Matrix dt.
Nach vielen Wochen war es endlich soweit: Ich hielt Matrix in den Händen. Die Erfüllung eines Traumes¸ denn nach vielen Leuten zu schließen¸ gehöre ich einer Minderheit von Spielern an¸ die einen Decker spielen und ihn auch einsetzen.
Dem Umstand¸ daß die Matrix von vielen Spielrunden stiefmütterlich behandelt wird¸ trägt auch die Einleitung Rechnung: Die Autoren versuchen die Matrix in das tägliche Leben eines Runners zu pflanzen¸ nicht nur als Welt der Decker¸ in der ein Magier z.B. nichts zu suchen hat. Es werden einige Konzepte aufgezeigt¸ um die restlichen Spieler nicht zu Statisten zu degradieren¸ nur weil mal wieder die Matrix benötigt wird; einfache Recherchen können auch von jeder anderen Spielerfigur ausgeführt werden¸ die schwierige Arbeit wird dann halt vom Profi gemacht.
Das Buch fängt sehr allgemein an und erklärt (natürlich auf das Grundregelwerk aufbauend) diverse Konzepte¸ ohne allzu viele Regeln dem Spieler/Meister direkt auf die Stirn zu klatschen. Die Struktur des Buches ist vorbildlich und auch die Querverweise sind ausreichend plaziert¸ so daß man nie den Überblick verliert oder den häh-das-kenne-ich-noch-gar-nicht-wird-wohl-20-Seiten-später-erklärt-Effekt hat¸ den es vor allem in der zweiten Edition so oft gab (die erste habe ich nie gesehen oder gelesen). Eine deutliche Steigerung im Vergleich zu "Virtual Realities 2.01d"¸ aber mit dem Erweiterungsbänden kam bisher immer Flut neuer Regeln hinzu und Matrix sieht sich in der Tradition des Arsenals und M&M. Das Kapitel "Programmieren" ist zu detailliert¸ z.B. halte ich die Regeln für Bugs in Programmen für übertrieben¸ gut dagegen ist die Ergänzung in "Matrix-Recherche"¸ da das zu den häufigsten Aufgaben eines Deckers gehört und er so eine konkrete Handhabe hat¸ wieviel man wo rauskriegen kann. Dazu werden noch viele neue Systemproben eingeführt¸ die ein flüssiges Spielen erlauben und sich gut einfügen. Für neue Proben werden natürlich neue Utilities gebraucht¸ die die Qual der Wahl für die Belegung des immer knappen Speichers noch verstärkt. Die neuen Ice-Sorten sind eher unbedeutende Variationen der schon bekannten und bringen nichts wirklich weltbewegendes¸ die Knowbots (KI) und semiautonomen Programme sind dagegen aber wesentlich interessanter¸ aber verraten werde ich nichts¸ da die Infos essentiell für die Renraku-Kampagne sind. Zu diesen Infos gehören auch die Otakus¸ die mysteriösen "Kinder der Matrix"¸ die das weltweite Netz ohne Decks bereisen können und über die man kaum etwas wei߸ außer Gerüchten und Infos aus zehnter Hand. Ergänzend beschäftigt sich ein Kapitel mit dem Bauen eines Cyberdecks. Entweder man baut es sich aus vorgefertigten Komponenten zusammen oder man brennt und programmiert sich alles selber. Erstere Methode geht schnell¸ ist aber teuer¸ letztere genau das Gegenteil. Außerdem wird viel Material und auch diverse spez. Wissensfertigkeiten benötigt¸ die die Brauchbarkeit dieser Regeln doch erheblich einschränken.
Sehr gut gelungen ist der Index¸ und die Tabellen am Ende des Werkes bieten eine perfekte Kopiervorlage¸ so daß man das Buch nicht zu sehr zerfleddern mu߸ wenn es im normalen Spieleinsatz ist.
Fazit:
Ein absolutes Muß! Eine selektive Auswahl der Erweiterungen ist aber nötig¸ sonst gerät das Spiel schnell aus den Fugen¸ vor allem¸ wenn man mit allen Zusatzbänden spielt. Für Runden¸ die eher selten auf Decker zurückgreifen ist das Buch ziemlich überflüssig¸ aber wenn auch nur ein passionierter Netzbenutzer dabei ist¸ wird er es in einem Tag verschlingen und mit Samthandschuhen anfassen. Störend sind nur ein paar Druck-¸ Rechtschreib- und sogar Grammatikfehler¸ die wohl alle auf die Hektik wegen der Verspätung zurückzuführen sind.
Eine Rezension von: Christian Faulhammer