Transhuman Space
Der Inhalt
1. Januar 2100. An diesem Tag startet eine "Transhuman Space"-Kampagne. "Was? Noch ein SciFi-Setting? Muß das sein?" Ja¸ es muß. Denn "Transhuman Space" ist anders. Es ist nicht einfach nur ein Setting¸ in welchem die Menschheit begonnen hat¸ den Weltraum zu besiedeln¸ nein¸ es wirft auch die Frage auf¸ was uns als Mensch definiert.
"Transhuman Space" bietet die Möglichkeit¸ genetisch verbesserte Menschen¸ in Tanks gezüchtete Menschen¸ intelligente Tiere oder Künstliche Intelligenzen zu spielen. Ein großer Teil der Menschen in den reichen Ländern hat sich einer genetischen Behandlung unterzogen (oder wurde im Mutterleib einer solchen unterzogen) und hat dadurch einige Verbesserungen erfahren. Anpassung an niedrige Schwerkraft¸ verbesserte Sinne oder auch das Ausmerzen von Häßlichkeit. Wieder andere sind sogenannte Bioroids¸ in Tanks gezüchtete Menschen¸ allesamt genetisch verbessert. Sie werden von Firmen hergestellt und von ihrem Hersteller aufgezogen (sie wachsen schneller heran als normale Menschen)¸ müssen aber im Gegenzug mit Beendigung der "Ausbildung" ihrem Hersteller 14 Jahre dienen. Tiere können genetisch so verändert werden (körperlich und kognitiv)¸ daß sie in der Lage sind zu sprechen und menschliche Intelligenz aufweisen? Wie hätten sie's denn gerne? Soll ihr Hund einen IQ von 130 haben? Oder doch lieber auf dem Stand eines niedlichen kleinen Kindes bleiben? Alles machbar. Künstliche Intelligenz ist ein wichtiger Bestandteil des "Transhuman Space"-Settings. Es gibt drei Arten Künstlicher Intelligenz¸ die sich in dem Grad ihrer Selbstwahrnehmung unterscheiden. Die höchste Stufe handelt wie ein Mensch¸ d.h. selbsterhaltend. Diese Künstlichen Intelligenzen sind in einem Computer gespeichert¸ der in eine Roboterhülle (sog. "cybershell")¸ eine biologische Hülle¸ bei welcher das Gehirn nicht ausgebildet wurde (sog. "bioshell") oder in ein Tier oder sogar einen Menschen eingesetzt wird. Bei letzteren beiden überlagert dann das Gehirnimplantat¸ in welcher die Künstliche Intelligenz sitzt¸ das Selbstbewußtseins des Wirtes. Dein Gegenüber sieht aus wie Mensch¸ ißt¸ atmet¸ lacht¸ aber ist er auch ein Mensch?
Eingebettet wird das Ganze in eine Welt¸ die sich politisch ein wenig von unserer heutigen unterscheidet. Die USA haben an Macht verloren¸ während China die dominierende Macht geworden ist¸ gleichauf mit der Europäischen Union. Japan¸ Australien¸ Korea und einige andere haben sich zu einem Block ("Pacific Rim Alliance") zusammengeschlossen¸ ähnlich der EU. Als Gegenpol dazu haben sich Peru¸ Indonesien und andere zur "Transocialist Pacific Alliance" zusammengefunden. Und gleich mal einen beinahe-Weltkrieg ausgelöst. Seitdem gelten sie als die Bösen Buben der Erde.
In einer solchen Welt gibt es für Charaktere viele Möglichkeiten. Nicht nur die sehr verschiedenen Berufe definieren¸ was ein Charakter kann¸ auch seine Art der Existenz kann so manches Abenteuer würzen. Wenn eine Gruppe aus einem sprechendem Hund mit dem IQ eines Genies¸ einem Bioroid der einmal den Triaden gehörte und gerade seine Freiheit erlangt hat und einer künstlichen Intelligenz¸ deren Hülle ein Truck ist¸ besteht¸ dann ergeben sich so manche ungewohnte Situationen. Die Helden bei "Transhuman Space" sind nicht per Definition außergewöhnlich gut oder heldenhaft¸ sie sind oft einfach nur außergewöhnlich - nach heutigen Maßstäben. Anno 2100 werden sie als normal angesehen.
Die Aufmachung
"Transhuman Space" kommt als Hardcover im gewohnten A4-Format daher und ist eines der schönsten Regelwerke¸ das mir bisher untergekommen ist. Die Seiten sind durchgehend farbig und mit atmosphärischen kleinen Illustrationen aufgelockert. Der Text ist flüssig geschrieben und ohne Rechtschreibfehler¸ hält somit locker den Standard¸ den ich von einem Grundbuch erwarte.
Die Aufteilung innerhalb des Buches ist sehr sinnvoll. Als Erstes gibt's einen historischen Abriß der Jahre 2000 - 2100. danach kommt ein Überblick über das Sonnensystem¸ indem auch die einzelnen Siedlungen von Menschen kurz beschrieben werde. Darauf folgt dann etwas¸ was ich bei so vielen Rollenspielen vermißt habe: eine Enzyklopädie aller neuen Begriffe des "Transhuman Space"-Universums! Auf einen Blick hat man nun Cybershell¸ AI¸ Bioroid und alles andere erklärt. Kein langes Suchen¸ kein wildes Blättern - klasse Idee!
Den Abschluß bilden die üblichen Regeln¸ Charaktererschaffung und Ausrüstung. Zum Schluß gibt's noch einem GURPS Lite und Raumschiffregeln.
Das Fazit
"Transhuman Space" - ein außergewöhnliches SciFi-Setting! Obwohl Außerirdische nicht zur Wahl stehen (und im Setting (noch) nicht vorkommen)¸ gelingt es den Autoren¸ viele fremdartige Charaktere zu ermöglichen. Die oben beschrieben Cybershells¸ sprechenden Hunde und intelligenten Autos dürften ungewöhnlich genug sein. Und so manches 08/15-Alien locker in den Schatten stellen. Das Grundbuch macht Lust auf mehr und bietet genug Stoff für die ersten Abende und um eine Gruppe interessanter Charaktere auf Entdeckungstour im "Transhuman Space"-Universum zu schicken. Wie bei fast allen Spielen kommt man nur mit dem Grundbuch aber recht bald an seine Grenzen und kann Zusatzmaterial in Form neuer Bücher gut gebrauchen. Die sind zum Glück aber erhältlich und sollen in naher Zukunft reichlich Zuwachs bekommen. Wer auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Setting in vertrauter Umgebung ist und die Laserkanonen gurten will¸ sollte sich dieses Spiel mal zu Gemüte führen!
Eine Rezension von: Lars Heitmann