Traum des Puppenspielers
Er war es¸ der jeder Kuh einen Namen gegeben hatte. [...] Die ersten vier hatten Namen¸ die an die Natur erinnerten: Feld und Fluss und Dschungel und Berg. Im Dorf nannten ihn seine Freunde¸ Jungen wie Mädchen¸ Lahmer Arm. Das kam daher¸ weil sein ganzer rechter Arm von der Schulter ab steif und verkümmert war.
Songwat hatte ein diebisches Vergnügen daran¸ ihn voll Hass und Verachtung Lahmer Arm zu nennen. [...] Früher hieß er einfach Wat¸ doch dann hatte er eines schönen Tages vor fünf Jahren jedem im Dorf erzählt¸ der Geist der heiligen Mutter¸ der Schutzgöttin des Dorfes¸ habe beschlossen¸ sich seiner zu bedienen. [...] Und so wurde aus Wat Songwat¸ Wat der Seher und er wurde stetig reicher¸ ohne dass er sich weiter im Reisfeld abplagen oder Kühe oder Schweine züchten musste."
Ein Junge spielt in der Abendsonne mit seinen Puppen Schattentheater. Bald kommen seine Freunde¸ um ihm zuzuhören. Niemand von ihnen war so ein guter Puppenspieler wie er und eines Tages würde er der berühmteste verkrüppelte Puppenspieler Thailands werden.
Doch er spielt beim Schrein der Mutter¸ den Songwat hat errichten lassen. Und er spielt über dem Nest einer Königskobra und bald muss er mit ihr ganz allein einen Kampf ausfechten¸ bei dem ihm niemand helfen wird.
Märchenhaft schlicht¸ märchenhaft dicht erzählt Saneh Sangsuk seine Geschichte¸ ein Märchen für Erwachsene¸ ein Märchen mit verblüffendem Ausgang¸ ein Märchen¸ dessen Schönheit aus dem Entsetzen kommt.
Eine fremde Welt wird dem Leser auf nur 96 Seiten lebendig¸ ein kleines Meisterwerk¸ realistisch und doch wirkt es phantastisch. Für Märchenliebhaber und jeden¸ der eine dichte Geschichte schätzt¸ absolut empfehlenswert.
Über den Autor: Saneh Sangsuk wurde in Bangkok geboren und lebt in Thailand. 1994 erschien bereits sein Roman "Der weiße Schatten - ein Porträt des Künstlers als junger Taugenichts"¸ der 2001 ins Französische übersetzt wurde.
Eine Rezension von: Hans Peter Röntgen http://www.textkraft.de