Gestrandet im Sog der Zeit
Kriterium 1: Stimmigkeit und Ausführlichkeit des Hintergrunds. - Die Geschichte spielt in einer Wüsten- bzw. Oasenstadt¸ wie sie aus 1001 Nacht oder den entsprechenden Verarbeitungen dieses Stoffes in verschiedenen RSP-Systemen bekannt sein dürfte. Entsprechend dürfte es keine großen Schwierigkeiten machen¸ das Modul in das bevorzugte RSP-System einzubauen. Die Beschreibung der Stadt (abgesehen von den Örtlichkeiten¸ die für den Handlungsverlauf vorgesehen sind) ist sehr knapp und für die Verwendung im Rahmen des Moduls ausreichend¸ aber als Basis für eine darüber hinausgehende Verwendung der Stadt für weitere Szenarien zu lückenhaft.
Im Wesentlichen definiert sich der Hintergrund über Klischees. Dies muß kein Nachteil sein¸ spenden Klischees doch für die SpielerInnen auch Sicherheit im Umgang mit dem Hintergrund¸ allerdings beinhaltet der Hintergrund auch nichts¸ was ihn individualisierte und ihn über vergleichbare Hintergründe hinaus höbe oder interessant machte¸ wenngleich sich die Autoren schon in dieser Richtung anscheinend (in meinen Augen allerdings eher erfolglos) bemüht haben.
Kriterium 2: Plot und Erzählstruktur. - Wie der Titel bereits vermuten läßt¸ geht es um eine Zeitreisegeschichte¸ deren Anlaß und Verlauf knapp¸ aber zum Verständnis ausreichend dargestellt werden¸ wobei ein deutlicher Schwerpunkt des Textes jedoch auf diversen Orts- und Raumbeschreibungen liegt. Es mag sein¸ daß dem ein oder anderen dadurch die Beschreibungen von Stimmungen und Aktivitäten etwas zu kurz kommen. Wird auf solche Momente eingegangen¸ werden (wie oben bereits erwähnt) sehr häufig klischeehafte Elemente benutzt; für meinen Geschmack zu häufig. Interaktionen der SC mit NSC (außer dem einen NSC¸ um den die Geschichte kreist) werden durch die Erzählstruktur nicht befördert. Statt dessen hatte ich beim Lesen den Eindruck¸ daß es eher Intention der Autoren war¸ daß die SC sich mit diversen Räum- und Örtlichkeiten sowie deren Inhalt auseinandersetzen¸ und das¸ obwohl die Geschichte in einer Stadt spielt. Die Beschäftigung mit Bewohnern der Stadt wird durch die oben erwähnte Klischeelastigkeit vieler Füllelemente des Handlungsbogens allerdings eher behindert.
Kriterium 3: Handlungsfreiheit der Charaktere. - Mit eben dieser ist es leider nicht weit her. Die SC werden (um es tendenziell zu formulieren) in die Geschichte geprügelt und haben wenig bis keine Gelegenheit¸ von dem vorgezeichneten Handlungsfaden abzuweichen. Auch dies mag einigen SpielerInnen Sicherheit im Umgang mit dem Modul bieten; mir persönlich wäre dieser Rahmen für ein interessantes Spiel zu einengend.
Kriterium 4: Relation zwischen der Handlung des Moduls und verwendetem Hintergrund. - Dies mag im Besonderen eine Geschmacksfrage sein¸ aber zumindest mir ist es wichtig¸ daß bei einer Geschichte der dramaturgische Rahmen angemessen gewählt ist¸ was heißen soll: Stehen Plot und Begleitereignisse in einem ausgewogenen Verhältnis¸ das es ermöglicht¸ eine atmosphärisch dichte¸ stimmige Geschichte zu erzählen?
Im Fall des vorliegenden Moduls läßt sich diese Frage eindeutig verneinen. Atmosphärische Mittel werden nicht mit Fingerspitzengefühl¸ sondern mit dem Bulldozer verteilt und verpuffen daher zur Parodie ihrer selbst. Beispielsweise werden die SC¸ ohne daß die Geschichte dafür eine dramaturgisch hinreichende Begründung böte¸ auf die Heimatdimension der Götter versetzt (die zu allem Überfluß noch beschrieben ist wie eine überdimensionierte neuzeitliche Kleinstadt-Fußgängerzone). Spätestens zu jenem Zeitpunkt hat die Geschichte in meinen Augen ihren Reiz verloren¸ da ihre Atmosphäre¸ die angedeutete Mystik des Hintergrundes¸ in der Beliebigkeit verpufft ist.
Fazit: Von seiner Grundkonstruktion her ist der Sog der Zeit eher ein Modul für AnfängerInnen (enger Rahmen für die SC¸ klischeehaftiger Hintergrund)¸ wobei der SL schon etwas Erfahrung mitbringen sollte¸ um den unnötigen Ballast (Fußgängerzone...) stimmig aus der Geschichte hinaus zu schneiden.
Eine Rezension von: Erik Winter