Tor 3 - Ein Shadowrun-Fanfilm
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Das universelle Rollenspiel-Fanzine Greifenklaue wurde bereits 1997 von Mitgliedern der Pfadfindergruppe Mantikore als gedrucktes A4-Heft ins Leben gerufen und eroberte ab 2005 auch das Internet. Neben dem gedruckten Fanzine betrieb Ingo aka "Greifenklaue" vor allem einen Blog, einen Podcast und ein eigenes Forum. Zur großen Bestürzung der Rollenspiel-Szene verstarb Ingo Schulze am Freitag den 26.11.2021. |
Die transsylvanischen Chroniken sind eine vierteilige Abenteuerkampagne, die die Spieler durchs finstere Osteuropa des Mittelalters bis in die Gegenwart führt und sie dabei an vielen wichtigen Ereignissen der menschlichen wie kainitischen Geschichte teilhaben lässt. Zur Tetralogie sollte man sich "Transsylvanien bei Nacht" zulegen, das beim Ausfüllen des Hintergrundes und der Lücken hilft.
Die Kampagne ist in Akte aufgeteilt, die dem Spielleiter verschiedene Zeitrahmen an die Hand geben, an denen wichtige Ereignisse stattfinden. Den Zwischenraum jedoch (teilweise mehr als 100 Jahre) muss der Spielleiter schon selbst füllen. Dabei helfen einige Regeln zum Überbrücken längerer Zeiträume sowie kurze Abrisse über die reale und fiktive Geschichte Europas. Letztere wird von fünf Kainiten aus der Kampagne beleuchtet.
Nur knapp spricht der Text den speziellen transsylvanischen Hintergrund an und verweist hauptsächlich auf "Transsylvanien bei Nacht".
Akt I beginnt im Frühling 1198, als die Charaktere, durch ihre werten Erzeuger vermittelt, den Auftrag erhalten, eine Festung am Tihuta-Paß zu errichten (hier werden einmal die Mongolen eindringen). Gewürzt mit einer gefährlichen Anreise, dem Aufbringen der notwendigen Mittel, dem entsprechenden Austausch von Gefälligkeiten und einem ersten Kennenlernen der regionalen Persönlichkeiten entwickelt sich der erste Akt zu einem interessanten Auftakt, an dessen Ende die Spieler gar soviel Ruhm gesammelt haben könnten, um Prinzen einer der Städte Siebenbürgens zu werden.
Die Interessenlage ist dabei recht variabel gehalten, je nach Gruppenzusammensetzung kann man für die aufstrebenden Tremere, die alteingesessenen Tzimisce-Voivoden, die östlichen Ventrue-Fürsten und ihren Rat der Asche, die transsylvanischen Prinzen oder auch die "unabhängigen Visionäre" (bei einer ganz verkorksten Gruppenzusammensetzung) arbeiten. Ein Nachteil ist jedoch der Ruf der Erzeuger: Was am Anfang durchaus überzeugend wirkt, wird später unglaubwürdig (wenn immer die selben Erzeuger vollkommen verschiedenen Kainiten Gefallen schulden...). Hier ist dringend anzuraten, eine bessere Gruppenstruktur (auf einen Spieler zugeschnitten ‐ vielleicht auch als Halb-NSC) zu schaffen, damit es später nicht lächerlich wird ("Übrigens, ich hab meinen Erzeuger gestern seit 50 Jahren zum ersten Mal wiedergesehen ‐ und er wollte, dass ich von ihm trinke." "Gähn, meiner auch...").
Akt II, 1314, spielt kurz nach Auflösung des Templer-Ordens. So haben die Spieler die Chance, einen Teil des legendären Templerschatzes zu erobern, den Verräter Goratrix nach Ceoris zu überführen und gar Tremere persönlich zu begegnen. Ganz nebenbei verstricken sie sich immer tiefer in das Netz des Dämonen Kupala und Zeichen um Zeichen erfüllen sich die Deutungen Gehennas.
1413, nach Beginn der Anarchenbewegung und der Vernichtung Lasombras, treffen die ersten Ravnos und ihre Zigeuner-Kumpanei (in größeren Ausmaß) in Europa ein. Auch die Charaktere erhalten die Chance, mit den Ravnos in Kontakt zu kommen, im Auftrag der Ventrue-Prinzessin Nova Àrpàd, die einige ihrer Schmuckstücke vermisst... Auch eine Schlacht gegen eine Horde Ritter fehlt nicht. Den abschließenden Höhepunkt erreicht dann der dritte Akt mit dem scheinbaren Amaranth an Tzimisce.
Kurzum, die Kampagne bietet Spielern die einmalige Möglichkeit, an den wichtigsten Ereignissen kainitischer Geschichte teilzuhaben und stellt den Meister durch einen 500 Jahre währenden Plot vor neue Dimensionen. Zumindest werden die Spieler genug Zeit haben, um ihre Charaktere weiterzuentwickeln...
Es wäre auch möglich, der Kampagne nur einzelne Akte zu entnehmen, würde dann aber den roten Faden verlieren. Die Regeln sind teils vernünftig, teils sollte man sie schlicht vergessen.
Der Aufbau ist von Vorteil und mit Eigeninitiative, Mühe und dem Kauf einiger historischer Bücher können die "Transsylvanischen Chroniken" zu einem einmaligen Erlebnis für Spieler und SL werden.
Eine Rezension von: Ingo 'Greifenklaue' Schulze https://greifenklaue.wordpress.com/