Mensch und Maschine 3.01D (3e)
So¸ kurzes Resümee nach erstem Durchblicken: Heftig¸ heftig! ...aber genau das richtige Tool für alle Shadowrunner. Quasi ein MUSS für alle¸ die sich nicht schon reichlich mit dem Material der second Edition eingedeckt haben!
Mensch und Maschine ist eine riesige Sammlung von Quellenmaterial rund um das beliebteste Thema bei Shadowrun: Wie mache ich meinen SR-Charakter noch fetter - noch unbesiegbarer und noch besser? Oder kurz: Cyberware
Der Band faßt die ursprünglich elementaren Quellenbände der Second Edition zusammen¸ die sich mit Cyberware¸ Bioware¸ Nanoware und allem anderen beschäftigten¸ was sich in einen lebenden Körper einbauen läßt.
Das "3.01d" am Namen signalisiert kundigen Augen¸ daß die deutschen Übersetzer es sich wieder einmal nicht nehmen ließen und eifrig am englischen original rumgebastelt und erweitert haben. Ok¸ Liebhaber der englischen Sprache werden ob einiger Übersetzungen mit Sicherheit wieder die Augen verdrehen und weiter ihr 'Original' verwenden¸ aber ich denke die Jungs bei FanPro machen da einen ganz guten Job.
Was ist Cyberware?
Cyberware ist im Prinzip jede nichtorganische Gerätschaft¸ die fest in einen Körper eingebaut werden kann¸ um dort Funktionen zu ergänzen¸ verbessern oder zu ersetzen.
Ein künstliches Gliedmaßen (z.B. ein Bein) ist Cyberware - zumindest benutzt man den Begriff¸ wenn es wesentlich effektiver und 'intelligenter' ist¸ als eine Prothese. Man kann Cyber-Gliedmaßen so perfekt mit künstlicher Haut tarnen¸ daß ein Unterschied nur schwer ersichtlich ist. Cyber-Gliedmaßen bieten zudem viel Raum für ergänzende Funktionen¸ die über die üblichen Funktionen wie Gehen¸ Greifen¸ Bewegen weit hinausgehen. In einen Arm ließe sich beispielsweise leicht eine Waffe oder gleich ein ganzer Computer einbetten. Andere bevorzugen effektivere Muskelstränge¸ die die Stärke wesentlich erhöhen und z.B. das Heben größerer Waffen ermöglichen - zumindest wenn der Rest des Körpers mitmacht.
Aber auch Datenbuchsen - die Direktlinks zwischen Gehirn und Computer - und solche Nettigkeiten wie Cyberaugen¸ Augenkameras und gepanzerte Haut gehören in diese Sparte.
Bioware?
Cyberware hat immer einen elementaren Nachteil: es wird immer ein Fremdkörper bleiben¸ Metalldetektoren aufschrecken und manche Dinge lassen sich damit auch erst gar nicht bewerkstelligen.
Bioware geht die Sache anders an. Es werden keine unorganischen Materialien verwendet¸ sondern z.B. neue Organe oder Muskeln gezüchtet und gegen die Original-Körperteile ersetzt oder in Freiräume implantiert. Diese irgendwie veränderten (oder auch nicht¸ falls man z.B. nur einen zerfetzten Arm ersetzen will) Implantate und Körperteile verrichten ihre Arbeit in der Regel effektiver. Z.B. kann eine Leber eine wesentlich bessere Gifttoleranz ermöglichen¸ ein Bioware-Muskel wesentlich kräftiger sein oder eine neue Drüse bestimmte Hormone oder Gegengifte produzieren oder freigeben - in den Körper oder aus ihm heraus (z.B. Pheromone oder Gifte).
Nanotech
Das dritte Standbein in diesem Band ist die Nanotechnologie. Elementarer Bestandteil dieser Technologie sind "Naniten"¸ winzig kleine Roboter¸ die mit dem Blut durch den Körper reisen und interne Operationen und Reparaturen durchführen. Aktive Naniten arbeiten stets in größeren Mengen zusammen¸ um - je nach Aufgabe - Reparaturen aber auch Schäden auszulösen. Passive Naniten sind z.B. Nanomarken die nur ermöglichen den Körper aufzufinden oder zu identifizieren.
