Soylent Green
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
New York hat sich in einen völlig überbevölkerten Moloch verwandelt. Wohnraum ist knapp und nur einige Priviligierte können sich einen gewissen Luxus erlauben. Aufgrund der Übervölkerung ist die Nahrungsmittelverteilung eine zentrale staatliche Aufgabe geworden. Obst¸ Gemüse und Fleisch sind zu unbezahlbaren Luxusgütern geworden. Der Grossteil der Bewohner wird mit synthetisch hergestellten Lebensmitteln versorgt¸ die so tragende Namen wie Soylent Gelb¸ Soylent Rot und seit neustem mit Soylent Grün tragen. Die Hauptgrundlage von Soleynt Grün ist das Plankton der Meere.
Harry Harrison schreibt in seinem Vorwort:
„Im Jahre 1950 verbrauchten die Vereinigten Staaten mit nur 9¸5 Prozent der Weltbevölkerung 50 Prozent der Rohstoffe auf der Erde. Dieser Prozentsatz steigt ständig an¸ und bei der gegenwärtigen Wachstumsrate werden die Vereinigten Staaten binnen fünfzehn Jahren über 83 Prozent der Jahresproduktion aller Rohstoffe der Erde verbrauchen. Wenn die Bevölkerung im gleichen Maßstab weiter wächst¸ wird dieses Land zum Ende des Jahrhunderts mehr als 100 Prozent der Erdrohstoffe benötigen¸ falls der derzeitige Lebensstandard gehalten werden soll.“
Das Buch beginnt damit¸ die erdachte Zukunft zu beschreiben. Dabei wechselt es zwischen Charakteren hin und her¸ die alle in Verbindung mit Mike und dem Mord stehen. Die Handlung: Der 18jährige Billy Chung findet durch Zufall heraus¸ dass die Alarmanlage des reichen Mike O'Brien ausgefallen ist. Mike O'Brien¸ der in Gaunerkreisen als Big Mike bekannt ist¸ lebt mit der jungen Frau Shirl Greene zusammen. Diese hat sich ein Leben ohne Hunger und Sorgen davon erwartet. Billy macht sich daran¸ die Wohnung auszuräumen¸ als er von Big Mike überrascht wird. In Panik erschlägt er Big Mike und flüchtet.
Da die Reichen Bewohner sich Sorgen machen¸ der Mord an Big Mike könnte im Zusammenhang mit Machtübernahmegelüsten eines auswärtigen Verbrecher-syndikats stehen¸ setzen sie alle Hebel in Bewegung¸ um den Fall so schnell wie möglich zu klären.
In dieser Welt muss der Polizist Andy Rusch (der im Film von Charlton Heston sehr ausdrucksvoll gespielt wurde seinen Dienst verrichten. Die Personalknappheit der Polizeistreitkräfte¸ sorgt dafür¸ dass er Doppelschichten verrichtet. In einer Schicht versucht er in normaler Polizeiarbeit Morde aufzuklären¸ in der anderen ist er einer Einheit zugeteilt¸ die Unruhen der Bevölkerung unterdrückt. Von seinem Chef bekommt er den Auftrag den Mord an Big Mike aufzuklären. Bei seinen Ermmittlungen stösst Thorn nicht nur auf einige seltsame Widersprüche¸ sondern gerät dabei sogar an eine Information¸ die die ganze Welt auf den Kopf stellen könnte.
Eine der ersten Handlungen von Andy Rusch ist es¸ die Vernehmung von Shirl Greene¸ der Lebensgefährtin von Big Mike¸ durchzuführen. Bei den beiden funkt es schnell und innerhalb kürzester Zeit verlieben sich die beiden ineinander. Am Ende des Monats wurde der Mietvertrag für die Wohnung aufgelöst¸ damit wird die junge Frau obdachlos und zieht bei Andy ein¸ der seinerseits eine kleine Wohnung bereits mit dem alten Mann¸ Sol Roth¸ teilt.
Andy nimmt bereits die Spur des Täters auf. Billy¸ der anhand der Fingerabdrücke identifiziert worden war¸ wird überall gesucht. Er flieht jedoch und kann sich bei einem alten Landstreicher verstecken.
Der Roman zeichnet im Jahr 1966 das Bild von New York des Jahres 1999¸ wie es sich Harry Harrison vorstellt. Mit einer Einwohnerzahl von 35 Millionen Menschen ist die Stadt ein unbeherrschbarer Moloch. Die Kluft zwischen arm und reich ist mittlerweile riesig. Die wenigen Reichen verfügen über den Luxus in Hochhäusern über viel Platz und ordentliche Nahrung zu verfügen¸ hat die kleine Mittelschicht immerhin ebenso kleine Wohnungen und etwas Eigentum¸ während der grösste Teil der Bevölkerung¸ vor sich hin vegetiert. Die meisten Menschen leben auf der Strasse¸ schlafen in überfüllten Kirchen oder in Treppenhäusern. Die wenigen Menschen mit Wohneigentum bewachen bewaffnet ihre Häuser¸ damit kein Fremder eintritt. In dieser Welt demonstrieren Rentner für etwas Trinkwasser und werden dabei zu Tode getrampelt¸ während einige hundert Meter weiter das Wasser in Strömen durch die Duschen rinnt. Besonders bedrückend ist die Tatsache¸ dass im Falle von Revolten die Menschen mit schaufelbaggerähnlichen Fahrzeugen einfach aufgeladen und nach hinten auf die Ladefläche gekippt werden. Es ist so¸ als handelt es sich nicht um Menschen¸ sondern um Abfall der entsorgt werden muss. Verstorbene Menschen sind ebenfalls ein Fall für die Abfallbeseitigung. Menschlicher Niedergang in seiner vollsten Blüte. Es dürfte die finsterste Einschätzung menschlicher gesellschaftlicher Entwicklung sein.
Die Kriminalgeschichte ist zwar ein Aufhänger für viele Ereignisse und die Liebesgeschichte ist ein nettes Beiwerk. Harry Harrisons Erzählung ist recht einfach. Die Hauptlast der Erzählung liegt in der Darstellung einer übervölkerten Welt¸ die keine Ressourcen mehr zur Verfügung hat. Eine Welt in der der Mensch bereit ist¸ für jede Kleinigkeit zu töten. Die überforderte Polizei ist nicht in der Lage¸ Leben zu schützen oder Morde aufzuklären. Sie dient vielmehr dazu¸ verschiedene Aspekte aufzuwerfen und Details erkennbar zu machen¸ so dass man sich als Zuschauer des Öfteren zu fragen hat¸ ob denn die Gesellschaft von heute nicht vielleicht schon den einen oder anderen Punkt erreicht hat¸ der hier noch in einer überspitzten Form dargestellt wird. Ein Buch das vielleicht in mancherlei Hinsicht nicht ganz an die Romane wie 1984 von Eric Blair¸ BRAVE NEW WORLD von Aldous Huxley oder FAHRENHEIT 451 von Ray Bradbury heranreicht¸ das aber dennoch nicht unterschätzt werden darf.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355