Schwarze Dolch
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Es kommt wie es kommt¸ Mark stellt sich dem König vor und wird mit dessen jüngster Tochter vermählt. So weit so gut. Hier¸ wo sonst alle Märchen enden¸ beginnt die Erzählung von Schützer Mark.
Aber eine Heirat ist nicht so einfach. Seine Braut¸ Prinzessin Gail ist ein regelrechter Wildfang. Sie tauscht heimlich¸ bei jeder Gelegenheit die wundervolle Kleidung gegen einen einfachen Jagdanzug. Sie übt sich in Männersportarten wie Bogenschiessen und näht ihre Handschuhe zur Falkenjagd selbst. Sie ringt dem bäuerlichen Ehemann aber auch ein Versprechen ab. Es wird keinen Beischlaf und keine Kinder geben¸ solange sie will. Denn die Prinzessin will raus¸ weg vom Hof¸ die Welt kennenlernen. Nun das kann sie dann auch¸ denn Mark erhält eine Burg nahe des Gespensterwaldes¸ die es aufzubauen gilt. Ihm ist das sehr recht¸ entkommt er doch damit dem intriganten Netz der Hofschranzen. Gleichzeitig mehren sich aber auch die Meldungen¸ das der Gespensterwald seine Geister entlässt. Immer mehr seltsame Begebenheiten werden berichtet und der König ist davon ganz und gar nicht begeistert. Aber warum nicht den dorthin schicken¸ und die Arbeit machen lassen¸ der doch zuvor bereits den Bann des Waldes brach. Also muss Schützer Mark in den Wald und nimmt den schwarzen Dolch und das Zauberschwert mit Namen 'Sanftmut' mit zur roten Festung. Er sieht bald ein¸ ein Held ist nichts besonderes¸ sondern handelt sich mit dem Titel nichts als Ärger ein.
Der Autor Sean Stewart¸ 1965 in Lubbock¸ Texas USA geboren¸ versteht es prachtvoll mit der Sprache umzugehen und die Übersetzung durch Hannes Riffel überzeugt durchaus. Ein wenig derber Humor¸ aber vor allem die liebevolle und fein ausgearbeiteten Charaktere machen dieses Buch lesenswert. Sein Hauptdarsteller¸ Schützer Mark¸ wird dabei einer Entwicklung unterworfen¸ die ihm nur nützlich ist. Vor allem sein Freund¸ Valerian¸ der in Gails Zofe Lissa verliebt ist¸ zeigt ihm den Weg¸ wie er die Intrigenklippen in einem Meer voller Missgunst und Machtspiele am besten umschifft. So wird aus dem einfachen Taglöhner bald ein geübter Kämpfer. Doch Mark verliert nie an Glaubwürdigkeit. Er lernt dabei den Umgang mit seiner Frau¸ den Umgang mit anderen Menschen¸ anderer sozialer Schichten und vor allem mit sich selbst.
Der schwarze Dolch entführt in eine Welt¸ wo die Märchen endeten und das eigentliche Leben weitergeht. Magisch¸ abenteuerlich¸ geheimnisvoll. Nervenkitzel¸ Spannung und Romantik geben sich die Klinke in die Hand¸ ohne den Humor zur vernachlässigen. Jedoch immer mit einem seltsamen Zauber¸ der es nicht leicht macht¸ das Buch aus der Hand legen zu wollen. Sean Stewart erzählt so einfühlsam¸ das der Eindruck entsteht¸ die Leserin und der Leser begleiten direkt die handelnden Personen des Buches. Gleichzeitig verpasst Sean Stewart dem Märchen einen neuen Anstrich. Dabei verspottet er das Genre äusserst geistreich. Und alte Zöpfe werden bis auf Streichholzlänge abgeschnitten. Der Lesetipp des Jahres 2005¸ die die Erstveröffentlichung im Argumentverlag vor fünf Jahren verpassten.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355