stadt Jobe aus erreichen kann¸ sind die anderen Zonen nur über die Gärten oder - mühsam - über Ergos Portale zu erreichen. Der dritte Nutzen sind die überall in den Zonen verteilten Säulen¸ die als Ein- und Ausgang zum Garten verwendet werden können. Eine Reise quer durchs Land¸ kann so recht schnell vonstatten gehen.
Hat man genug geschwommen¸ bzw. steht kurz vor dem "magischen" Level 200¸ zieht es die meisten in Zone Nummer Fünf: Penumbra. Da hier klirrende Kälte und grelles Sonnenlicht auf schneebedeckter Landschaft vorherrschen¸ gibt Ergo einem eine Sonnenbrille mit auf den Weg¸ ohne die man hier keine Chance hat.
In Penumbra locken allerlei Gegner¸ die sich in den dichten Wäldern bevölkern¸ Raubkatzen¸ Geister und Dämonen. Natürlich gibt es wiederum Dörfer und Tempel der beiden Fraktionen und darüber hinaus die "Penumbra Hallows"¸ ein großer Dungeonbereich im Zentrum der Landmasse¸ wo man vielerlei Obergegner mit interessanten Schätzen finden kann. Aber wie so oft führen auch in Penumbra die meisten Ausflüge zu den Tempeln der gegnerischen Fraktion oder an die Küstenregionen¸ wo wieder einmal angemessene Steinkolosse als universelle Herausforderung zum Leveln warten.
Dem Penumbra folgt Inferno - mit seinen Lavaseen das krasse Gegenteil zur Eislandschaft¸ wo man statt einer Schneebrille auf hitzebeständiges Schuhwerk angewiesen ist. Wenn man nach der Landkarte schätzt¸ ist Inferno mehr als doppelt so groß wie jede der vorherigen Zonen. Hier findet man vor allem die Spieler die knapp vor der 220. Stufe sind und damit den derzeitigen Highend-Bereich des Charakterlebens darstellen.
Last but not least¸ wartet das Pandemonium¸ eine Zone in der nur HighEnd-Teams eine Chance haben und in der Endgegner gleich kaum unter 30 dieser Charaktere angegeangen werden sollte.
Jede Zone der Shadowlands hat ihre Spezialitäten in den Bereichen Ausrüstung¸ Waffen und Bio-Implantate - denn die Verbesserung eines Anarchy-Online Charakters hat nicht nur etwas mit Erfahrungs- und Lernpunkten¸ sondern eben auch mit Ausrüstung zu tun. Neben einer sehr lohnenswerten Rüstung (Jobe Armor)¸ für die man in jeder der Zonen nach Möglichkeiten zur Verbesserung jagen kann (sogenannte "Tiers" = "Beschichtungen") stehen vor allem die wirkungsvollen Perennium Waffen (verbinden die Mächte der Shadowlands mit modernster Technik aus Rubi-Ka) und Symbionten. Symbionten lassen sich anstelle von Implantaten in die verschiedenen Körperteile des Charakters einsetzen und sind zwar nicht konfigurierbar aber dafür enorm wirkungsvoll¸ weil sie viele Fertigkeiten fast schon um unverschämt gute Werte erhöhen.
Neue Professionen
Zwei neue Berufsklassen wurden mit der SL-Erweiterung eingeführt.
Die Shade ist ein Wesen aus den Jobe-Versuchslabors¸ gezüchtet als ultimative intelligente Waffe für die Schattenlande. Die Shade ist ein Nahkämpfer der den Gegner mit hinterlistigen Angriffen attakiert und im Kampf durch parasitäre Spezialkräfte zusehends schwächt¸ um sich selbst zu stärken. Ursprünglich als Einzelkämpfer konzipiert¸ sucht man bei einer Shade vergebens nach teamorientierten Specials. Als Shade kann man keine Rüstung tragen¸ sondern ist auf Geister-Kleidung angewiesen¸ die wie der Name schon sagt¸ vor allem bei Geistern zu finden ist.
Die zweite Profession ist ein aufrechter Streiter für die Ordnung in den Schattenlanden. Der Keeper glänzt mit ordentlichen Abwehr- und Angriffsqualitäten (Nahkampf). Seine besondere Spezialität sind seine Auren¸ mit denen er Gesundheit und Zauberkraft seiner Weggefährten wieder aufladen kann. Gewissermaßen ein krasses Gegenteil zur Shade.
Technisches
Die Shadowland-Erweiterung ist mit mittlerweile einem Jahr im echten Einsatz eine recht ausgereifte Sache¸ da durch das Spieler-Feedback regelmäßig viele große und kleine Fehler beseitigt werden konnten. Wenn man den Umfang der Erweiterung betrachtet¸ kann man sicherlich auch mit ruhigem Gewissen fast von einem neuen Spiel sprechen¸ denn auch die neuen Professionen Shade und Keeper waren für viele alte Hasen ein guter Grund einen neuen Charakter zu starten.
Das die Shadowlands so sehr attraktiv ausgefallen sind (z.B. übermäßig gute Artefake) soll natürlich möglichst viele Spieler zum Zukauf der Erweiterung motivieren. Ausrüstung und auch Nano-Programme (Zaubersprüche) aus den Shadowlands lassen sich nur von Charakteren einsetzen¸ die mit der SL-Erweiterung spielen. D.h. es ist auch nicht möglich jemand anderen zu bitten¸ SL-Gegenstände zu besorgen¸ wenn man selbst kein SL besitzt. Da sehr viele wirkungsvolle Dinge den Shadowlands zugeordnet werden können¸ spielt deshalb kaum ein Spieler ohne.
Fazit:
Wem der teilweise übertechnisierte und spröde Charme von Rubi-Ka mal nicht mehr so recht gefällt¸ der findet in den Shadowlands erholsame Abwechslung. Es gibt ein gigantisches Neuland zu erobern¸ das an Vielfalt nur so strotzt und unmöglich im Rahmen einer Rezension vollkommen beschriebenwerden kann. Doch mit den Shadowlands kamen auch so viele andere Erweiterungen¸ die den spielerischen Alltag in Anarchy Online insgesamt versüßen¸ so daß man die Shadowlands Erweiterung ungern wieder abgeben möchte¸ wenn man sie einmal kennengelernt hat.
Anmerkung:
In den kommenden Tagen¸ sprich im September 2004¸ wird die Erweiterung Alien Invasion starten¸ die sich im Gegensatz zu den Shadowlands mehr der Ursprungswelt Rubi-Ka widmet. Mehr dazu in einer späteren Rezension.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de