Tiere¸ Menschen & Götter
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Sein Abenteuerbericht beginnt mit der Flucht zu Beginn des Jahres 1920. Wohnhaft in Krasdnojarsk wollen ihn "rote" Soldaten gefangen nehmen. Sein Haus ist umzingelt¸ doch er¸ welch Glück für ihn¸ nicht zu hause. So erhält er nur die Nachricht und flieht. Unterwegs besorgt er sich Munition¸ etwas zu Essen und Trinken¸ einen Kessel und anderes um in der Wildniss zu überleben. Und seit diesem Tag an hat Ferdynand Ossondowski keine feste Wohnung mehr.
Sein Leben besteht eigentlich nur noch aus zwei Teilen. Dem vor "etwas davonlaufen" und dem "endlich irgendwo ankommen". Er wird in dieser Zeit nie wieder die Muse haben¸ einen festen Hausstand zu gründen. Es ist eine wilde¸ gefährliche Zeit. Massenmörder wie Baron von Ungern-Sternberg oder Ataman Semjonow sind eine zeitlang seine Begleiter¸ oder besser ausgedrückt¸ sie dulden ihn neben sich. Das wird nicht ohne Grund so gewesen sein. Ferdynand Ossondowski musste nicht von ungefähr aus Krasdnojarsk fliehen. Seine Beziehungen zum Geheimdienst blieben immer ein wenig im Dunkeln. Ossondowski lässt sich hier nicht in seine Karten schauen. Doch die beiden selbsternannten Gewaltherrscher wussten schon¸ was sie an ihm hatten. Nicht ohne Eigennutz liessen sie ihn¸ teils auch unter strenger Bewachung für sich arbeiten. Und immer wieder wird Ferdynand Ossondowski weggeschickt oder geht von selbst. Seine Flucht durch das revoltierende Russland¸ eine nach Unabhängigkeit strebende Mongolei und ein besetztes Tibet sind eine reizvolle Kulisse für eine abenteuerliche Geschichte. Längst sind seine Beschreibungen als Falsch wiederlegt¸ seine Aussagen als gestohlen gebrandmarkt. Doch sind seine Romane in den Jahren nach der Revolution wahre Bestseller. Seine Bemerkungen über den Herrn der Welt und zu Shangrila und zu Agartha sind teilweise abgeschrieben und wurden von Indien in die Mongolei verlegt. Zum Teil hat er die Landschaftsbeschreibungen und die Mythen um das Reich in der Unterwelt des Himalaya einfach durcheinandergewürfelt. Trotzdem ist Ferdynand Ossondowski der Autor¸ der während der Weimarer Republik das Augenmerk auf den fernen Osten¸ insbesondere Tibet und die Mongolei¸ lenkte. Was Jules Verne mit dem "Kurier des Zaren" für Sibirien oder Karl May mit "Old Shatterhand" für Amerika¸ das ist eben Ferdynand Ossondowski für den asiatischen Osten.
Das Buch ist ein phantastisches Abenteuer¸ doch wer genau hinsieht¸ merkt¸ trotz aller bekannten Namen und Begebenheiten die darin vorkommen¸ es ist eine erfundene Geschichte. Ich selbst glaube nicht daran¸ dass auch nur annähernd die Hälfte des Buches geschichtlich richtig ist. Leserinnen und Leser erliegen jedoch einer gewissen fesselnden Wirkung. Durchaus empfehlenswert.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355