SR 066: Giftmischer (Kellan Colt 2)
Über ein rege wachsendes magisches Talent zu verfügen¸ würde den meisten Runnern in den Schatten von Seattle ausreichen¸ um mit sich selbst rundum zufrieden zu sein. Doch Kellan Colt ist nicht wie jeder Runner. Von Selbstzweifen gejagt und durch ihren stets arrogant und überheblich wirkenden Mentor Lothan dauernd in die Schranken gewiesen¸ reift in Kellan ein abwegiger Plan¸ um endlich "erwachsen" zu werden. Ein eigener Run muß her!
Die Chance dazu wird ihr von dem Computerschrott-Wühler Squeak auf dem Silbertablett serviert: Daten über einen alten Militärbunker aus der Zeit vor dem Geistertanz¸ der nun im Indianer-Gebiet weit außerhalb von Seattle liegt. Anfängliche Zweifel über den Wert der Daten verblassen¸ als Squeak einen äußerst unnatürlichen Tod stirbt - scheinbar ist noch jemand an den Daten und der Beute interessiert... der Wettlauf beginnt.
Da Kellans bisherig Chummer keinerlei Interesse an einem waghalsigen Run außerhalb von Seattle haben¸ dessen Erfolgschancen zudem äußerst fragwürdig sind¸ scharrt Kellan ein Team risikofreudiger Runner um sich¸ deren beste Tage allerdings schon einige Zeit zurück zu liegen scheinen...
Als einzige Runnerin mit gutem Ruf gesellt sich die Elfe Midnight dazu¸ die allerdings mehr Interesse an Kellan¸ ihrer Mutter und ihrem magischen Erbe zu haben scheint¸ als an dem Run.
Giftmischer führt die Handlung fort¸ die im ersten Band der Kellan Colt-Triologie Born to run begonnen wurde. Nachdem Kellan nun einige Zeit in den Schatten verbracht hat¸ darf auch der Leser den Logenplatz auf der Schulter eines totalen Neulings in den Schatten verlassen und sich dieses mal mit "forgeschrittenen Herausforderungen" wie der Zusammenstellung eines Teams und Durchführung eines Runs außerhalb der Zivilisation befassen.
Wenn man den 310 Seiten langen Roman zuklappt¸ wird man das Gefühl nicht los¸ daß der Autor dieses mal ein Problem mit der Gewichtung der Handlungsstationen hatte¸ die ich mit "Kellans Aufstand"¸ "Eine Elfe namens Midnight"¸ "Wir basteln uns ein Team"¸"Ein Ausflug in die Berge" und "Giftmischer" betiteln möchte. Vor allem das letzte Kapitel "Giftmischer" wurde für meinen Geschmack viel zu kurz abgehandelt¸ der Oberbösewicht nur ungenügend aufgebaut und viel zu "billig" aus der Welt gefegt. Darüber hinaus muß natürlich keiner der Runner sterben und am Ende bleiben allerhöchstens juckende Narben als Erinnerung an Kellans ersten Run.
Wer auf diese Art von Lucky Luke-Geschichten ohne viel Blutvergießen und Happy End steht¸ wird hier recht gut bedient. Wer sich allerdings schon mit Shadowrun-Romanen wie Im Namen des Herrn oder Pesadillas angefreundet hat¸ wird den vorliegenden Roman nach der letzten Seite wohl unbefriedigt zuklappen.
Die Kellan Colt-Triologie richtet sich meines Erachtens nach vor allem an Shadowrun-Einsteiger. Dazu gehört¸ daß auf kleinem Raum möglichst viele Facetten der Schatten beschrieben werden¸ ich möchte fast schon sagen "abgehakt" werden.
Was bei Born to run noch dem Charme der Situation "kleines Mädchen vom Lande lernt die große Stadt kennen" gerecht wurde¸ artet dieses mal in eine Art Themen-Gewitter aus¸ das zu wenig Platz für eine wirklich gute Geschichte läßt.
Für Einsteiger in die Schatten (bzw. Shadowrun) okay und durchaus zu empfehlen - alten Shadowrun-Hasen möchte ich eher abraten¸ da gibt es bessere SR-Romane.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de