Splitter
Lernen zu vergessen.
Marc Lucas verliert durch einen selbst verursachten Autounfall seine Frau und sein ungeborenes Kind. Während des Aufpralls bohrt sich ein Splitter in seinen Nacken¸ der sich dort inoperabel festsetzt und medikamentös behandelt wird. Doch dieser organische Schmerz kann den Schmerz um den Verlust seiner Familie nicht überdecken. Da entdeckt er zufällig in einer Zeitschrift eine Anzeige einer psychiatrischen Klinik¸ die Probanden für ein Experiment suchen. Menschen¸ die schwer traumatisiert sind und vergessen wollen. Marc meldet sich daraufhin spontan in dieser Klinik.
Doch statt zu vergessen¸ ändert sich nach den ersten Tests für ihn alles. Sein Leben gerät aus den Fugen¸ denn statt zu vergessen¸ muss er erleben¸ wie er scheinbar vergessen wurde. Doch dann tritt Emma in sein Leben¸ die ihm deutlich macht¸ dass nicht er es ist¸ der langsam an seinem Verstand zweifeln muss. Allerdings ist Emma selbst Opfer des Experiments¸ wie sie Marc glauben machen will und auch sie kann sich nicht an alles erinnern …
Als Marc kurz vor dem Verzweifeln ist¸ muss er seinen Bruder Benjamin um Hilfe bitten¸ der gerade aus der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie entlassen wurde. Aber der Kontakt zu Benjamin hätte nie hergestellt werden dürfen …
Lernen zu vergessen¸ das muss ich an dieser Stelle auch¸ um nicht zu viel vom Inhalt zu verraten. Doch vergessen ist nach einer schlaflosen Nacht nicht so einfach¸ denn nachdem ich das Buch gestern fertiggelesen hatte¸ war mir eine solche beschieden. Nicht wegen der Handlung an sich¸ da wusste ich beim 5. Buch von Sebastian Fitzek¸ worauf ich mich einlasse¸ nein¸ schlimm war für mich dieses Mal der Schluss¸ der mich stark emotional berührt hat. Ein Thema¸ was ich nicht mit dem Zuklappen des Buches beiseite schieben konnte. Und das macht auch dieses 5. Buch von Fitzek wieder zu etwas ganz Besonderem¸ deshalb unterscheidet es sich so deutlich von den bisherigen¸ denn es ließ zumindest mit mir einen nachdenklichen und emotional aufgewühlten Leser zurück.
Was der Klappentext als Inhaltsangabe hergibt¸ ist wie bei allen anderen Thrillern des Autors auch¸ wieder nur der relativ banale Anfang der Geschichte. Mit dem Moment¸ wo die Ankündigung aufhört und die eigentliche Handlung beginnt sich zu entwickeln¸ spätestens ab diesem Moment weiß man¸ dass nichts mehr so ist¸ wie es anfangs erscheint. Und auch in »Splitter« tappt man als Leser lange Zeit im Dunkeln¸ obwohl der Autor auch hier¸ wie schon in den vorangegangenen Büchern¸ genügend Hinweise streut¸ die auf eine Lösung hindeuten. Man muss diese Hinweise eben nur zu deuten wissen¸ was aber schwierig ist¸ da man während der Handlung mit den Problemen des Protagonisten konfrontiert wird und diese fast körperlich miterlebt. So wurde ich dann am Ende natürlich auch wieder einmal von eben diesem überrascht. Was in »Splitter« relativ zeitig gelüftet wird¸ aber dafür eben in heftigster Art und Weise.
Ich komme immer wieder auf den Schluss der Story zurück¸ da dieser eben tatsächlich am nachhaltigsten bei mir wirkte und wirkt. Denn insgesamt gibt es meinerseits dann doch Abstriche am Gesamtwerk. Die Handlung beginnt zunächst mit einem Kapitel vom Ende des Traumas¸ welches Marc Lucas durchleben muss. Doch dann wird es in der Handlung etwas verwirrend¸ da ich als Leser anfänglich Schwierigkeiten hatte¸ mich in den konfusen Erinnerungen des Protagonisten zurechtzufinden. Die Handlung wirkte zunächst etwas wirr¸ eben weil ich nicht wusste¸ wohin das führen wird und nur mit dem Wissen des Klappentextes bewaffnet¸ musste ich schnell feststellen¸ dass dieser eben kaum förderlich für das Hineinfinden in die Handlung war. Allerdings weiß ich jetzt auch¸ dass nicht mehr hätte verraten werden dürfen¸ um die Spannung aufrecht zu erhalten. Deshalb verrate ich ja auch nicht mehr¸ als unbedingt nötig¸ um irgendwie auf das Buch neugierig zu machen.
Wer »Der Seelenbrecher« gelesen hat¸ der wird »Splitter« auf alle Fälle genauso empfinden wie den Vorgänger¸ wenn sich jemand entscheiden sollte¸ dieses Buch unabhängig von den Vorgängern zu lesen¸ dem wird es wahrscheinlich noch schwerer fallen¸ sich in die Handlung einzufinden. Oder sagt einem Nicht-Seelenbrecher-Leser der Name Niclas Haberland etwas?
Nun sollte eigentlich auch der Letzte¸ der den Seelenbrecher gelesen hat¸ aufmerksam geworden sein¸ denn Professor Haberland spielt eine nicht unwesentliche Rolle auch in »Splitter«¸ wenn ich mich recht erinnere …
Alles in allem ist »Splitter« wieder ein »echter Fitzek«¸ klar nach seinem Motto »Irre ist menschlich«. Und auch hier treibt der Autor den Leser wieder an den Rand des Wahnsinns¸ denn man kann das Buch nicht eben mal beiseite legen¸ sondern muss einfach wissen¸ wie dieser ganze Wahnsinn endet.
Eine Rezension von: Anke Brandt http://www.geisterspiegel.de