Das verlorene Paradies 3: Paradies
Story
Verbannt aus dem Himmel und seiner Engelswürde beraubt¸ kehrt Gabriel auf die Erde zurück und erblickt dort ein wahrhaft fürchterliches Szenario. Die Bürger leben in Angst und Schrecken und sind den Naturgewalten schutzlos ausgeliefert¸ ohne dabei zu wissen¸ dass das drohende Ungleichgewicht¸ das nach dem Krieg zwischen Himmel und Hölle bevorsteht¸ für diese Entwicklungen verantwortlich ist. In einem kompromisslosen Rachefeldzug bricht Gabriel durch die Tore über eine Zwischenpassage erneut zu seinen alten Befehlshabern auf¸ um ihnen die Augen zu öffnen¸ vor allem aber auch seinen Schützling Julien zu schützen¸ den der führende Engel sich einst zunutze gemacht hat¸ um seine kriegerischen Absichten zu verwirklichen.
Juliens Kraft ist derweil angewachsen; der Konfrontation mit der Dämonin Anya¸ Gabriels Geliebter¸ trotzt er mit einem einzigen Handgriff und verdeutlicht damit seine Stellung als das Machtinstrument des naiven Engelsheers. Doch als Gabriel schließlich in den Himmel zurückkehrt und eine chaotische Rebellion auslöst¸ wird sich der Junge bewusst¸ dass er eventuell doch nicht der erhoffte Retter sein könnte¸ der das Paradies herbeiführen wird. Als schließlich die Horden der Hölle den Himmel stürmen¸ müssen sogar alle Engel einsehen¸ dass sie einem schrecklichen Irrtum erlegen sind ...
Meine Meinung
Mit zunehmender Erzähldauer wird die Geschichte um Gabriel¸ Julien¸ Anya und die selbstgerechten Vertreter aus Himmel und Hölle immer komplexer und ausgefallener. Die Fronten verhärten sich und deuten hinter allerhand Gutgläubigkeit im Himmelsreich bereits den befürchteten Krieg an¸ in dem Gabriels ehemalige Verbündete sich endgültig die Verbannung der höllischen Geschöpfe erhoffen.
Die Bestie ist bereits erweckt¸ doch mit Juliens Hilfe soll sie endgültig vernichtet und somit die Vormachtstellung des Himmels besiegelt werden. Doch während Gabriels unfreiwilliger Rückkehr zur Erde hat der ehemalige Portalwächter zur Himmelspforte gesehen¸ welche Folgen die übermenschlichen Machenschaften beider Seiten haben. Die Welt wird von einem permanenten Erdbeben erschüttert¸ und allerorts entstehen Szenarien von Verderben und Zerstörung ‐ Dinge¸ die Gabriel sich selbst in seinen schlimmsten Träumen nie ausgemalt hatte. Für ihn galt bislang immer nur die Treue und Unterwürfigkeit und somit das Pflichtbewusstsein¸ seine Aufgabe makellos auszuführen. Doch mit den wachsenden Selbstzweifeln und der endgültigen Enthebung seines Dienstes hat sich seine Perspektive drastisch gewandelt. Er war eingetreten¸ um die Bestie auszurotten und das Paradies herbeizuführen¸ doch als Dank für seine Dienerschaft blieb ihm nur eine Liste mit Anklagen¸ die ihn in die jetzige Situation brachte und den Hass auf diejenigen schürte¸ die sich der Realität anscheinend schon seit ewiger Zeit verschlossen haben.
Gabriel schwört Rache und unternimmt alles in seiner Macht Stehende¸ um Gerechtigkeit walten zu lassen. Ohne Gnade kämpft er sich empor¸ schlachtet ehemalige Verbündete ab und stellt sich den Widersachern¸ die sich für unantastbar halten. Bis zur Pforte zum Paradies dringt er vor¸ entdeckt aber dabei die Scheinheiligkeit dieses Ortes und beschließt nun erst recht¸ eine Revolution der rohen Gewalt über die Engel hereinbrechen zu lassen. Der Zeitpunkt könnte kaum besser sein: Die Schergen der Hölle stehen vor dem Tor ‐ und der lange angekündigte Krieg kann endlich beginnen.
Abseits davon beginnt Julien seine Stellung zu erforschen und erprobt seine Kräfte an der überheblichen Anya. Darauf aufbauend hofft er¸ die ihm auferlegte Mission souverän zu lösen und seine neuen Verbündeten zufrieden zu stellen. Aber als das Chaos über den Himmel hereinbricht¸ kehrt er unverhoffter Dinge auf die Erde zurück. Traum oder Realität? Als Julien auf Gott trifft¸ fühlt er sich endgültig seiner Orientierung¸ aber auch seines Glaubens beraubt. Welche Rolle spielt er nur in diesem finsteren Machtspiel?
Es ist mitunter schwer¸ den Gedankensprüngen des Autorengespanns im dritten Teil der Serie zu folgen. Zu konfus sind phasenweise die Ideen¸ zu undurchsichtig die Wendungen. Lediglich Gabriels strikter und äußerst brutal aufgearbeiteter Weg zurück in den Himmel ist linear dargestellt und beschreibt dabei auch das hohe Tempo¸ mit dem man sich in "Paradies" über weite Strecken bewegt. Doch am Ende verbindet sich die hohe Geschwindigkeit erneut mit einigen sehr philosophischen Ansätzen¸ sodass schlussendlich viele Fragen im Raume stehen bleiben¸ die man gerne schon hier beantwortet hätte ‐ was aber natürlich nicht geschieht.
Unklar ist vor allem die Stellung Juliens und Anyas. Immer wieder säumen sie das Bild¸ und bei jedem Auftreten verrät ihre Ausstrahlung etwas komplett anderes über ihre allgemeine Rolle. Selbst der kleine Junge¸ der einst quasi als Opfer in die Sache hineingerutscht ist¸ schwankt zwischen den Parteien und wird damit zu einem entscheidenden Teil der Entwicklung zu einer noch komplexeren Handlungsstruktur. Dieser Schritt ist an sich zwar gar nicht zu kritisieren¸ doch wünscht man sich an gewissen Stellen schon ein bisschen mehr Transparenz¸ um der Story auch mit vollem Verständnis folgen zu können. Und dieser Aspekt ist in manchen Passagen dieses dritten Bandes einfach nicht gegeben.
Dennoch bleibt der Gesamteindruck letztendlich ein durchaus positiver¸ weil die beklemmende Atmosphäre des Plots sich einerseits noch verdichtet und die Wendungen¸ die die Geschichte nimmt¸ trotz der aufgezählten Schwierigkeiten¸ sehr interessant sind. Die Spannung ist mittlerweile auch auf einem Level angelangt¸ bei dem eine weitere Steigerung kaum noch möglich scheint¸ auch wenn das überraschende Ende für die weitere Zukunft eine weitere Intensivierung suggeriert. Insofern kann man sich auch auf einen weiteren Teil einer sehr eigenwilligen¸ wenn auch mit leichten Einschränkungen in der fehlenden Linearität der Story packenden Serie freuen¸ mit der die beiden Autoren einmal mehr ihre Sonderstellung als extravagante Künstler im Comic-Bereich unter Beweis gestellt haben. "Paradies" führt die Reihe ansprechend und überzeugend fort und macht definitiv Lust auf mehr.
Band 1: "Hölle"
Band 2: "Fegefeuer"
Eine Rezension von: Björn Backes http://www.buchwurm.info/