The Sanctuary 1: Die linke Hand Gottes
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Doch Tags drauf geschieht etwas gra usames¸ was Thomas Cale zum Umdenken zwingt. Als er dem Zuchtmeister eine Mitteilung des Kriegsmeisters überbringen will¸ entdeckt er¸ dass der Zuchtmeister ein perverse Sadist ist. In seinem Zimmer versteckt er zwei der teuflischen Verschwörerinnen gegen den Herren¸ zwei Mädchen. Der Zuc htmeister der Ordensburg schneidet eines der Mädchen auf¸ bei lebendigem Leib. Ein weiteres Mädchen muss der unmenschlichen Tat zusehen¸ ohne den Blick abwenden zu können¸ oder sich zu befreien. Cale fasst einen Entschluss¸ ohne zu wissen¸ aus welchem Grund¸ der sein ganzes Leben verändern wird. Er tötet den Zuchtmeister¸ indem er ihm ein Messer in die Oberschenkelarterie stösst und dieser langsam verblutet. Und das Wichtigste¸ er befreit das Mädchen. Mit Cales Freunden Vague Henri und Kleist gelingt den beiden die Flucht aus der Ordensburg. Von nun an sind die vier Jugendlichen Freiwild. Denn die Leitung der Ordensburg kann solch eine Missachtung der Regeln und den Tod eines Ordensbruders nicht ungesühnt las sen. Sie müssen sich in einer ihn unbekannten Welt bewähren¸ finden jedoch eine freundliche Aufnahme in der Metropole Menphis bei einigen wohlwollenden Menschen. Die Menschen sehen in den Jugendlichen ihre Chance¸ die Erlösermönche auszuschalten. Thomas erkennt für sich¸ dass er anders als die anderen ist was nichht nur an seiner Erziehung liegt¸ sondern an den Gaben¸ die in ihm schlummern.
Der in Grossbritannien mit viel Vorschusslorbeeren beworbene Roman von Paul Hoffman zieht die Leser mit seiner klaren Sprache sofort in seinen Bann. Er ist der Beginn einer Fantasy-Trilogie. In ihr wird eine Welt beschrieben¸ die für den Leser fremd und düster und mit schrecklichen Geheimnissen versehen ist. So in etwa¸ wie man sich gemeinhin das dunkle Mittelalter vorstellt. Damit trifft die Beschreibung auch recht gut eine abwechslungsreiche Welt. Die fast klischeehafte Beschreibung einer mittelalterlich erscheinenden Kirche und des damit verbundenen Kriegerordens¸ erschliesst sich vor allem dann¸ wenn man das e-mail-Interview mit ihm liest. Die Geschichte der Jugendlichen ist aber auch gleichzeitig die Geschichte einer Entwicklung vom Jugendlichen zum Erwachsenen. Die Personen sind in den Beschreibungen sehr gut getroffen. Lebensecht¸ wie man zu sagen pflegt¸ denn als Leser kann man sie sich sehr gut vorstellen als Jugendliche von Ne benan. Ohne Schwierigkeiten kann der Leser sich in die Personen der Kinder hineinversetzen. Er lernt die Welt durch deren Augen zu sehen¸ eine totalitäre und menschenverachtende Gewaltherrschaft von religiösen Fundamentalisten kennen. Gewalt ist an der Tagesordnung und Paul Hoffman versteht es¸ diese zu beschreiben ohne zu verherrlichen. Der erste Teil des Buches ist überwältigend. Im zweiten Teil verliert sich diese Stimmung und geht in eine "gewöhnliche" Geschichte über.
Einige Szenen sind ausgesprochen plastisch und lebendig geschrieben¸ aber das reicht nicht aus¸ um wirklich Eindruck zu hinterlassen. Der zweigeteilte Roman¸ auf der einen Seite die düstere Ordensburg¸ auf der anderen Seite das intrigante Memphis¸ hinterlässt beim Leser genau diesen zwiespältigen Eindruck. Das ist gut so¸ wie es ist¸ denn neben einer fesselnden Erzählung bleibt vor allem die Frage¸ wohin wird sich Cale entwickeln. Dennoch lässt sich der Roman sehr gut lesen¸ doch bleiben viele Fragen offen¸ die erst in den nächsten beiden Teilen erklärt werden. Allzuoft bleibt es allerdings bei Andeutungen in dieser Geschichte. Und warum ist Thomas Cale die linke Hand Gottes?
Eine spannende Geschichte mit faszinierenden Charakteren. Ein gut nachvollziehbarer und immer wieder überraschender Roman¸ der sich langsam entwickelt¸ wie auch die handelnden Personen.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355