Zane gegen die Götter 1: Sturmläufer
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Seine Mutter liebt ihn wie verrückt. Sein Onkel Hondo ist ein lustiger Hausgenosse¸ auch wenn er vielleicht ein wenig zu süchtig nach Profi-Wrestling und Flamin' Hot Cheetos ist.
Was die Nachbarn betrifft¸ so hat Zane nur zwei: den freundlichen Mr. Ortiz¸ der in seinem Garten streng geheime Chilischoten-Sorten anbaut¸ und Ms. Cab¸ die als Telefonhellseherin arbeitet und Zane dafür bezahlt¸ ihr zu helfen. Was kann man daran nicht mögen?
Und erwähnte ich den Vulkan in Zanes Hinterhof? Das ist richtig. Zane hat seinen ganz eigenen Vulkan. Er und Rosie verbringen viel Zeit damit¸ darauf herumzuklettern. Kürzlich fanden sie sogar einen geheimen Eingang¸ der ins Innere führt.
Ja¸ das Leben ist schön!
Äh¸ ausser¸ dass Zane mit ungleichen Beinen geboren wurde. Eines war schon immer kürzer als das andere¸ deshalb humpelt er und benutzt einen Stock. Er lernt aber gerade¸ damit umzugehen¸ und ist ein verrückt-schneller Hobbler. Oh¸ und ausserdem: Zane wurde gerade an einer neuen Privatschule angenommen. Er will nicht gehen¸ aber seine Mutter besteht darauf. Der Unterricht beginnt morgen.
Peter Stanchek ist ein Teenager auf der Flucht vor schattenhaften Regierungstypen¸ die ihn wollen¸ weil er mit seinem Verstand Menschen dazu bringen kann¸ das zu tun¸ was er will! Er ist ein übermächtiger Hellseher¸ der auch vom Leiter einer geheimen Schule für Hellseher gejagt wird¸ der selbst auch ein mächtiger Hellseher ist¸ und keine der beiden Gruppen ist dem armen Peter besonders freundlich gesinnt. Aber Peters Kräfte wachsen von Tag zu Tag¸ und einem Mönch zufolge¸ der ständig blutet¸ ist er der Vorbote!
Dies ist im Grunde Valiants Version der X-Men. Schule für Kinder mit bemerkenswerten Kräften¸ unser Held ist ein widersprüchlicher Mutant (obwohl das Wort nie benutzt wird. Jeder in der Schule trägt spassige Uniformen und hat Spitznamen wie „Livewire“ und „Hidden Moon“. Nicht¸ dass dies etwas Schlechtes wäre¸ zumal die Schule auf der Grundlage dieses ersten Bandes als gutes oder schlechtes Wesen argumentiert werden könnte - sind es Xaviers Schüler oder die Bruderschaft der bösen Mutanten? Sie sind ein bisschen von beidem und es ist diese Zweideutigkeit¸ die das Buch von der Marvel Kost unterscheidet.
Nehmen Sie Peter¸ unseren Protagonisten. Wir sollten ihn und seine Notlage anfeuern¸ aber gleich in der ersten Ausgabe wirft uns der Schriftsteller Joshua Dysart einen Ball zu¸ indem er Peter auf seinen Schwarm vor der Pubertät trifft¸ ein Mädchen namens Kris¸ das sich an ihn erinnert¸ aber nichts mit ihm zu tun haben will. Peter¸ der sich seit Jahren nach ihr sehnt¸ ist untröstlich¸ dass sie nicht einmal mit ihm reden will¸ aber dann erinnert er sich¸ dass er seine Kräfte hat - und bringt sie dazu¸ sich in ihn zu verllieben. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre¸ wird angedeutet¸ dass er sie dann vergewaltigt! Uff. Das ist ein harter Brocken für den Leser. Und danach soll ich diesen Kerl mögen? Aber wiederum ist es diese Zweideutigkeit¸ die Dysart allen Charakteren verleiht¸ die Harbinger zu einer interessanten Lektüre macht - niemand ist völlig schuldlos¸ niemand ist ein kompletter Heiliger oder Teufel¸ genau wie im wirklichen Leben.
Warum hat mir dieses Buch also nicht mehr gefallen? Ich glaube¸ es war die ständige Angst¸ die mich am Ende überkam. Peter befindet sich sicherlich durchgehend in schwierigen Situationen und steht unter enormem Stress¸ aber seine wiederholten Bemühungen¸ sich gegen alle und jeden zu wehren¸ sie anzuschreien und anzuschreien¸ während er privat seinen Kopf qualvoll umklammert. Es wurde einfach ein bisschen überwältigend. Irgendwann konnte ich die blasierte Haltung nicht mehr ertragen¸ obwohl sie seinem Charakter entspricht. Das und die Geschichte ging am Ende von einem mysteriösen zu einem ausgewachsenen Superhelden-Stick über¸ was ein bisschen enttäuschend war. Obwohl mir gefällt¸ dass eine der Hauptfiguren ein pummeliges Strebermädchen namens Faith ist¸ die tatsächlich Superkräfte bekommt - wenn Dysart diese Serie richtig macht¸ wird er mit diesem Titel Legionen von weiblichen Fans haben!
Die Kunst ist einfach in Ordnung¸ der Text ist gut¸ aber die Hauptfigur ist wirklich schwer zu mögen - zum Teufel¸ die meisten Charaktere¸ bis auf Faith und Joe¸ sind totale Arschlöcher! Eines der Merkmale eines guten Schreibens ist¸ dass¸ egal wie unsympathisch eine Figur ist¸ der Leser nicht anders kann¸ als weiter zu lesen¸ weil die Geschichte zu gut ist - und ich bin nicht zu aufgeregt¸ wenn ich noch einen weiteren Harbinger-Comic lese¸ um zu sehen¸ was Peter Stanchek als nächstes macht oder nicht.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355