Natürlich gibt es auch Naniten-Killer¸ die dafür sorgen daß unerwünschte Naniten keine Überlebenschance haben. Die weiteren Anwendungen sind vielfältig und befassen sich mit vielem¸ was sich im Körper nach Belieben ändern soll¸ ohne Operationen durchzuführen (z.B. flexible Tätowierungen).
Weitere Themen...
...in diesem Buch befassen sich mit Cybermantie¸ Chemie (Chemtech)¸ Schaden¸ Heilung¸ und Chirurgie.
Ich denke mal zu den Themen Chemie¸ Schaden¸ Heilung¸ und Chirurgie braucht man nicht allzuviel zu sagen. Mit der Kenntnis des SR-Grundregelwerkes und ein wenig Phantasie kann man sich leicht vorstellen welche Anregungen und Regeln hier zusammengestellt wurden.
Cybermantie
Aber was ist Cybermantie? Flach gesprochen: Wirf Kenntnisse der Biologie und Cybertechnologie zusammen und gib dann noch einen guten Schuß magische Heilkunst dazu. Was dabei herauskommt? Eine mystische Methode um Lebewesen bis zum Anschlag mit Cyberware vollzustopfen ohne gleichzeitig die Lebenskraft rauszudrücken.
Der Schwund dieser Lebenskraft¸ wird bei Shadowrun regeltechnisch mit dem Schwund des Attributs Essenz beschrieben (was z.B. auch elementar für die Ausübung von Magie ist). Geht die Essenz eines Charakters durch den Einbau von Implantaten¸ aber auch durch schwere Unfälle verloren¸ so kann das den Verstand oder auch das Leben kosten. Cybermantie ermöglicht nun das Essenzlimit zu erreichen oder zu überschreiten. Der Geist wird durch ein magisches Ritual im Körper verankert und der Körper durch Magie und den Einsatz von Hochtechnologie am Leben erhalten.
Der Preis für diesen Luxus ist allerdings eine permanente Reparaturarbeit durch Naniten und regelmäßige Kontrolluntersuchungen und Nachbehandlungen. Einmal ganz abgesehen davon¸ daß dieses "Leben am Limit" natürlich immens kostspielig ist.
Technisches
Die 178 Seiten des Bandes sind mit einer Vielzahl netter Illustrationen verziert - allerdings sind ein großer Teil davon 'alte Ware'¸ d.h. recycelte Bildchen aus den Bänden der 2ten Edition. Was ist los? hat FASA keine guten Zeichner mehr? Da hätte man echt mal nacharbeiten können.
Die Texte sind ordentlich aufbereitet und im typischen SR-Stil mit reichlich flapsigen Kommentaren vermischt. Ob die Übersetzung in allen Teilen gut gelungen ist kann ich nicht sagen¸ da ich die US-Version nicht kenne. Da bei SR aber viele Original-Begriffe erhalten bleiben¸ mache ich mir da weniger große Sorgen.
Fazit:
Tja¸ da gibt es Futter für alle Straßensamurais und solche die es werden wollen... und natürlich haufenweise Ergänzungsregeln¸ um die neuen Techniken und Optionen ans Grundregelwerk anzupassen. Was Schattenzauber für alle Magiebegabten ist¸ bringt dieser Band für alle Operationssüchtigen.
Spielleitern kann ich nur raten den Spielern erst mal den Stinkefinger zu zeigen und die teilweise heftige Ware nur zögerlich unters Spieler-Volk zu bringen. Wer seinen Spielern diesen Band in die Hand drückt und sagt 'Macht mal' muß sich nicht wundern¸ wenn seine Gruppe abdreht. Eine ganz gute Möglichkeit zur "Begrenzung"¸ ist die Verfügbarkeit auf untere Qualitätsstufen (Standart und Alpha-Ware) zu beschränken und bessere Sachen nur als "Zückerli" für besonders erfolgreiche Runs zugänglich zu machen.
Ansonsten sollte Euch natürlich nichts davon abhalten mal einen Gegner 'jenseits des Limits' ins Spiel zu bringen und Eueren Runnern¸ die sich für die Tollsten halten¸ mal so richtig einzuheizen.
Eine Rezension von: Dogio http://www.drosi.de