Wächter des Morgen
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Eines Tages läuft ihm auf dem Flughafen ein weinender¸ etwas dicklicher zehnjähriger Junge über den Weg. Das greinende Kind erkennt er als Propheten. Der Junge legt natürlich gleich los und lässt eine Prophezeiung vom Stapel¸ die sich um Anton dreht. Gleichzeitig ist er bereits ins Visier eines Wesens geraten¸ von dem nicht bekannt ist¸ was es vom Propheten will. Anton ist von dem Jungen Kescha besonders deshalb angetan¸ weil er im gleichen Alter wie seine Tochter ist. Der junge Prophet ist natürlich unerfahren und spricht aus¸ was er denkt¸ aber manchmal nicht sagen sollte. Wenn sich seine Prophezeiungen erfüllen¸ gibt es Probleme. Etwa darum¸ dass er von einem Wesen namens Tiger aus dem Zwielicht gnadenlos gejagt wird. Der Tiger¸ der anderen Menschen ihre Aura stehlen kann¸ ist so stark¸ dass ihn die Besten der Nachtwache nicht aufhalten können. Ein weiteres Problem ist¸ dass der kleine Prophet seine Weissagung in einen leeren Raum spricht¸ so dass der Tiger letztlich nicht mehr verfolgt. Lediglich Anton ist im Besitz einer Aufnahme. Diese hört er sich zwangsläufig an¸ weil es unter anderem um seine Tochter geht. Und nebenbei um die ganze Welt. Selbst die vereinte Kraft aller Hohen der Nachtwache kann den Tiger kaum bremsen¸ aufhalten schon gar nicht.
Sergej Lukianenko liess sich ein paar Jahre Zeit¸ um einen weiteren Roman um seinen Helden Anton Gorodezki zu schreiben. Wächter des Morgen ist ein (letztes? Zusammentreffen der Beteiligten der Wächterromane. Dabei führt der russische Autor seine Handlung nicht nur in sich logisch weiter¸ sondern er entwickelt sie weiter. Dabei ist es nicht nur die Handlung¸ die lebt und weiter entwickelt wird. Seine Charaktere¸ angefangen bei Anton¸ der inzwischen Vater geworden ist¸ bis hin zu Boris Ignajewitsch oder Silwana¸ sind hervorragend ausgearbeitet¸ liebenswürdig und herzlich bis kühl und abwartend.
Sergej Lukianenko als aufmerksamer Beobachter des politischen Geschehens legt viel wert auf die Beschreibung der jetzigen russischen Gesellschaft und Kritik¸ inklusive verschiedener Weltanschauungen. Er spricht hauptsächlich die Probleme seiner Heimat anҠ ganz bewusst spart er nicht mit kritischen Anmerkungen gegenüber seinem Heimatland. Diese Kritik an der politischen und religiösen Gesellschaft¸ Politik und den Machtgierigen vermittelt er durch Gespräche¸ wenn sich seine Handlungsträger unterhalten. Doch auch die Länder des us-imperialistisch geprägten Kapitalismus werden kritisch betrachtet. Denn nicht alles¸ dieser Gesellschaft ist erstrebenswert. Dabei verlaufen die Gespräche und die Informationsübertragung nicht subtil¸ sondern er gibt sich Mühe¸ dies in einen logischen Zusammenhang zu bringen¸ gegebenenfalls die Gedanken seiner Charaktere dem Leser zu offenbaren.
Der Autor Sergej Lukianenko prägt seine Romane mit einem unverwechselbaren Schreibstil. Er regt seine Leser ständig an¸ während der Lektüre mitzudenken. Dabei bleibt es nicht nur bei Gesellschaftskritik¸ sondern regt an¸ philosophischen Gedanken zu folgen. Gleichzeitig gelingt es ihm¸ die Spannung aufrecht zu erhalten. Kritisch ist dies aber dennoch zu betrachten¸ weil manche seiner Gedanken zu lang andauerten und sich negativ auf die Hanlung auswirkte¸ sie wirkt verhaltend bis stockend. Alles in allem aber ein Buch¸ dass sich zu lesen lohnt. Fans der Reihe werden grundsätzlich zugreifen¸ Neuleser ist es ebenfalls zu empfehlen¸ mit kleinen Abstrichen¸ denn wenn er Rückgriffe auf seine anderen Bücher durchführt¸ versteht es der Neuleser nicht.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355