Sherlock Holmes 19: Der Daumen des Ingenieurs
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Die Erzählung¸ im Original The Adventure of the Engineer's Thumb ¸ erschien erstmals im März des Jahres 1892 im Strand Magazine. Hier veröffentlichte Arthur Conan Doyle bereits andere seiner Erzählungen und wurde immer wieder gern genommen¸ da seine Geschichten gern gelesen wurden. Titania-Medien¸ das sind Marc Gruppe und Stephan Bosenius¸ veröffentlichten bereits eine Vielzahl der Geschichten um Sherlock Holmes und werden sicher noch einige folgen lassen. Die vorliegende Erzählung hält zwei Besonderheiten bereit. Nicht der Auftraggeber geht zu Sherlock Holmes¸ sondern wird von Dr. Watson geschickt und selten genug¸ es gelingt Holmes nicht¸ den Fall aufzulösen. Etwas anderes¸ was mir innerhalb der Hörspielreihe auffällt aber normalerweise nicht extra angesprochen wird¸ ist die Tatsache¸ dass mir manche Personen zu selbstbewusst sind. Es fehlt ein wenig das Standesgefühl der damaligen Epoche. Andererseits stellt sich natürlich auch die Frage¸ kann man die soziale Einstufung vom 19ten Jahrhundert heute noch in einem Hörspiel dem Hörer nahe bringen? Es ist eine Gradwanderung¸ die von den Machern von Titania Medien recht gut gelöst wurde. Daher ist diese Erwähnung keine Beschwerde¸ zeigt jedoch auf¸ dass zwischen der damaligen und der heutigen Gesellschaft mittlerweile sehr grosse Unterschiede vorhanden sind.
Die Produktion ist rundum gelungen. Eine gleichbleibend gute bis sehr gute Qualität¸ die sich in vielen Preisen für Titania Medien wiederspiegelt¸ stellt auch diese CD dar. Die Sprecher¸ allem voran Joachim Tennstedt als Sherlock Holmes und Detlef Bierstedt als Dr. Watson¸ treten wieder sehr souverän auf. Sie glänzen mit vielen Stimmvariationen¸ der Stimmung angepasst. Die Rolle des Sherlock Holmes als sympathischer¸ allen anderen geistig überlegener Meisterdetektiv ist Joachim Tennstedt wie auf den Leib geschrieben. Detlef Bierstedt als Dr. Watson muss immer ein wenig leiden¸ da oft genug seine Person herhalten muss¸ wenn Holmes einen Witz auf Kosten anderer macht. Die Dritte im Bunde¸ Reginna Lemnitz als resolute Mrs. Hudson rutscht in den Mittelpunkt der Betrachtungen¸ nimmt sie doch fast und eher ungewollt¸ die Handlung ein. Eine besondere Rolle übernimmt Patrick Bach als Victor Hatherley. Der Sprecher scheint für diese Rolle geboren zu sein¸ denn er bringt alles auf den Punkt. Von einer gefassten¸ bis zu einer gestressten¸ fast hysterischen und liebevollen Stimme (im Beisein von Arianne Borbach als Elise¸ die verängstigte junge Frau¸ die Hatherley helfen will¸ ist sein Repertoire weit gefächert.
Behutsam¸ aber sehr atmosphärisch ist die Geschichte umgesetzt. Kurz gesagt¸ die Charaktere sind durch die Sprecherinnen und Sprecher äusserst lebendig dargestellt.
Sanfte¸ wohlklingende Melodien¸ der entsprechenden Geschichtsepoche angenähert¸ breiten sich im Hintergrund aus und beeinflussen von dort die Stimmung. Dies gilt sowohl für die Titelmelodie¸ wie auch im weiteren Verlauf des Hörspiels für Hintergrund und Zwischenspiel. Die kleinen Geräusche des täglichen Lebens¸ drängen nicht in den Vordergrund¸ sondern verleihen den Szenen und Dialogen eine passende Kulisse.
Ein gelungenes Hörspiel¸ in dem die Ermittlerarbeit von Holmes und Watson bestens zur Geltung kommt. Der Klassiker von Arthur Conan Doyle besticht durch eine interessante und kurzweilige Geschichte¸ eine intensive Stimmung¸ hervor-ragende Sprecher¸ gekonnte Regie und Umsetzung von Schrift zu Ton.
Alles in Allem wirken die Produktionen von Titania Medien wie ein Federbett. Man ist als Zuhörer immer kuschelig eingebettet.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355