Schockwellen
Der Inhalt
Lofwyr gegen Nachtmeister hieß der Kampf des Jahres 2063. Nachtmeister verlor dabei nicht nur den Kampf¸ sondern auch sein Leben. Dadurch wurde auch der Frankfurter Bankenverein in den Strudel der Ereignisse gezogen¸ war der gute Nachtmeister doch Hauptaktionär des Konzerns. Nun versucht ein anderer Konzern sich den Bankenverein unter den Nagel zu reißen und macht sich dabei die chaotischen Zustände und die ungeklärte Nachfolgefrage zunutze. Werden die Runner anfangs noch von dieser unbekannten Partei für Sabotage-Runs gegen den Bankenverein angeheuert (um den Aktienkurs zu senken und so eine Übernahme billiger zu machen)¸ so wird im dritten Kapitel der Spieß umgedreht und die Runner vom Bankenverein angeheuert. Das passiert nicht einfach so¸ sondern erst nachdem die Runner im zweiten Kapitel "Ein Sturm zieht auf" die designierte Nachfolgerin Nachtmeisters entführt haben und eine faustdicke Überraschung erlebt haben.
Ab dem dritten Kapitel arbeiten die Runner dann für den Bankenverein und enthüllen nach und nach die Identität des feindlichen Konzerns¸ der den Bankenverein übernehmen wird. Diese Runs werden die Spieler um die halbe Welt führen¸ darunter nach Dänemark¸ Holland¸ Berlin und auf die Fidschis. Nach und nach kommen sie hinter die Identität des geheimnisvollen Bieters und befinden auf einmal mitten im Kampf zweier Großkonzerne¸ der sich bis zum furiosen Finale noch steigert und die Welt in einen neuen Konzernkrieg stürzen kann.
Den Inhalt von Schockwellen kann man nur schwer beschreiben¸ ohne einige Knalleffekte vorwegzunehmen und einen großen Teil der Überraschung zu verderben. Also werde ich es bei dieser recht allgemeinen Inhaltsangabe belassen¸ um Spielern nicht den Spaß zu nehmen.
Die Aufmachung
Wer einmal eine Shadowrun-Kampagne oder ein Abenteuer in Händen hielt kennt die klassische Aufteilung von direkt für die Spieler bestimmten Abschnitten und solchen¸ die nur für Spielleiteraugen bestimmt sind. Daran hat sich natürlich auch bei Schockwellen nichts geändert¸ gab ja auch keinen Grund dazu. Allerdings ist die ganze Aufteilung hier manchmal ein wenig konfus geraten. So gibt es Abschnitte¸ in denen den Spieler lang und breit etwas vorgelesen werden sollte¸ wobei aber auf Ereignisse eingegangen wird¸ die sich noch gar nicht zugetragen haben¸ die nämlich die Runner erst noch tun müssen.
Die Illustrationen sind wie gewohnt durchgehen schwarzweiß und richtig klasse! Das Bild von Seite 39 vermittelt Shadowrun-Feeling pur (eine Gruppe Runner flieht in einem Motorboot vor Konzerntruppen)¸ ebenso wie die Gruppe Runner auf Seite 34. Diese Bilder sind die Highlights für mich¸ aber keine Angst¸ der Rest der Zeichnungen hält den hohen Standard und trägt viel zur Atmosphäre des Buches bei. Die Zeiten von Comic-Covern wie noch beim Grundbuch oder beim Arsenal sind wohl zum Glück endlich vorbei.
Was allerdings an Schockwellen sehr auffiel¸ sind die vielen Rechtschreibfehler und logischen Patzer. Ein Beispiel: Die Kampagne spielt 2063 und einmal heißt es¸ Dunkelzahn wäre vor fünf Jahren ermordet worden¸ während an anderer Stelle gesagt wird¸ es seid sieben Jahre her. Na ja¸ 2057 ist es passiert.
Fazit:
Schockwellen ist eine anspruchsvolle Kampagne¸ die an den Spielleiter eine Menge Vorarbeit verlangt. So muss er nicht nur die gesamte Geschichte im Kopf haben¸ sondern sich die notwendigen Infos für den aktuellen Run im gesamten aktuellen Kapitel zusammensuchen¸ in welchem sie oft sehr verstreut sind. Wenn dann noch Kapitelangaben vertauscht sind¸ macht das die Sache nicht einfacher… Positiv ist aber der neue Punkt "Daumenschrauben"¸ in welchem dem Spielleiter Tips gegeben werden¸ wie er das Niveau ein wenig anziehen kann¸ wenn er das Gefühl hat¸ dass seine Jungs und Mädels es allzu leicht haben. So kann das Niveau der Runs ohne Schwierigkeiten und in sich logisch dem Niveau der Gruppe angepasst werden.
Auf jeden Fall wird die Kampagne den Spielern Spaß machen¸ sie auf sehr unterschiedliche Runs führen und sie werden das Gefühl haben¸ endlich einmal etwas bewegt zu haben in einer Welt¸ die von Drachen und Megakonzernen beherrscht wird und in denen kleine Rädchen wie sie sonst nicht viel ausrichten können.
Im Gegensatz zu anderen Kampagnen sind die Runner aber nach Beendigung von "Schockwellen" keine unspielbaren Karmamonster oder superreiche Konzernbesitzer¸ da sich sowohl Karmavergabe und Bezahlung in "normalen" Bahnen bewegen und die Charaktere nicht zu Supermännern mutieren lassen.
Ich denke¸ dass jede Runnergruppe sehr lange an "Schockwellen" spielen kann und sich die Anschaffung durchaus lohnt¸ vor allem¸ wenn die Gruppe in der ADL heimisch ist. Denn da der Auftraggeber in der ADL sitzt und ein großer Teil der Runs in jenen Ländern der Allianz abläuft sind einheimische Runner deutlich im Vorteil.
Eine Rezension von: Lars Heitmann